Sachsenheim Prozessauftakt: Versuchter Mord am Bahnhof

Von Jennifer Stahl
Die Spurensicherung am 17. Juli 2024 am Tatort, dem Bahnhof in Großsachsenheim. Foto: /Martin Kalb

Der Prozess um die Bluttat am 17. Juli 2024 neben einem Kiosk am Sachsenheimer Bahnhof hat am Freitag begonnen. Der Angeklagte, die Geschädigte und weitere Zeugen haben ausgesagt.

Während ihrer Ehe habe der Mann sie immer wieder erniedrigt, sie geschlagen und ihr gedroht. Er habe sie zum Sex genötigt und ihr einmal sogar das Bein gebrochen. Am 17. Juli 2024 habe er dann versucht, seine zu diesem Zeitpunkt von ihm getrennt lebende Ehefrau am Bahnhof in Sachsenheim umzubringen. Das stand in der Anklageschrift, die am ersten Prozesstag am Freitag am Heilbronner Landgericht verlesen wurde. Die Tötung habe er auf heimtückische Art und Weise vollziehen wollen. Er sei der Frau aufgelauert und wollte sich anschließend ebenfalls das Leben nehmen.

Mehrmals auf die Frau eingestochen

Der Mann soll ein Messer mit einer etwa 20 Zentimeter langen Klinge, mit Klebeband an seinem linken Bein versteckt gehalten haben. Damit hat er auf die Frau eingestochen. Sie befand sich in einem lebensbedrohlichen Zustand, konnte aber gerettet werden. Sie erlitt unter anderem Verletzungen an der Lunge und im Unterbauch, weiterhin sind die Sehnen an mehreren Fingern durchtrennt worden. Später musste ihr das Endglied des linken Zeigefingers amputiert werden. Der Mann soll alkoholisiert gewesen sein. Seine eigene Tötung wollte er durch Schnittverletzungen an der Halsvene herbeiführen. Auch er konnte gerettet werden.

Der Angeklagte ist in der Ukraine geboren, genau wie seine Frau, die im späteren Verlauf des Prozesstages als Zeugin und Nebenklägerin aussagte. Der 52-Jährige habe in seiner Kindheit kein besonders gutes Verhältnis zu seinem Vater gehabt, dieser soll ihn immer wieder angeschrien haben. Die Mutter soll ein Alkoholproblem gehabt haben und in Folge dessen verstorben sein.

Alkohol soll auch im Leben des Angeklagten stets eine Rolle gespielt haben, teilte er dem Gericht mit. Er habe sich teilweise bis in den Rausch getrunken – eine Flasche Wodka sei bei der Arbeit ganz normal gewesen. Später habe er Wein und Bier fast täglich konsumiert. Der Angeklagte soll eine Ausbildung zum Schlosser und Schweißer abgeschlossen haben. Unter anderem arbeitete er von 1994 bis 2013 in einer Kantine, bevor er von 2014 bis 2022 wieder als Schlosser tätig gewesen ist. Seine Frau habe er im Jahr 1994 kennengelernt. Die Ehe sei geprägt gewesen von Streitigkeiten, Schlägereien und Morddrohungen, so die Geschädigte.

Nachdem der Krieg in der Ukraine begonnen hatte und sie in den Westen des Landes geflohen waren, ist das Paar am 15. Januar 2024 nach Deutschland gekommen. Die gemeinsame Tochter lebte bereits seit April 2022 hier. Das Paar wohnte von da an in einer Wohnung in Sachsenheim. Die Geschädigte wollte sich schon von ihm trennen, als sie noch in der Ukraine gelebt haben. Einen Scheidungsbeschluss gebe es, ist sie sich sicher, gesehen habe sie ihn aber nie. Am 9. und 10. Juli ist dann eine Gewaltschutzanordnung gegen den Angeklagtenausgesprochen worden.

Telefonischer Kontakt habe aber weiterhin bestanden. Der Mann sei ihr zudem am 17. Juli nicht zum ersten Mal am Sachsenheimer Bahnhof aufgelauert. Wie die Frau erzählte, habe er das zuvor schon zweimal getan. Sie habe sich aber nie auf ein Gespräch mit ihm eingelassen. Am Tattag habe er sie gefragt, ob sie wegen einer Trennung bei Gericht gewesen sei. Schließlich soll er das Hosenbein gehoben und das Messer gezückt haben. An viel mehr erinnert sich die Ukrainerin nicht, nur noch daran, wie sie versucht hatte, das Messer von sich wegzudrücken.

Augenzeugen berichten von der Tat

Auch sind am ersten Prozesstag mehrere Augenzeugen angehört worden. Darunter ein älterer Mann, der mit einer Freundesgruppe am 17. Juli vergangenen Jahres unterwegs gewesen war und das Paar auf der Bank am Bahnhof habe sitzen sehen. Dabei hätten sie gekichert, erinnert er sich. Als die Gruppe die Straße überquert hat, haben sie gesehen, wie der Mann mehrmals auf die Frau eingestochen habe. Später soll sich der Angeklagte an die Wand der Unterführung gelehnt und eine Zigarette geraucht haben.

Auch eine 16-Jährige hat ausgesagt, die am Bahnhof die Polizei verständigt hatte. Sie ist sich nicht ganz sicher gewesen, ob die Frau auf der Bank gelacht oder geschrien habe. Als sie aber gesehen habe, wie der Mann auf sie eingestochen hat, sei sie schockiert und ängstlich gewesen. Auch sie hatte den Mann rauchend in der Unterführung gesehen, ebenso die Wunde, die er sich selbst zugefügt hat.

Für den Prozess sind fünf Fortsetzungstermine angesetzt worden. Der nächste findet am 22. Januar statt.

 
 
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