Nach dem Krieg war das Schloss über den Reichsbund für Leibesübungen in den Besitz des Landessportbundes übergegangen. Der Landessportbund hat im Frühjahr 1951 das Gebäude der Stadt Großsachsenheim zum Kauf angeboten. Der Gemeinderat konnte sich zunächst nicht für einen Erwerb begeistern.
Sachsenheim Mit knapper Mehrheit wurde das Wasserschloss Rathaus
Zunächst hatte die Stadt Sachsenheim wenig Interesse am Kauf des Schlosses. Schließlich wurde mit knapper Mehrheit beschlossen, die Stadtverwaltung in das Gebäude zu verlegen.
Erst als Pläne auftauchten, aus dem Schlosspark ein Tierheim zu machen, war das Interesse des Gemeinderates geweckt. Das Gremium besichtigte daraufhin das Anwesen mit dem Ergebnis, dass am 6. Juni 1951 Verhandlungen mit dem Landessportbund als Besitzer aufgenommen wurden. Es gab noch einen weiteren Interessenten. Das Jugendsozialwerk Tübingen hatte 70 000 D-Mark geboten.
Das Jugendsozialwerk wollte das Mädchenwerk in Warth nach Großsachsenheim verlegen. Auch das Landratsamt hatte Interesse bekundet und äußerte sich dahingehend, dass es der Kreis begrüßen würde, wenn das Schloss für kreiseigene Zwecke erhalten bliebe. Nun nahm eine Debatte im Großsachsenheimer Gemeinderat Fahrt auf. Dabei ging es auch um das liebe Geld. Aus heutiger Sicht ist der Umstand interessant, dass bereits in einer Gemeinderatssitzung im Juni 1951 ein Schwimmbad im Schlosspark diskutiert wurde.
Stadt kauft 1951 das Schloss
Schlussendlich hat die Stadt Ende Oktober 1951 das Schloss nach monatelangen Verhandlungen gekauft. Zu diesem Zeitpunkt war vom Gemeinderat angedacht, in Kooperation mit dem Jugendsozialwerk Tübingen, im Schloss ein Mädchenwohnheim unterzubringen. Der Enz- und Metter-Bote berichtete in der Ausgabe vom 9. November 1951, dass das Hauptamt für Soforthilfe ein Darlehen in Höhe von 30 000 D-Mark genehmigt habe. Bei der Besichtigung und Übergabe sei mit Vertretern des Jugendsozialwerkes Tübingen über Fragen der Einrichtung verhandelt worden.
Die Pläne für die Unterbringung des Jugendsozialwerkes haben sich letztendlich doch zerschlagen. Als im Frühjahr 1952 ein Zahnarzt an die Stadt mit der Bitte herantrat, im zweiten Stock des Schlosses eine Praxis eröffnen zu dürfen, musste sich der Gemeinderat erneut mit dem Gemäuer befassen.
Am Sonntag, 24. Februar 1951 tagte das Gremium im Schloss. Dabei beleuchteten die Gemeinderäte von verschiedenen Seiten das Thema Schlossnutzung. Es kam auch zur Sprache, dass der Bezirksnotar Pfau neue Räumlichkeiten für das Grundbuchamt benötigte. Die Akten waren bis dahin im feuchten Arresttürmchen untergebracht. Auch das Bürgermeisteramt litt unter größter Raumnot, erläuterte Bürgermeister Paul Roller.
Man schätzte die ruhige Lage und die Weiträumigkeit des Schlosses. Paul Roller fügte hinzu, dass es für ihn schwer sei, eine Entscheidung zu treffen, zumal man das an der Hauptstraße gelegen alte Rathaus ausbauen könne, es aber doch wieder zu klein werde und man hingegen im Schloss die Brandgefahr nicht unterschätzen dürfe. In der anschließenden Debatte betonten einige Gemeinderäte dass das Schloss nur eine Übergangslösung sei, bis man ein neues Rathaus erstellen könne. Das Abstimmungsergebnis zugunsten des Schlosses als künftigen Sitz der Stadtverwaltung war denkbar knapp: Sieben Gemeinderäte stimmten für das Schloss als neuen Sitz der Stadtverwaltung, fünf stimmten für das alte Rathaus. Es sollte noch ein langer Weg werden, bis das Rathaus in das Schloss verlegt wurde.
Das Schloss war seit dem Brand 1823 unvollständig. Der damals abgebrannte Südflügel wurde nicht mehr aufgebaut. Von oben betrachtet, sah das Schloss wie ein angeschnittener Kuchen aus, das große fehlende Stück war der abgebrannte Südflügel.
Aufbau in alter Form beschlossen
Vor allem der prognostizierte steigende Raumbedarf der Stadtverwaltung führte schließlich dazu, dass der Gemeinderat im Mai 1958 entschied, das Großsachsenheimer Schloss in seiner alten Form wiederaufzubauen, also den abgebrannten Südflügel wieder zu erstellen. Dabei sollte das Schloss dann auch gleich eine Zentralheizung bekommen. Mit der Entscheidung für den Umzug der Stadtverwaltung in das Wasserschloss war auch das Schicksal des alten Rathauses besiegelt. Im September 1958 wurde das vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammende, markante Gebäude abgerissen.
Der Gemeinderat befürwortete im Dezember 1958 die Pläne von Baurat a.D. Eugen Maeckle. Im Herbst 1960 begannen die Arbeiten am Wiederaufbau des Südflügels, dafür waren Kosten in Höhe von 300 000 D-Mark veranschlagt. Bei den Grabungsarbeiten für den Südflügel wurde auch der Stumpf des Bergfriedes freigelegt. Dabei entdeckten die Bauarbeiter in diesem unterirdischen Raum eine kuriose Wandmalerei. Ein Witzbold hatte dort Fässer an die Wand gemalt und auf einem Fass sitzend, das „Klopferle“. Für den inzwischen verstorbenen Baurat Eugen Maeckle, führte das Stadtbauamt unter dem neuen Stadtbaumeister Karl Biwank die Arbeiten weiter. Die Rohbauarbeiten waren im April 1962 abgeschlossen.
Ideale Lösung
Anfang Februar 1964 waren die umfangreichen Bauarbeiten beendet und das Schloss in seiner alten ursprünglichen Form wiederaufgebaut. Der Großsachsenheimer Bürgermeister Paul Roller versicherte, dass die neuen Räume eine ideale Lösung für die Stadtverwaltung seien.
Lange diente das Schloss als Sitz der Großsachsenheimer Stadtverwaltung und seit 1973 als Amtssitz des Bürgermeisters der Gesamtstadt Sachsenheim. Der Zahn der Zeit nagte gehörig an dem Gebäude. Massive Sicherheitsmängel und (wieder einmal) katastrophale Brandschutzmängel sowie eine äußerst marode Bausubstanz machten erneut eine grundlegende Sanierung dringend notwendig. 2016 rückten deshalb abermals die Bauarbeiter an.
Nach knapp vier Jahren Bauzeit waren 2020 die umfassenden Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten beendet. Kostenpunkt der Sanierung: stolze 12,5 Millionen Euro. Immerhin gab es einen Zuschuss von rund 50 Prozent aus dem Denkmalschutzprogramm. Im August 2020 konnte die Stadtverwaltung wieder in das altehrwürdige und nun hübsch herausgeputzte Wahrzeichen der Stadt Sachsenheim einziehen.