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Sachsenheim Rollender Supermarkt leidet unter Maut
2022 übernahm Aaron Daubner einen rollenden Supermarkt. Ein Job, den er gerne macht. Doch die Zeiten seien schwierig und die Politik tue zu wenig für den ländlichen Raum, findet er.
ätte ich aber vor zwei Jahren gewusst, was wirtschaftlich auf mich zukommt, hätte ich es gelassen“, sagt Aaron Daubner rückblickend. Seit Anfang 2022 ist er im Landkreis Ludwigsburg sowie im nördlichen Schwarzwald mit seinem rollenden Supermarkt unterwegs.
„Mir war von vornherein klar, dass ich damit nicht reich werden würde“, sagt Daubner. Ebenso, dass der Laden viel Arbeit bedeute: etwa 70 Stunden die Woche, so Daubner. „Angestellt ist Urlaub dagegen.“ Die wirtschaftliche Entwicklung setze ihm aber zu – und jetzt auch noch die Maut.
12.000 Euro für die Maut
Denn kürzlich kam die erste Abrechnung für seine beiden Fahrzeuge: „Etwa 1000 Euro für einen Monat“, sagt er. Aufs Jahr also 12.000 Euro. Viel Geld für ihn, denn die Margen in seinem Geschäft sind gering. Daubner fährt dorthin, wo oft niemand anders einen Supermarkt betreiben will, kein Discounter, kein Einzelhändler, oft nicht einmal ein Selbstbedienungsladen wie „Tante M“.
Dafür legt der Pforzheimer weite Strecken zurück zwischen Häfnerhaslach, Bönnigheim, Vaihingen, Langenbrand und Enzklösterle. Da drücken schon die Spritkosten kräftig auf den Gewinn. Zusatzkosten wie die Maut schmerzen umso mehr.
Der stationäre Handel kann an verschiedenen Schrauben drehen, um solche Mehrkosten zu kompensieren, etwa beim Personal sparen oder der Preise für die Kunden erhöhen. Das eine kann Daubner nicht – er und sein Vater sind die beiden einzigen Mitarbeiter –, das andere will er nicht. „In den vergangenen Jahren ist alles teurer geworden“, sagt er.
Viele seiner Kunden müssten stärker auf ihr Geld achten. Und er sei sowieso schon etwas teurer als ein stationärer Supermarkt. Der hat in der Regel auch ein deutlich größeres Angebot als Daubner: 1100 Artikel hat er an Bord, die aber den gesamten täglichen Bedarf abdecken, von Toilettenpapier und Shampoo über Gemüse, Brot und Aufschnitt bis zur Tafel Schokolade. Auch bestellen kann man bei ihm, so Daubner.
Mehr als ein Supermarkt
Manche seiner Kunden, viele jenseits der 70, seien für die reduzierte Auswahl geradezu dankbar, erzählt der 26-Jährige. Sie fühlten sich von der riesigen Auswahl in Großmärkten mitunter überfordert.
Wenn sie denn überhaupt dorthin kommen. Mit dem Auto oder sogar mit dem Bus in den nächstgrößeren Ort zu fahren, um dort Besorgungen zu erledigen, sei vielen im vorgerückten Alter zu anstrengend. Anderen sei die digitale Anmeldung, die in Selbstbedienungsläden nötig sei, zu kompliziert. „Ganz abgesehen, dass dort das Persönliche fehlt.“ Oft sei er auch Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte seiner Kunden. „Ich bin da schon so eine Art Kummerkasten“, sagt er.
Sein rollender Supermarkt schließe daher weit mehr als eine Lücke bei der Nahversorgung in den täglichen Dingen im ländlichen Raum. Der werde von der Politik vernachlässigt, kritisiert er. Und bezieht das durchaus auf sein Unternehmen, wie auch auf die Konkurrenz von „Tante M“. „Ich kann verstehen, wenn große Lebensmittelketten vor Ort keinen Supermarkt bauen wollen, weil es sich nicht rechnet, sagt Daubner, der vor seiner Selbstständigkeit bei Edeka Handelsfachwirt im Lebensmittelhandel gelernt und auch als Marktleiter gearbeitet hat.
Politik gefordert
Die Politik solle dann aber etwas dafür tun, dass es andere Angebote nicht so schwer haben, die Lücke zu füllen. Eine Liberalisierung der Ladenschlusszeiten würde helfen, um etwa Selbstbedienungssupermärkte zu unterstützen, meint er. Oder auch eine finanzielle Förderung, um Vor-Ort-Angebote zu ermöglichen. Für seinen rollenden Supermarkt wäre eine Ausnahme von der Mautpflicht hilfreich, so Daubner.
Das würde ihn wenigstens ein bisschen entlasten, denn seit der Übernahme des rollenden Supermarkts von Siegfried Guggolz 2022 zahlt er auch noch einen Kredit dafür ab. Zusätzlich hat er ein Kühlhaus für seine Waren gekauft. Aufstecken will er aber: „Im Moment kann ich davon leben, auch wenn es schwieriger wird“, sagt Daubner. Und: „Es macht mir immer noch Spaß.“