Sachsenheim Landpfarrer und Chronist

Von Martin Hein
Pfarrer Theodor Eitle mit Konfirmanden in den 1920er Jahren.  Eitle war von 1916 bis 1924 Seelsorger in Ochsenbach und Spielberg.⇥ Foto: Stadtarchiv Sachsenheim

In der aktuellen Ausgabe der Mörin, schildert der Pfarrer i. R. Hans-Jürgen Horn die Geschichte des Landpfarrers Theodor Eitle, der von 1916 bis 1928 in Ochsenbach und Spielberg tätig war.

Mitten im Ersten Weltkrieg, am 12. Juli 1916, wurde Theodor Eitle als Pfarrer in Ochsenbach eingesetzt. Bereits ein halbes Jahr nach seinem Dienstantritt im Kirbachtal gab Eitle mit Hilfe der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart monatlich das „Evangelische Gemeindeblatt für Ochsenbach und Spielberg“ – in einer Auflage von zunächst 100 Stück heraus. Das Gemeindeblatt ist eine interessante Informationsquelle über eine spannende Epoche der deutschen Geschichte, die Hans-Jürgen Horn für die aktuelle Mörin-Ausgabe ausgewertet hat. „Liebe Leser daheim und im Feld!, Evangelisches Gemeindeblatt für Ochsenbach und Spielberg heißt das Blatt, das heute zum ersten Mal den Weg zu Euch gefunden hat“, mit diesen Worten beginnt die erste Ausgabe vom 1. Januar 1917.

Gemeindeblatt als Chronik

Dass der damalige Pfarrer Eitle diese Publikation auch als Chronik sah, wird ebenfalls bereits aus der ersten Ausgabe ersichtlich: „Das Besondere an diesem Gemeindeblatt ist das, dass es in dieser Spalte immer besondere Mitteilungen aus unseren Gemeinden bringt, die man später gewiss auch wieder gerne nachliest, die außerdem allen im Feld stehenden und den sonstigen auswärtigen Lesern willkommen sein werden“, gab sich Pfarrer Eitle selbstbewusst.

Eitle schrieb beispielsweise in der Ausgabe vom 28. Februar 1917, dass in Ochsenbach und Spielberg ein Hausfrauenverein gegründet wurde. Zugleich berichtete Eitle auch von der vorherrschenden großen Not an Lebensmitteln, und dass der neugegründete Verein Lebensmittel aller Art gesammelt und den Bezugsberechtigten zugeführt habe. Gleichwohl klingen in den frühen Ausgaben dieser Publikation noch die offiziellen Töne der Kriegspropaganda durch: „Das gibt unseren treuen Kämpfern draußen Mut, vollends bis zum siegreichen Ende auszuhalten“, ist da beispielsweise zu lesen.

Rohstoffe waren im Krieg knapp. Am 17. Juni 1917 musste die Ochsenbacher Kirchengemeinde zwei Glocken abliefern „Ein nicht ganz leichtes Kriegsopfer hat unsere Gemeinde im vergangenen Monat gebracht: Die Ablieferung zweier Glocken“, notierte  Eitle als Chronist. Trotz aller Not gab er sich noch  am 13. September 1918 zuversichtlich: „Aber gottlob, nun ist die feste Siegfriedstellung im Westen wieder erreicht, die der Feind gewiss nicht so leicht wird überwältigen können“.

„Sind vom Feind tief gebeugt“

Die kurz darauf folgende Kapitulation kommentierte Eitle seinerzeit: „Wir sind vom Feind tief gebeugt durch die uns auferlegten so harten Waffenstillstandsbedingungen“.

Theodor Eitle, ganz Chronist, zog im Dezember 1918 Bilanz dieses schrecklichen Krieges. „51 Spielberger kamen durch den Krieg unter die Fahnen, Von den 47 Ausmarschierten sind 8 gefallen, 14 verwundet worden und 2 kamen in Gefangenschaft“. Auch Ochsenbach musste schwere Verluste hinnehmen: „Insgesamt sind 138 Mann zu den Fahnen einberufen worden. Von ihnen sind 21 gefallen, 2 gestorben und einer vermisst. In Gefangenschaft befinden sich 6 Mann. 78 Mann, darunter 6 Kriegsinvaliden sind bis jetzt in die Heimat zurückgekehrt. Die restlichen 30 Mann befinden sich teils auf dem Rückmarsch, teils in Heimatlazaretten“.

Entstehung der Kinderschule

Ein ungleich erfreulicheres Thema war die Kinderschule, deren Entstehungsgeschichte sich ebenfalls in Theodor Eitles Gemeindeblatt wiederfindet. Fein säuberlich notierte er, dass mit der Kinderschule am 11. Juni 1917 begonnen wurde. In den Kriegswirren musste diese Einrichtung zunächst geschlossen werden.  Die Neueröffnung war jedoch bereits wieder am 11. Juni 1919. Um Spenden für neue Kirchenglocken warb Eitle im Oktober 1919, wie es scheint mit Erfolg. Der Chronist berichtete über die Glockenweihe am 28. November 1920.

Auch die Einrichtung einer dringend benötigten Krankenpflegestation lässt sich anhand des Gemeindeblatts genauso nachverfolgen, wie die Einweihung des Vereinszimmers im Pfarrhaus im Juli 1921. Auch  die Einweihung des Kriegerdenkmals am 24. September 1921  ist ein ausführliches Thema in seinem Gemeindeblatt. Und in der Ausgabe vom 28. Juli 1924 berichtete der Ochsenbacher Pfarrer über die Zusammenlegung der Kirchenpflege von Spielberg mit Ochsenbach.

Pfarrer i. R. Hans-Jürgen Horn hat in der nun erhältlichen Mörin ein spannendes Stück Heimatgeschichte lesenswert aufbereitet.

Horn zeichnet anhand seiner Recherchen und vieler Zitate das Bild eines sehr engagierten Landpfarrers, der in einer von Krieg, Hunger und Inflation und politischer Instabilität geprägten schweren Zeit von Juli 1916 bis Mai 1928 in Ochsenbach nicht nur Seelsorger, sondern auch ein gewissenhafter Chronist war, der wichtige Ereignisse für die Nachwelt festgehalten hat.

Info Das 102. Heft der „ Mörin“ ist ab sofort bei der Firma Bader zum Preis von vier Euro erhältlich.

 
 
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