Seeit 33 Jahren besteht die Initiative zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Körperbehinderte, kurz ISAK GmbH. Demnächst könnte jedoch Schluss sein, denn das Unternehmen hat Insolvenz angemeldet, wie die Stiftung Karlshöhe als Gesellschafterin der Firma am Freitag mitteilte. Betroffen sind demnach 61 Arbeitnehmer, davon 32 mit Schwerbehinderung. Wie es für sie weitergeht, ist unklar.
Sachsenheim Inklusionsbetrieb ISAK ist insolvent
Wirtschaftskrise und Corona-Pandemie haben der ISAK GmbH zugesetzt. Nun steht das Unternehmen, das auch das Restaurant Holderbüschle betreibt, vor dem Aus.
„Nicht mehr konkurrenzfähig“
ISAK ist eine Ausgründung der Stiftung Karlshöhe und als solche ein wirtschaftlich und rechtlich selbstständiges Inklusionsunternehmen am ersten Arbeitsmarkt. Der Industriedienstleister hat sich auf Montage- und Prüfarbeiten sowie Elektroprüfungen spezialisiert; dort arbeiten 39 Personen. Weitere 19 Mitarbeiter sind im Restaurant Holderbüschle beschäftigt.
Für die Insolvenz führt die Stiftung zwei Hauptgründe an. „Vor allem die Abwärtstrends in der Wirtschaft, aber auch die Corona-Pandemie mit ihren Folgen haben dem Unternehmen in den letzten Jahren massiv zugesetzt“, sagt Frank Gerhard, Wirtschaftlicher Vorstand der Stiftung Karlshöhe.
Es sei eine Krise, die sich „von den großen Wirtschaftsunternehmen nach unten und von da nach ganz unten zu einem auftragsabhängigen Inklusionsunternehmen am Ende der Nahrungskette“ seit Jahren fortsetze. Schließlich sei die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland derzeit so hoch wie seit langem nicht mehr. Auch namhafte Automobilzulieferer und Maschinenbauer im Landkreis Ludwigsburg schwächelten. Das Unternehmen habe über Jahrzehnte mit großem Engagement und viel Herzblut Inklusion gelebt. Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen, auszubilden und zu qualifizieren – und „übrigens auch regulär zu bezahlen“, so Frank Gerhard, sei jedoch „am Ende bei Lohndienstleistungen für die Industrie nicht mehr konkurrenzfähig“.
Kunden verlagern Aufträge
So hätten viele Kunden frühere ISAK-Aufträge ins Ausland verlagert oder automatisiert, um ihrerseits am Lohnniveau noch weiter zu sparen. Für das inklusive Restaurant Holderbüschle sei die Corona-Krise ein schwerer Schlag gewesen, da das am Ortsrand zum Mettertal hin gelegene Lokal überwiegend vom Bankettgeschäft wie beispielsweise Hochzeiten und Betriebsfeiern lebt.
„Wir sind in dieser Situation in unseren Gedanken zuallererst bei den betroffenen Mitarbeitenden, bei den Menschen“, sagt Dr. Dörte Bester, Direktorin der Karlshöhe. Bis zuletzt habe die Karlshöhe als Gesellschafterin unter großen Kraftanstrengungen „alles versucht und sehr viel investiert“, um der ISAK zur Seite zu stehen, allein im vergangenen Jahr „sechsstellige Beträge“.
Auch das Diakonische Werk Württemberg, mit dem im gesamten Prozess eng kooperiert wurde, hat laut Stiftung in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Darlehen gewährt. Im schlimmsten Fall, so ein Sprecher der Stiftung auf BZ-Anfrage, könnten Stiftung und Diakonisches Werk die zur Verfügung gestellten Mittel vollständig verlieren.
Fraglich ist auch, wie die Zukunft der Beschäftigten aussieht. Man habe zwar zuletzt Hoffnungen gehabt, diese bei größeren diakonischen und anderen sozialen Trägern unterzubringen, die in der Industriedienstleistung und Gastronomie breiter aufgestellt sind, so Bester. Das sei aber nicht gelungen. „Eine Fortführung des Betriebes in der bestehenden Form ist leider nicht möglich und ein Insolvenzverfahren unumgänglich“, sagt Dr. Dörte Bester. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Amtsgericht Heilbronn den erfahrenen Sanierungsexperten Rechtsanwalt Martin Mucha von der Stuttgarter Kanzlei Grub Brugger bestellt. Er soll laut Stiftung nach möglichen Investoren suchen. Man sei dabei nicht auf die öffentliche Hand oder andere soziale Einrichtungen beschränkt, sondern für „Investoren jeder Art“ offen.
„Wir haben gestern zuallererst die Belegschaft über den Insolvenzantrag informiert. Ich verschaffe mir jetzt gemeinsam mit meinem Team einen Überblick über die aktuelle Lage“, sagte Rechtsanwalt Mucha.
Der Geschäftsbetrieb solle im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens fortgeführt werden. „Die Löhne und Gehälter sind über das Insolvenzgeld für die nächsten drei Monate gesichert. Das Unternehmen braucht jedoch dringend neue Kundenaufträge, da die Auslastung aktuell zu gering ist“, so Mucha.
Stadt bedauert Insolvenz
Der Sachsenheimer Bürgermeister Holger Albrich zeigte sich betroffen: „Die Nachricht von der Insolvenz der ISAK GmbH erfüllt mich mit großem Bedauern“, sagte Albrich gegenüber der BZ. Die Firma ermögliche es vielen Körperbehinderten, selbstständig am Berufsleben teilzunehmen.
Besonders das Restaurant Holderbüschle erfreue sich in Sachsenheim großer Beliebtheit. „Ich hoffe, dass sich im Rahmen der Insolvenzverwaltung Lösungen für die Fortführung des Betriebes ergeben. Die Stadt befürwortet und unterstützt solche Bemühungen zur Fortführung.“