Es waren packende Geschichten, die ihm die Lehrer einst erzählten. Von Herrschern und Machthabern, Ereignisse von historischer Bedeutung, der „Gang nach Canossa“ zum Beispiel. Sie haben ihn einst angeregt, Sachbücher schließlich gefesselt. Das Erzählen sei eine „damals übliche Methode“ im Geschichtsunterricht gewesen, erinnert sich Hermann Albrecht, Jahrgang 1936.
Sachsenheim Wer über Geschichte grübelt landet oft bei Hermann Albrecht
Mit 86 Jahren ist Hermann Albrecht in Sachsenheim so etwas wie das Gedächtnis der Stadt. Schon vor drei Jahrzehnten begann er damit, die Heimatgeschichte zu erforschen und aufzuschreiben. Noch heute geht der ehemalige Lehrer seiner Passion nach.
Nach seinem Studium in Stuttgart hat er später selbst jahrzehntelang sein Wissen als Geschichtslehrer vermittelt. Noch heute hilft er gern weiter, wenn er gefragt wird. Und das kommt nicht selten vor – gerade im Bereich der Heimatgeschichte hat Hermann Albrecht eine echte Passion gefunden. Wer in Sachsenheim grübelt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit an ihn verwiesen. Er gilt als hiesiges Urgestein, dabei ist der gebürtige Herrenberger in Dornstetten im Kreis Freudenstadt aufgewachsen.
Nach zahlreichen beruflichen Stationen als Englisch-, Geschichts- und Gemeinschaftskundelehrer war er Konrektor an der Realschule in Bissingen. Kurz nachdem er 1976 als Rektor an die Sachsenheimer Realschule gewechselt war, zog er mit seiner Frau von Kleiningersheim nach Großsachsenheim. Seit 1982 wohnt er mit seiner Frau Lore in Kleinsachsenheim.
Schon 1993 bei der Gründung des Sachsenheimer Vereins für Heimatgeschichte war Hermann Albrecht mit dabei. 2007 übernahm er die Leitung der Schriftenreihe „die Mörin“, schreibt selbst, koordiniert und redigiert die Beiträge für das Heft. Für sein eigenes Erstlingswerk Mitte der 90er-Jahre hat er über drei Jahre hinweg Nachforschungen angestellt und sich mit dem Krankenlager und dem Russenfriedhof in Sachsenheim während des Zweiten Weltkriegs beschäftigt. Veröffentlicht in Ausgabe 28 der „Mörin“. Das weiß Hermann Albrecht noch ganz genau.
Wie er sich das alles merken kann? „Wohl eine gewisse Veranlagung“, sagt der 86-Jährige, der sich körperlich mit Frühsport und Radfahren fit hält. Seine Taktik sei es, die Informationen im Kopf in kleine Schächtelchen einzupacken und abzulegen. Dabei geht der Sachsenheimer Ehrenbürger sehr sorgsam damit um, prahlt nicht, verweist auf andere Vereinsmitglieder, sagt: „Ich möchte bescheiden bleiben.“
Als Ausschussmitglied im Verein für Heimatgeschichte kümmert er sich um die Organisation von Vorträgen und Exkursionen, ist seit 2010 als Mitglied des ökumenischen Arbeitskreises im Austausch mit dem Vereins-Äquivalent in Valréas, der Sachsenheimer Partnerstadt. Als Mitbegründer der Städtepartnerschaft hat er sich überdies nicht nur viele Jahre intensiv im Komitee engagiert, sondern sich auch eingehend in die Historie der französischen Kleinstadt eingearbeitet.
Sein jüngster Beitrag in der „Mörin“ befasste sich mit der Geschichte des Lichtenstern-Gymnasiums. Als nächstes geht es um die Sachsenheimer Schulgeschichte im Allgemeinen. Dafür wird er sich weiteres Wissen aneignen. Im Kopf des 86-Jährigen sind noch etliche Schächtelchen frei. Sandra Bildmann