Sachsenheim Spaßiger Sport für Kaninchen und Halter

Von Bigna Fink
Maestro ist der beste Hochspringer seiner Halterin Marie Mayer-Zwiefelhofer. Geübt wird gelegentlich, hier im Hausgarten oder im Ausstellungsraum des Kleintierzuchtvereins Großsachsenheim. Foto: /Martin Kalb

Beim Kanin-Hop springen die Nager freiwillig über Hindernisse. Marie Mayer-Zwiefelhofer und ihre dreizehn Langohren haben sichtlich Spaß an dem Hobby. Bald gehts zur Deutschen Meisterschaft.

Auf dem saftigen Rasen putzt sich Maestro erst die Pfoten, hoppelt kurz und springt dann mit Leichtigkeit über die 35 Zentimeter hohe Hürde. Maestro ist eines von dreizehn Schlappohr-Hauskaninchen von Marie Mayer-Zwiefelhofer aus Großsachsenheim. Das grauhaarige und mit fünf Jahren schon etwas ältere Kaninchen ist ihr höchstspringendes Tier. „Auch wenn Maestro nicht so aussieht, diese Knutschkugel“, sagt sie lachend und nimmt Maestro kuschelnd in den Arm.

Kanin-Hop heißt der Nischensport, den die 30-Jährige mit ihren dreizehn Kaninchen betreibt. Die gemeinsame Beschäftigung für Tier und Mensch haben vor etwa 50 Jahren skandinavische Kaninchenzüchter erfunden, um ihren Nagern ausreichend Beschäftigung und Bewegung zu ermöglichen.

Tiere, die dazu Lust haben, springen beim Kanin-Hop über kleine Hindernisse, „die in Miniatur sehr ähnlich aussehen wie beim Pferdespringen“, so Mayer-Zwiefelhofer. Die Kaninchen werden locker an der Leine gehalten und meistern Steil- und Weitsprünge, auch über Wassergraben. Maestro kann etwa bis zu 50 Zentimeter hoch und 1, 80 Meter weit springen, „keine Weltklasseleistung, aber für uns super,“ sagt seine Halterin stolz. Ein bis zweimal im Monat lässt die Sachsenheimerin ihre Kaninchen im Vereinsheim des Kleintierzuchtvereins Großsachsenheim und Umgebung über Hindernisse springen. In dem Verein ist fast ihre ganze Familie engagiert, ihre Eltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins, sie ist von klein auf dabei. „Die Kleintierzucht ist so ein Familiending“, sagt Mayer-Zwiefelhofer.

Häsin Everest hüpft sich zur Deutschen Meisterschaft

Mit zwei weiteren Kanin-Hopperinnen vom Verein und ihren Nagern besucht Marie Mayer-Zwiefelhofer Kanin-Hop-Wettkämpfe. Sie treten an mit jeweils drei Kaninchen in vier verschiedenen Schwierigkeitsklassen und fünf Disziplinen, darunter „Gerade Bahn“ und „Hochsprung“.

Mitte April war das Kanin-Hop-Team Sachsenheim bei den Württembergischen Meisterschaften in Fellbach-Oeffingen. Mit der einjährigen Häsin Everest gewann Mayer-Zwiefelhofer den dritten Platz von insgesamt 35 Kaninchen. „Damit haben wir uns für die deutsche Meisterschaft qualifiziert“, freut sich Mayer-Zwiefelhofer. Die ist Ende Mai bis Anfang Juni in Königsbach-Stein im Enzkreis.

Zuhause hat die kaufmännische Leiterin eines Sachsenheimer Garten- und Landwirtschaftsbetriebs ihre Kaninchen in geräumigen Ställen untergebracht. Es sind Widderkaninchen mit herabhängenden Ohren, die neugierig an der Stalltür die Besucherin beschnüffeln. Nebenan hält sie derzeit japanische Legewachteln für die Zucht, sieben kleine Eier findet ihr vierjähriger Sohn freudig an diesem Morgen im Stroh.

Unkastrierte Rammler mit eigenem Stammbaum

Von ihren Kaninchen sind die meisten männlich, also Rammler, und bis auf Maestro unkastriert. Immer wieder einmal startet sie eine eigene Nachzucht. Beim Kanin-Hop lässt man die „guten Tiere mit den guten Tieren kreuzen“, so Mayer-Zwiefelhofer, „also die, die besonders hoch und weit springen, schnell laufen, nicht beißen und keine Zahnfehler haben.“

Jedes Tier hat einen eigenen Stammbaum. Aus eigener Nachzüchtung entstand vor einem Jahr der „Paw-Patrol-Wurf“, wie Mayer-Zwiefelhofer lachend erzählt. Dazu gehört die bei den Württembergischen Meisterschaften erfolgreiche Everest, die wie ihre Geschwister Skye, Marshall und Rubble Namen der beliebten Serienhunde trägt.

Angefangen habe sie mit dem außergewöhnlichen Gemeinschaftssport für Tier und Mensch bereits mit 18 Jahren, als der Kreisvorsitzende der Kleinzüchter sie um Unterstützung bat bei einem Kanin-Hop-Event. Seitdem ist die Sachsenheimerin begeistert dabei.

Von Tierschützern kommt Kritik an dem Hobby

Immer wieder stoße sie von Tierschützern auf Kritik an der Sportart Kanin-Hop. Die sei bisher nicht an sie persönlich gerichtet, aber in den sozialen Medien lese sie öfters den Vorwurf, Kanin-Hop sei Tierquälerei. „Ich kann das verstehen, dass man Bedenken bezüglich der Tierhaltung hat, wenn man Kanin-Hop noch nicht persönlich gesehen und erlebt hat,“ sagt Mayer-Zwiefelhofer. „Aber das Springen auf der Wiese ist dem natürlichen Bewegungsablauf der Kaninchen nachempfunden, und sie haben großen Spaß daran“, so die 30-Jährige. Das Geschirr und die Leine, die die Tiere bei den Wettkämpfen angezogen bekommen, dienten zum Schutz bei Schrecksituationen, so ließen sie sich schnell beruhigen.

Die Disziplin ‚Im Freien springen’ ist mein persönlicher Favorit“, so Mayer-Zwiefelhofer. Ohne Leine und Geschirr hoppeln da die Langohren über den Parcours, und auch mal an einem Hindernis vorbei, „dann sind sie eben ausgeschieden“, lacht die Kaninchenhalterin.

Mit Maestro gibt es Bauch-Beine-Po-Training

Anders als viele vielleicht denken, sind Kaninchen sehr lernfähig, bestätigt auch Mayer-Zwiefelhofer. So sei Maestro, ihr guter Hochspringer, ein sogenanntes „Bauch-Beine-Po-Kanichen“: „Der springt am besten, wenn ich hinter ihm bin und in die Hocke gehe. Nach dem Sprung hoppelt er schnell weiter“, sodass Mayer-Zwiefelhofer richtig zum Sport komme.

„Kaninchen sitzen nicht einfach so herum, die können vielmehr, und das ist faszinierend“, sagt sie. „Es gibt auch Tage, da haben die Kaninchen einfach keine Lust zum Springen und machen nicht mit. Sie lehren uns Menschen Geduld“, sagt die Kaninchenhalterin. Wer Interesse an der Sportart hat, könne gerne beim Kanin-Hop im Sachsenheimer Kleintierzuchtverein hineinschnuppern, fügt sie hinzu.

 
 
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