Sachsenheim Viel vor in den nächsten Jahren

Von John Patrick Mikisch
Bürgermeister Holger Albrich vor dem Sachsenheimer Wasserschloss. Foto: /Martin Kalb

Bürgermeister Holger Albrich blickt auf ein turbulentes Jahr 2024 zurück, sieht Sachsenheim wegen vieler Zukunftsprojekte auf einem guten Weg.

Protestierende Eltern, die kurzfristige Absage für den geplanten Pflegestützpunkt in Hohenhaslach, Ärger um die Fortführung der Sekundarstufe an der Kirbachschule, um nur ein paar Punkte zu nennen: Das Jahr 2024 war für die Stadt Sachsenheim herausfordernd. Bürgermeister Holger Albrich blickt dennoch optimistisch nach vorne.

Wie würden Sie das zurückliegende Jahr 2024 zusammenfassen?

Es war ein intensives Jahr. Wir haben aufseiten der Verwaltung an vielen Projekten zur Entwicklung Sachsenheims weitergearbeitet, die sich langfristig entfalten werden. Und wir haben nach den Kommunalwahlen einen neuen Gemeinderat und neue Ortschaftsräte bekommen. Mir war von Anfang an wichtig, hier ein gutes Miteinander zu finden, und ich habe daher alle sieben Gruppierungen im Gemeinderat zu einem Meinungsaustausch eingeladen. Ich denke, das hat sich bewährt. Es freut mich, dass trotz der Verkleinerung des Gemeinderats das Kirbachtal jetzt dort stärker vertreten ist als vor der Abschaffung der unechten Teilortswahl. Bei der Entwicklung der Gesamtstadt geht es auch immer um einen Ausgleich zwischen den Stadtteilen und der Gesamtstadt. Wir sind dazu in einem guten und produktiven Austausch mit den Ortsvorstehern und den neuen Ortschaftsräten.

Das vorige Jahr begann mit dem Ärger um den Pflegestützpunkt in Hohenhaslach. Was hat sich seitdem getan?

Die Absage des Eigentümers des vorgesehenen Grundstücks hat dieses für die Betreuung und Versorgung älterer Menschen im Kirbachtal wichtige Vorhaben nicht beendet. Die Projektplaner untersuchen unter Vermittlung der Stadt alternative Standorte, die sogar besser geeignet wären als der ursprünglich geplante. Noch ist aber nichts spruchreif.

Ein weiteres, lange gärendes Thema ist der geplante gemeinsame Feuerwehrstandort im Kirbachtal. Wie sieht es da aus?

Da sind wir auf einem guten Weg. Die bisherige Verzögerung kam durch das langwierige Zielabweichungsverfahren zustande, das hat fast zwei Jahre gedauert. Inzwischen konnten wir das entsprechende Grundstück vom Land erwerben. Momentan suchen wir einen Betreuer für den Architektenwettbewerb. Der Standort soll die Landschaft und Natur so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig beeinträchtigen. Durch den freiwilligen Zusammenschluss der Feuerwehrabteilungen Hohenhaslach, Spielberg und Ochsenbach mit einem neuen gemeinsamen Standort werden wir mit weniger finanziellen und personellen Ressourcen mehr Sicherheit für die Menschen im Kirbachtal schaffen. Damit hat dieses Vorhaben in mehrfacher Hinsicht Modellcharakter. Nach dem bisherigen langwierigen Verfahren bin ich vorsichtig, was Aussagen zur Fertigstellung angeht. Wir werden aber Tempo machen: Bis 2027 will ich da etwas sehen.

Wird der Feuerwehrstandort auch so teuer wie der Umbau der Kirbachschule?

Nein, der liegt ja im zweistelligen Millionenbereich. Beim Feuerwehrstandort streben wir einen einstelligen Millionenbetrag an.

Wie steht es um das andere Sachsenheimer Großprojekt, die Kirbachschule in Hohenhaslach? Die Ankündigung der Landesregierung, die Werkrealschulen abzuschaffen, kam im Mai ja recht unvermittelt.

