Sachsenheim hat mit Häfnerhaslach und Spielberg gleich zwei seiner vier Kirbachtalgemeinden verloren. Und das völlig lautlos und ohne große politische Verwerfungen. Zumindest schaut es auf dem Papier so aus: Dem 2022 erhobenem Zensus zufolge leben in Sachsenheim nämlich mehr als 1100 Menschen weniger als bisher angenommen. Also ungefähr so viele, wie in den Teilorten Häfnerhaslach und Spielberg zusammen wohnen. Ein durchaus überraschendes Ergebnis, nicht nur für die Verwaltung.
Sachsenheim Sachsenheim fehlen plötzlich mehr als 1100 Einwohner
Laut Zensus 2022 wohnen in der Stadt deutlich 18.303 statt 19.480 Personen. Wie kommt das? Und was bedeutet das für die Kommune?
Zensus widerspricht anderen Erhebungen
Die geht nach dem städtischen Melderegister von momentan 19.480 Einwohnern aus, wie Stadtsprecher Arved Oestringer mitteilte. Eine Zahl die sich ungefähr mit der Fortschreibung des Zensus von 2011 deckt: Der hatte 19.312 Personen errechnet. Zudem war das Statistische Landesamt erst im vergangenen Jahr bei seiner „aktuellen Bevölkerungsfortschreibung“ für das Jahr 2022 von 19.490 Einwohnern ausgegangen, 288 oder 1,5 Prozent mehr als noch 2021. Bei dem Wachstumstempo hätte Sachsenheim in wenigen Jahren die 20.000er-Marke geknackt und wäre damit auf dem Weg zur „Großen Kreisstadt“ gewesen.
Und jetzt das: Laut Zensus 2022 beläuft sich die Einwohnerzahl Sachsenheims auf 18.303 Personen. Das entspricht einem Minus von 5,2 Prozent.
Für die Stadt kann das ernsthafte finanzielle Konsequenzen haben, denn aus der Größe der Einwohnerzahlen ergeben sich die sogenannten Schlüsselzuweisungen für Städte und Gemeinden. Das sind Gelder aus dem kommunalen Finanzausgleich, die besonders bei ärmeren Kommunen einen erheblichen Posten ihres Haushalts ausmachen. Wie stark sich der Bevölkerungsschwund auf die Sachsenheimer Finanzen auswirken wird, sei noch nicht ganz klar, so Oestringer. „Der formelle Bescheid soll erst im September an die Kommunen versandt werden.“
Bis zu 800.000 Euro weniger für Sachsenheims Haushalt 2025
Darüber hinaus habe laut Zensus auch das Land Baden-Württemberg insgesamt Einwohner verloren. Es sei noch offen, ob sich im Verhältnis zu den Kommunen daraus Differenzen ergäben, so Oestringer. Für das kommende Jahr sollen die Zensus-Ergebnisse daher nur zu 50 Prozent berücksichtigt werden, um erhebliche Verwerfungen zu vermeiden. Für Sachsenheim bedeute dies Einnahmeverluste von 600.000 bis 800.000 Euro. Angaben für die Folgejahre seien aufgrund verschiedener Faktoren wie etwa die wirtschaftliche Entwicklung noch nicht möglich.
Während die finanziellen Folgen für Sachsenheim noch im Ungefähren sind, ist die Ursache für den plötzlichen Bevölkerungsschwund schon ausgemacht: Es handele sich um einen statistischen Effekt, so Oestringer. Das bestätigten auch die Erfahrungen anderer Kommunen. Auch einige Nachbargemeinden sowie der Landkreis Ludwigsburg haben laut Zensus teils erhebliche Einwohnerrückgänge zu verzeichnen (siehe Infobox).
Grund dafür sei die Methodik des Zensus 2022: Er basiert teilweise auf Stichproben, die hochgerechnet werden. Gebe es zu wenig Stichproben, so die Kritik, könne das zur erheblichen Verzerrung beim Ergebnis führen.
Ein Bevölkerungsverlust von mehr 1100 Personen müsste sichtbar sein, meint Stadtsprecher Oestringer. Etwa beim Wohnleerstand, im Einwohnermeldeamt oder bei den Rücksendungen von Wahlunterlagen zur vergangenen Europa- und Kommunalwahl. Nichts davon sei eingetreten. Ob und wie die Stadt auf die offiziellen Zensus-Ergebnisse im September rechtlich reagieren werde, sei noch nicht klar. Derzeit befasse sich der Gemeindetag mit dem Thema. „Wir warten etwaige Empfehlungen ab.“