Sachsenheim Von null auf fünf in einer Wahl

Von John Patrick Mikisch
Pinke Post: In den farbenfrohen Umschlägen stapelten sich die Stimmen der Gemeinderatswahl zum Auszählen im Sachsenheimer Schloss. Foto: Richard Dannenmann Foto: /Richard Dannenmann

Zwei neue Gruppierungen haben auf Anhieb den Sprung in den Gemeinderat geschafft. Wir mit Herz für Sachsenheim (WIR) stellen drei Vertreter in dem Gremium, Sachsenheimer für Sachsenheim (SFS) haben zwei Sitze erobert.  

Die Kommunalwahl in Sachsenheim wartet gleich mit zwei kleinen Sensationen auf. Zum einen gelang den neu gegründeten Wahllisten WIR mit Herz für Sachsenheim (WIR) und Sachsenheimer für Sachsenheim (SFS) aus dem Stand heraus der Einzug in den Gemeinderat. Zum anderen lag die Wahlbeteiligung mit 60,9 Prozent deutlich höher als bei der vorigen Kommunalwahl 2019. Damals machten 56,07 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch.

Freie Wähler (FW) und Grüne Liste Sachsenheim (GLS) verlieren deutlich, SPD und FDP können sich behaupten. Stärkste Fraktion wird die CDU trotz Stimmverlusten.

Gemeinderat künftig kleiner

Der neue Gemeinderat besteht nach der Abschaffung der Unechten Teilortswahl aus 22 statt wie vorher aus 26 Sitzen. Und so setzt er sich zusammen: Die CDU kommt auf 23,2 Prozent (minus 2,81 Prozent) und stellt fünf Ratsmitglieder.

Die Freien Wähler stellen mit 17,7 Prozent der abgegebenen Stimmen und vier Ratsmitgliedern die zweitgrößte Fraktion. Das sind drei Sitze weniger als 2019. Die GLS verliert deutlich in der Wählergunst, von 26,72 auf 15,8 Prozent. Die Fraktion schrumpft von sieben auf drei Sitze. Ebenso viele Ratsleute stellt künftig die neue Liste WIR, die mit 12,2 Prozent viertstärkste Kraft in Sachsenheim wurde.

Knapp dahinter folgt die SPD mit 11,8 Prozent (2019: 12,19 Prozent), die ihre drei Gemeinderatssitze verteidigte. Das gilt auch für die FDP, die ihr Ergebnis nach Stimmen sogar von 8,23 auf 10,3 Prozent steigerte. Allerdings bleibt es für die Liberalen bei zwei Mandaten. Ebenfalls mit zwei Sitzen ist künftig die Liste SFS vertreten, die bei ihrer ersten Wahl gleich 9,0 Prozent holte.

Sieben statt fünf Gruppierungen

Im geschrumpften Gemeinderat bekommt es Bürgermeister Holger Albrich damit nicht nur mit einigen neuen Gesichtern zu tun, sondern mit sieben statt wie bislang fünf politischen Gruppierungen. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit“, sagte er im Gespräch mit der BZ. Dabei gehe es darum, das Gemeinwohl in den Vordergrund zu stellen und nicht die Parteiinteressen. Als positiv bewertete er auch die hohe Zahl von Gemeinderatsratsmitgliedern aus den Kirbachtalgemeinden. Diese waren durch die Unechte Teilortswahl bislang mit sechs garantierten Sitzen vertreten.

Dass diese Stadtteile weiter präsent sind, liegt vor allem an den beiden großen Gewinnern der Wahl: WIR und SFS. Von ihren zusammen fünf Gemeinderatsvertretern kommen drei aus dem Kirbachtal. Einer von ihnen ist Mathias Werhan (WIR), der sich überrascht von seiner Wahl zeigt: „Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet“, sagt der Unternehmer aus Häfnerhaslach. Seinen persönlichen Erfolg führt er auf sein Engagement im Ort für die Ansiedlung eines „Tante-M“-Ladens zur Nahversorgung sowie beim Bund des Selbständigen Sachsenheim (BDS) zurück.

Gut möglich, dass auch die Querelen um die Unechte Teilortswahl eine große Rolle spielten. Denn offenbar ist der Erfolg von WIR bei den Ortschaftsratswahlen noch deutlich größer als bei der Gemeindewahl. Sensationell sei das, sagt Mathias Werhan. „Wir haben die Sachsenheimer Lokalpolitik ordentlich aufgemischt.“ Er selbst sei zwar ein kompletter Neuling in der Hinsicht. „Aber das tut auch mal ganz gut“, glaubt er. Die neue Gruppe Sachsenheimer für Sachsenheim (SFS) war leider nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Von den Siegern zu den Verlierern: Das sind diesmal eindeutig die Grünen. Hatten sie 2019 noch acht Prozentpunkte hinzu gewonnen, musste die GLS diesmal herbe Verluste einstecken: knapp elf Prozentpunkte weniger.