Das stimmt, aber wir haben schnell reagiert. Durch einen Schulterschluss zwischen Schulleitung, Staatlichem Schulamt, Verwaltung, Gemeinderat und mit Unterstützung unserer Landtagsabgeordneten Dr. Markus Rösler und Konrad Epple konnten wir eine Zusage für eine zweizügige Realschul-Sekundarstufe erreichen, sodass wir im vorgesehenen Umfang weiterplanen und die Zukunft der Kirbachschule sichern konnten. Für den Umbau und die Erweiterung der Kirbachschule nehmen wir mehr als 25 Millionen Euro in die Hand. Und wir versuchen, alle verfügbaren Fördermittel für dieses Vorhaben zu bekommen, das Sachsenheim als Schulstandort zukunftsfest macht.

Stichwort Finanzen: Sachsenheim hat in den vergangenen beiden Jahren sehr hohe Einkünfte aus dem Gewerbepark Eichwald erzielt. Aber die Wirtschaft lahmt und die Aufgaben werden nicht weniger.

Der Eichwald ist eine absolute Erfolgsgeschichte. Er hat den Verbandskommunen seit seiner Gründung aus Grundstückserlösen und Gewerbesteuer zu etwa gleichen Teilen rund 110 Millionen Euro eingebracht. Daran partizipiert Sachsenheim mit 48,75 Prozent. Hinzu kommen die damit verbundenen Arbeitsplätze und der Zuzug von Arbeitskräften, von denen wir über die Einkommenssteuer profitieren. Wir untersuchen Möglichkeiten zur Nutzung weiterer Flächen im Gewerbepark, unter Beachtung der strengen Umweltvorgaben. Wir möchten im Eichwald auch Windkraft und Freiflächen-Photovoltaik ausbauen. Dadurch soll sich der Gewerbepark ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig weiterentwickeln. So können wir unsere Abhängigkeit von Exporteuren fossiler Energieträger verringern und gleichzeitig damit Geld verdienen. Dafür kommen auch weitere Flächen im Stadtgebiet in Betracht. Wir müssen – nicht nur im Eichwald – unsere Einnahmemöglichkeiten nutzen und stärken, denn unser Beitrag für die Kreisumlage wird steigen, gleichzeitig sinken Zuschüsse von Kreis, Land und Bund oder sind jetzt schon nicht ausreichend, etwa beim Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen. Da wird das Konnexitätsprinzip einfach nicht beachtet.

Was bedeutet das?

Dass Bund und Land die Kosten für Aufgaben nicht übernehmen, die sie den Kommunen auferlegt haben. Verkürzt: Wer bestellt, bezahlt – das gilt leider nicht. Ständig werden neue Rechte und Ansprüche geschaffen, bei deren Finanzierung die Kommunen im Regen stehen gelassen werden. Das war schon bei der Kinderbetreuung im Kita-Bereich so. Jetzt kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule hinzu. Das kann nicht weiter so bleiben. Die allermeisten Aufgaben, die wir heute erledigen und finanzieren müssen, sind Pflichtaufgaben. Es gibt kaum noch Spielräume für anderes.

Haben Sie Verständnis dafür, dass Eltern gegen steigende Kita-Gebühren auf die Straße gehen?

