Wenn sich Karlheinz Ott, Tito Herre, Walter Schmalhofer und Karl Heinz vier bis sechs Wochen im Obergeschoss der Stadtbücherei treffen, geht es um die großen Fragen des Lebens. Karl Heinz heißt eigentlich anders, möchte aber lieber anonym bleiben.
Sachsenheim Philosophie zwischen Bücherregalen
Sachsenheim
In der Stadtbücherei diskutieren vier Senioren regelmäßig über das Leben und seine grundlegenden Fragen.
Für die vier Sachsenheimer Herren im Alter zwischen 69 und 79 Jahren ist die Beschäftigung mit der Philosophie und ihren Wahrheiten wie „Dünger für das Gehirn“, wie Ott schmunzelnd bekennt.
Initiiert hat dieses „Philosophische Quartett“ die Leiterin der Sachsenheimer Stadtbücherei, Sarah Simon-Burger, die den Herren am Ruhetag der Bücherei mit Kaffee und frischen Brötchen eine gemütliche Atmosphäre für ihre Treffen bereitet.
„Es ist wichtig, dass sich die Bücherei nach außen hin öffnet und zu einem Treffpunkt aller Generationen wird. Wenn die Vorschulkinder bei mir zu Gast sind, philosophieren diese auch, nur auf andere Art und Weise wie die Mitglieder unseres Quartetts“, sagt Simon-Burger. Für diese Möglichkeit, sich in Ruhe auszutauschen und im geschützten Raum über die Fragen der Zeit und unseres Daseins zu diskutieren, sind ihr der ehemalige Lehrer, der einstige Motorenkonstrukteur, der Musiker und der Flugzeugkonstrukteur sehr dankbar.
Unterschiedliche Hintergründe
So unterschiedlich wie ihre beruflichen Hintergründe sind, so verschieden sind bisweilen auch die Ansichten und Standpunkte der vier Mitglieder des philosophischen Quartetts, die sich seit Februar regelmäßig treffen. „Uns eint das Interesse an der Philosophie und wir bereichern uns gegenseitig. In der heutigen vom Internet dominierten Zeit kommt das Gespräch und der persönliche Austausch häufig einfach zu kurz“, betont Schmalhofer.
Bei diesem Treffen geht es etwa ums Thema „Glück“. Während Heinz der Meinung ist, dass Glück etwas „Flüchtiges sei, das nur in Zusammenhang mit der menschlichen Angst vorkommen könne und dem Glück des Lebens folge wie das Echo dem Schrei im Gebirge, verweist Herre auf das gesamte Universum und darauf, dass Glück eventuell auch nur als Ablauf eines physikalischen Vorgangs zu verstehen sei.
Kontroverse Diskussionen
„Wir diskutieren durchaus auch kontrovers und lassen unsere persönliche Sichtweise einfließen, schicken uns Artikel und Empfehlungen für weitergehende Literatur zu“, sagt Ott und Herre ergänzt, dass das Wissen aber nicht alleine aus Büchern erschlossen werden könne, sondern vor allem im Austausch und Gespräch miteinander. Auch das Thema „Angst“ und die Vorstellungen des Philosophen Martin Heidegger standen schon auf dem Programm des Sachsenheimer „Philosophischen Quartetts“.
„Noch sind wir in unserer Findungsphase und versuchen, unsere Konzeption für unsere Gesprächsrunden festzulegen. Daher werden wir uns auch demnächst mit Immanuel Kant beschäftigen, dessen Denken und Werk ganz grundlegend und bedeutend für die Philosophie war“, erläutert Ott. Er könnte sich vorstellen, den Viererkreis irgendwann einmal zu erweitern, um auch der weiblichen Sichtweise zur Philosophie Raum zu gewähren.
„Zunächst aber einmal müssen wir unser eigenes Denken entsprechend ordnen“, betont das Quartett. Büchereileiterin Simon-Burger freut sich darüber, dass es ihr gelungen ist, diesen Kreis aus der Taufe zu heben, denn sie will die Stadtbücherei mit Leben füllen und über das Medium Buch die Menschen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zusammenführen. „Unsere Aufgabe ist es, für die Bürgerschaft etwas zu tun und die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Diesem Auftrag wollen wir in Zukunft noch verstärkter nachkommen“, sagt sie.
Bei den Mitgliedern des „Philosophischen Quartetts“ ist dieser Wunsch auf offene Ohren gestoßen, denn der Mensch sei schließlich nur in der Gemeinschaft Mensch, wie die vier Herren erklären.