Thomas Wörner führt dies einerseits auf den geschrumpften Gemeinderat zurück, andererseits auf die WIR- und SFS-Listen, die Stimmen abgezogen hätten. Ein weiterer Grund fürs schlechte Abschneiden sei die Bundespolitik, die sehr unglücklich gelaufen sei.

Wörner selbst bekam 2386 Stimmen. Er habe damit gerechnet, von den Wählern mit Blick auf seine ablehnende Meinung zur Unechten Teilortswahl abgestraft zu werden. Er sei überrascht, dass er nun ähnlich viele Stimmen wie bei der Wahl 2019 bekommen habe, sagte Wörner, der nun zum dritten Mal in den Sachsenheimer Gemeinderat gewählt wurde. Mit Blick auf die neuen Gruppierungen sei künftig die Bildung von Mehrheiten im Gemeinderat eine spannende Angelegenheit.

Das sieht auch Albrecht Pfeiffer von den Freien Wählern ähnlich. Er sei aber optimistisch: „Wenn sich alle auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen, wird das ein guter Gemeinderat.“ Wichtig sei, dass Sachsenheim im Mittelpunkt stehe und nicht parteipolitische Erwägungen.

Pfeiffer ist mit 6044 Stimmen der absolute Stimmenkönig in der Gemeinde. „Ich bin in Sachsenheim geboren“, sagt er. Man kenne ihn dort, weil er 25 Jahre bei der Feuerwehr gewesen sei, eine Firma habe, zehn Jahre im Kreistag und bis 2009 schon mal neun Jahre im Gemeinderat aktiv gewesen sei.

Für die Freien Wähler insgesamt ging die Abstimmung aber schlechter aus als vor fünf Jahren. Damals waren sie mit 26,75 Prozent stärkste Kraft - mit hauchdünnen Vorsprung vor der GLS – und bekamen sieben Mandate. Diesmal sind es 17,7 Prozent und vier Sitze im Gemeinderat. Pfeiffer führt das einerseits auf die Unechte Teilortswahl und den verkleinerten Rat zurück. Andererseits auf WIR und SFS. „Das hat uns im Kirbachtal Stimmen gekostet“, ist er sich sicher. „Da waren wir vorher immer gut vertreten.“

CDU: Ein Mandat mehr als erwartet

Zufrieden mit dem Ergebnis ist hingegen Lars Weydt von der CDU. „Wir hatten mit vier bis fünf Mandaten gerechnet. Jetzt sind es fünf geworden“, sagt der CDU-Politiker. Auch das sind zwei Sitze weniger als 2019; ihren Stimmanteil haben die Christdemokraten aber ungefähr gehalten. 2019 kamen sie auf 26,11 Prozent, diesmal auf 23,2 und damit 2,91 Prozentpunkte weniger. Das reichte aber, um stärkste Fraktion zu werden. Auf die Zusammenarbeit im neuen Gemeinderat freue er sich, so Weydt: „Ich sehe da keine Schwierigkeiten.“

Ihre Position gehalten haben hingegen FDP und SPD. „Ich hätte mich sehr gefreut, neben Karl Willig auch noch Thomas Bay als Dritten dabei zu haben“, sagt Oliver Häcker. Der Metzgermeister war erst kurz vor der Wahl zur FDP gewechselt. 2019 war er noch mit den Freien Wählern in den Gemeinderat eingezogen, hatte die Wählervereinigung später aber verlassen und war als Unabhängiger im Gremium geblieben. Dass es jetzt sieben Gruppierungen und Fraktionen gebe, verkompliziere die Politik. „Ich bin gespannt, wie wir das hinbekommen.“

SPD behält drei Sitze

Ratsfrau Helga Niehues ist mit dem Ergebnis hingegen „sehr zufrieden“. Die SPD behält drei Sitze und hat nur unwesentlich Stimmen verloren (von 12,19 auf 11,8 Prozent). „Ich hatte es gehofft und gewünscht“, sagt die erfahrene Lokalpolitikerin Niehues. Da der Gemeinderat kleiner als früher ist, sei die Wahl besonders spannend gewesen. Dass die SPD entgegen dem Trend in Sachsenheim nicht abgestraft wurde, liege an den Kandidaten. „Die haben alle Stimmen gesammelt, auch die ganz jungen.“ Jetzt gelte es, mit den anderen im Gemeinderat gute Politik für Sachsenheim zu machen und die drängenden Probleme anzugehen, bei der Kirbachschule, bei der Feuerwehr und den Haushaltsfragen.

 
 
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