Ja, dafür habe ich Verständnis. Wir sind uns bewusst, dass die Elternbeiträge viele Familien vor Herausforderungen stellen. Wir arbeiten mit Elternvertretern und Gesamtelternbeirat permanent daran, das Angebot zu gewährleisten und zu verbessern. Auch über die Elternbeiträge tauschen wir uns aus. Diese decken trotz Erhöhung nur etwa zehn Prozent der Kosten. Wir liegen damit immer noch deutlich unter dem empfohlenen Kostendeckungsgrad von 20 Prozent. Mit der vom Gemeinderat beschlossenen Gebührenerhöhung erreichen wir den Landesrichtsatz 2026. Das Landratsamt und seine Rechtsaufsicht, die den städtischen Haushalt genehmigen muss, achten übrigens darauf, dass wir unsere stehenden und vorgesehenen Einnahmemöglichkeiten nutzen. Wenn wir uns nicht daran halten, könnten wir Ansprüche etwa auf Fördergelder verlieren. Kurz gesagt: Solange und soweit sich nicht das Land, wie in anderen Bundesländern, oder der Bund an den Kinderbetreuungskosten beteiligen, sind wir zur Finanzierung auf Elterngebühren angewiesen. Um trotzdem möglichst allen Kindern einen Betreuungsplatz anbieten zu können, beschreiten wir neue Wege: Wir lassen Kitas bauen und mieten diese, wie etwa die sogenannte Aldi-Kita. So haben wir keine hohen Investitions und Planungskosten, keinen eigenen Unterhaltungsaufwand und müssen uns später bei zurückgehender Kinderzahl nicht noch um alte Gebäude kümmern.

In anderen Kommunen und Städten stehen wegen der angespannten Haushaltslage inzwischen Freibäder, Stadtbüchereien, Theater und andere kulturelle Einrichtungen auf der Streichliste. Wie sieht das in Sachsenheim aus?

Das kann ich mir weder bei der Stadtbücherei noch beim Hallenbad vorstellen. Diese Einrichtungen sind für Sachsenheim unheimlich wichtig als Orte des städtischen Zusammenlebens. Ich halte es für wichtig, dass alle Kinder in der Stadt die Möglichkeit haben, Schwimmen zu lernen. Und die Stadtbücherei vermittelt nicht nur Wissen, sondern bringt die Leute zusammen und wird sehr gut angenommen. Dadurch ist sie auch ein wichtiger Frequenzbringer für die Innenstadt. Die Einrichtungen tragen wesentlich zur Lebensqualität und zur Attraktivität der Stadt bei und müssen auch unter diesem Gesichtspunkt beurteilt werden.

Um die Innenstadt ist es nicht so gut bestellt. Es gibt Leerstand, das Angebot wird oft als nicht ausreichend wahrgenommen und sie gilt auch baulich als wenig attraktiv.

Deswegen haben wir uns ja um die Aufnahme in das Stadterneuerungsprogramm des Landes bemüht und dies im ersten Anlauf geschafft. Das ist die einmalige Gelegenheit, die Innenstadt auf Vordermann zu bringen und attraktiver zu machen, gemeinsam mit privaten Eigentümern, für die es Förderungen gibt, und unter intensiver Beteiligung der Bürgerschaft. Wie so etwas aussehen kann und welche Effekte es hat, kann man beispielhaft in Altensteig und Backnang sehen.

Welche Rolle spielt die S-Bahn-Verlängerung nach Vaihingen und möglicherweise Mühlacker dabei? Und wird die tatsächlich kommen?

Ich gehe davon aus, dass die kommt. Das möchten und sagen auch alle Beteiligten. Die Kosten-Nutzen-Analyse ist sehr deutlich positiv, die Anrainer-Kommunen sind dafür. Unser Vorteil in Sachsenheim: Beim Großsachsenheimer Bahnhof müsste dafür nur der Bahnsteig erhöht werden, es braucht hier auch keine neuen Gleise. Sachsenheim wächst, und immer mehr werden zur Arbeit pendeln. Wir müssen mit der Verlängerung der S 5 die Möglichkeit und das Potenzial nutzen, mehr Menschen vom Individualverkehr wegzubekommen. Das wird nur mit einem attraktiven, zuverlässigen und leistungsfähigen ÖPNV gelingen. Nur so können wir unseren Klimazielen näherkommen und uns vom Verkehr entlasten.

Ein konkreter Zeitplan für die Verlängerung der S 5 ist aber noch nicht bekannt, auch die anderen Vorhaben wie Stadterneuerung, Umbau der Kirbachschule werden Jahre dauern.

Das stimmt. In der Kommunalpolitik braucht man einen langen Atem. Aber den haben wir hier in Sachsenheim.

 
 
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