Sachsenheim Warum Leseclubs so gefragt sind

Von Michaela Glemser
Einer der jüngsten Leseclubs in der Gegend ist der an der Grundschule in Freudental. Er wurde 2022 gegründet. An der Kirbachschule gibt es solche Clubs schon seit 2018. Foto: Martin Kalb

In der Kirbachschule gibt es einen Leseclub seit fünf Jahren. Andere Schulen nutzen das Mittel der Leseförderung erst seit Kurzem oder stehen noch in den Startlöchern. Der BZ erklärt Theo Kaufmann vom Verein für Leseförderung, warum in der Region immer mehr Leseclubs entstehen und wie diese helfen Defizite, die auch wegen Corona entstanden sind, abzubauen.

Die Leseclubs gehören im Nachmittagsprogramm der Kirbachschule in Hohenhaslach zu den beliebtesten AGs. Der Bedarf nach einer speziellen Leseförderung gerade in der Grundschule ist nach der langen Phase der Pandemie groß. Dies weiß auch Theo Kaufmann vom Verein für Leseförderung, der an unterschiedlichen Schulen in der Region Stuttgart spezielle Angebote auf die Beine stellt, die unter anderem die Lese-Motivation von Mädchen und Jungen steigern sollen.

Mehrere Jahre war Kaufmann, der auch für die Stiftung Lesen arbeitet, an der Kirbachschule tätig, um den Lehrkräften Methoden der Leseförderung vorzustellen und Leseclubs aus der Taufe zu heben, die in der Zwischenzeit von den Lehrerinnen und Lehrern selbst geleitet werden. „Die Entwicklung der Lesekompetenz hat sehr viel mit ‚Learning by doing‘ zu tun. Deshalb waren die Lockdowns während der Pandemie für die Grundschulkinder von großem Nachteil“, betont Kaufmann. Selbst der Hybrid-Unterricht habe bei den Kindern nur zu einem Lernumsatz von rund 50 Prozent geführt.

Nachfrage ist groß

„Die Schere zwischen den lernfitten und lernschwachen Kindern ist daher nach Corona noch weiter aufgegangen“, macht der Lese-Fachmann deutlich. Hinzukomme, aus seiner Sicht, der große Lehrermangel in den Grundschulen, sodass intensive Leseförderung nicht ausreichend geleistet werden könne. Deshalb ist die Nachfrage an den Grundschulen in der Region nach den Leseclubs, die Kaufmann initiiert, derzeit enorm groß. „An der Kirbachschule in Hohenhaslach haben sich die Leseclubs, die wir vom Verein zur Leseförderung lange Zeit betreut haben, inzwischen sehr gut eingespielt. An anderen Schulen stehen wir bei diesen Bemühungen noch am Anfang“, erläutert Kaufmann.

Ziele der Leseclubs sind es, die Lesekompetenz der Mädchen und Jungen zu stärken und ihnen zu mehr Freude am Lesen zu verhelfen. Dabei gehen die Leiterinnen und Leiter des Leseclubs ganz individuell und unterschiedlich vor. Kaufmann selbst arbeitet viel mit dem animierten Sprach- und Leseförderungsprogramm „Onilo“, bei dem er den Kindern teilweise vorliest, diese aber auch selbst aktiv werden müssen. „Als zusätzlichen Anreiz können die Schülerinnen und Schüler nach dem Lesen bei dem bekannten ‚Antolin‘ Quizfragen beantworten“, erklärt Kaufmann.

Förderung auf spielerische Art

Wichtig sei, dass sich die Kinder nicht durch die verschiedenen Texte „quälen“ müssten, sondern Spaß an den zu lesenden Geschichten fänden, zu denen oft auch gespielt und gebastelt werde. „Ein Text lebt davon, wie ich ihn den Kindern vermittele. Sie sollen das Lesen genießen und nicht als unliebsame Pflichtaufgabe empfinden“, unterstreicht Kaufmann. Dafür macht er sich auch die Kamishibai-Erzähltheater-Methode zunutze, bei der die Mädchen und Jungen mit Hilfe großer Bildkarten Sprach- und Leseförderung auf ganz spielerische Weise erfahren.

„Es ist wichtig, dass wir die Kinder noch in der Grundschule für das Lesen begeistern, denn in der Pubertät gibt es den sogenannten ‚Leseknick‘. Wer davor nicht schon gerne Bücher gelesen hat, macht es danach meist auch nicht mehr oder nur unter erschwerten Umständen“, schildert Kaufmann. Der Migrantenanteil der Kinder in den Leseclubs liegt, nach den Erfahrungen des Experten, bei rund 50 Prozent.

„Wir versuchen jedes Kind mit der Literatur abzuholen, die es gerne mag. Bei manchen sind dies Tiergeschichten, bei anderen wiederum Sachbücher, die neben dem Lesen auch wichtiges Weltwissen vermitteln“, berichtet Kaufmann. Er rät Eltern dazu, sich nicht alleine darauf zu verlassen, dass in der Schule die Lesebegeisterung bei ihren Töchtern und Söhnen geweckt wird, sondern auch selbst die Initiative zu ergreifen. „Eltern sollten auch älteren Kindern noch regelmäßig vorlesen, sich aber auch von den Kindern vorlesen lassen“, stellt Kaufmann klar.

 

 
 
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