Sachsenheimer Gespräch Wehrle glaubt an den Klassenerhalt

Von Michaela Glemser
Vorne von links: BZ-Redaktionsleiterin Claudia Mocek, Rektor Helmut Dinkel, Niklas Kimmich, VfB Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle, Alina Bauer, Aylin Rekus, Hanna Straub, Lara Kaps. Foto: /Martin Kalb

Der VfB-Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle steht beim Wirtschaftsgespräch am Lichtenstern-Gymnasium Frage und Antwort.

Er hat keine leichte Aufgabe: Sportlich muss der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart, Alexander Wehrle, die Talfahrt seiner Profis auf den letzten Tabellenplatz in der Fußball-Bundesliga verkraften und finanziell steht es mit dem Traditionsverein aus der Landeshauptstadt auch nicht zum Besten. Erstaunlich offen und auch selbstkritisch stellte sich der gebürtige Bietigheimer beim Wirtschaftsgespräch am Lichtenstern-Gymnasium den Fragen der Kursstufenschüler aus der K1, welche den Abend mit ihren Lehrern Till Kernen und Timo Schuh vorbereitet hatten. BZ-Redaktionsleiteirn Claudia Mocek leitete die unterhaltsame Diskussionsrunde.

Schulleiter Helmut Dinkel gab sich im Fan-Trikot als langjähriger VfB-Anhänger zu bekennen und erinnerte sich in seinem Grußwort an seinen ersten Stadionbesuch im November 1980, als der VfB gegen den Hamburger Sportverein spielte. „Heute Abend wollen wir bei unserer Gesprächsrunde Sport und Wirtschaft zusammenführen und dieses Spannungsfeld genauer beleuchten“, erläuterte Dinkel, der auch die ehrenamtliche Stellvertreterin des Bürgermeisters Holger Albrich, Franziska Müller, im gut besetzten Foyer begrüßen konnte.

Kommerzialisierung des Fußballs

Hanna Straub und Lara Kaps führten die Besucher zunächst in die Kommerzialisierung des Fußballgeschäfts ein. Sie erläuterten unter anderem die sogenannte „50+1-Regel“, deren zukünftiger Bestand für den Vorstandsvorsitzenden Wehrle unverhandelbar ist. Mit dieser Regelung ist in den Statuten der Deutschen Fußballliga (DFL) festgeschrieben, dass Vereine ihre Lizenzspielerabteilung zwar als Kapitalgesellschaft aus dem Gesamtverein ausgliedern können. Dieser Mutterverein muss aber mehrheitlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt sein.

So soll verhindert werden, dass wie in England Investoren in der Gesellschaft das alleinige Sagen haben. „Diese Regel ist ein Grundpfeiler des deutschen Fußballs und der Fußball-Bundesliga. Die Vereine dürfen nicht zu Spielbällen von Finanzinvestoren werden“, betonte Wehrle.

Kurstufenschüler Niklas Kimmich fragte bei Wehrle nach, wie sich denn die Verhandlungen mit der Mercedes Benz AG als Sponsor derzeit gestalten. Der VfB-Vorstandsvorsitzende machte deutlich, dass beide Partner in einem engen Dialog miteinander stünden, es aber zu Veränderungen in der Zusammenarbeit kommen werde, da der Sponsor sein Engagement als Jugend-, Werbe- und Namenspartner beim VfB reduzieren möchte.

Vermarktungsfläche im Stadion

Durch die neue, auf fünf Jahre angelegte Kooperation mit der großen Vermarktungsagentur Sportfive hofft Wehrle, eventuelle finanzielle Ausfälle kompensieren zu können. „Allein im umgebauten Stadion haben wir über 8000 Quadratmeter zusätzliche Vermarktungsfläche anzubieten. Daher war es auch richtig, trotz rund 19 Millionen Euro Umsatzverlusten durch die Pandemie, den Stadionumbau jetzt anzugehen“, unterstrich Wehrle in Bezug auf das über 98,5 Millionen Euro teure Großprojekt, das auch den gesamten Businessbereich im Stadion moderner gestalten wird.

„Die finanzielle Situation ist sehr anspruchsvoll, aber wir werden unser Eigenkapital stabil halten und schauen, dass wir zahlungsfähig bleiben“, so Wehrle, ein Darlehen in Höhe von 25 Millionen Euro wir dem Verein helfen.

Aber auch im sportlichen Bereich sind die Herausforderungen für den VfB Stuttgart groß. „Bei den verbleibenden neun Spielen haben wir noch alles in eigener Hand. Ein Abstieg wäre schon extrem. Es gäbe mehr Veränderungen in der Kaderzusammensetzung, aber wir hätten auch dann noch eine absolut wettbewerbsfähige Mannschaft mit dem klaren Ziel eines sofortigen Wiederaufstiegs“, stellte Wehrle klar, der fest an den Klassenerhalt seiner Mannschaft glaubt.

Dass es beim FC Freiburg sportlich sehr viel besser läuft, führt Wehrle darauf zurück, dass bei der Elf aus dem Breisgau eine gute Transferpolitik mit einer konsequenten Nachwuchsförderung Hand in Hand gehe. Beim VfB dagegen habe es in der Vergangenheit bei der Integration der Nachwuchsspieler in die Profimannschaft gemangelt. „Wir müssen diesen jungen Spielern auch Kaderplätze anbieten. Wir haben in den letzten Jahren viele Ergänzungsspieler von außen geholt, die Kaderplätze für den eigenen Nachwuchs blockiert haben“, erläuterte Wehrle. Künftig soll sich dies ändern und Teil der neuen strategischen Ausrichtung sein.

Dass Wehrle mit Kritik auch für sportliche Misserfolge gut umgehen kann, machte er im Gespräch mit den Schülerinnen Alina Bauer und Aylin Rekus deutlich. Nach der Gesprächsrunde stellte sich der Vorstandsvorsitzende noch den Fragen der Besucher und gab dabei auch zu verstehen, dass beim Weggang von Ex-Sportdirektor Sven Mislintat in der Kommunikation nach außen hin nicht alles reibungslos verlaufen sei. Bei „Stadionwurst“ zugunsten des Spielplatzbaus der Kurstufenschüler im Kosovo (wir berichteten) war anschließend noch Gelegenheit, die Gespräche zu vertiefen.  

 
 
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