Cecilia Staudenmaier kann es noch gar nicht richtig fassen: Beim Europäischen Wettbewerb, bei dem sich Schüler auf kreative Weise mit den Werten und der Einheit Europas beschäftigen, hat die Großsachsenheimerin einen Landespreis gewonnen. Und das mit ihrem ersten Poetry-Slam-Beitrag, den sie überhaupt verfasst hat.
Sachsenheimerin erfolgreich beim Europäischen Wettbewerb Zusammenhalt Europas als Weg aus der Krise
Cecilia Staudenmaier hat mit einer modernen Gedichtform die Landesjury des Europäischen Wettbewerbs überzeugt.
Ein Poetry Slam ist eigentlich ein Wettbewerb, bei dem Menschen auf der Bühne einen selbst geschriebenen Text ähnlich zu einem Gedicht vortragen. Auf der Bühne stand die 18-Jährige aus Jahrgangsstufe 1 des Lichtenstern-Gymnasiums mit ihrem Beitrag „Unterwegs im Europa-Universum“ zwar nicht. Eine Auszeichnung erhielt der Text aber dennoch: Genervt von sozialer Distanz und Heimunterricht, schildert sie eine Traumreise durch Europa, in der sie wertvolle Erlebnisse und Begegnungen hat, die Probleme unserer Zeit wahrnimmt und auf die Geschichte, die Gegenwart und die Zukunft Europas verweist. Ihr Beitrag wurde auch an die Bundesjury des Europäischen Wettbewerbs weiterempfohlen.
„Der kleine Prinz“ als Inspiration
Die Idee kam ihr dank ihrer Lektüre in ihrem Auslandsjahr in Frankreich. „Da habe ich ‚Der kleine Prinz’ gelesen. Und da geht es ja auch um eine Sternenreise.“ So springt sie in ihrem Traum zu verschiedenen Sternen der Europa-Flagge. „In der Corona-Krise braucht es vielleicht auch einmal etwas Abstrakteres wie eine Traumreise aus dem Blickwinkel einer Schülerin.“ Denn sie weiß: „Es gibt viele Schüler, die genervt sind von Homeschooling und Co.“
Genau in so einem „Homeschooling-Tag, den ich ehrlich gesagt gar nicht mag“, steckt sie zu Beginn des Gedichts, „alles beschleunigt sich innerhalb einer minimalen Ameisenzeit, und ich komme mir vor wie ein Löwe mit gestopftem Maul.“ Dabei hatte sie als Oberstuflerin noch verhältnismäßig viel Präsenzunterricht in den vergangenen Monaten. Trotzdem betont sie gegenüber der BZ: „Dieses ständig vor dem PC sitzen kann einen verrückt machen. Man starrt den ganzen Tag in den Computer, hat keinen Bezug zur Außenwelt.“
Mit Blick auf mangelnde Bewegungsmöglichkeiten im Freien und Ausgangssperren schreibt sie weiter: „Also wird er wieder hochgefahren, mein neuer bester Freund, und los geht der Onlinesport.“ Joggen konnte die junge Frau auch während der Lockdowns. „Aber wir mussten für den Sportunterricht eben auch gewisse Nachweise erbringen. Wenn man richtig gut sein wollte, musste man schon Verschiedenes vorweisen, zum Beispiel Muskelaufbau.“ Den betrieb sie mithilfe bekannter Fitness-Gurus auf Youtube.
Wut auf Corona
Im Gedicht führt das, wie auch im echten Alltag, zu „Wut.“ Cecilia Staudenmaier erklärt: „Das ist das Schwierige: Man ist ja in erster Linie wütend auf Corona und hat nicht direkt eine Person, gegen die man sich wenden kann.“ Doch die Wut entlade sich aktuell in die unterschiedlichsten Richtungen. Cecilia Staudenmaier findet daher: „Es fehlt der Halt und die Verbundenheit.“
Diese Verbundenheit findet sie im Traum. Es ist ein positiver Blick auf die Idee Europa und ihre Errungenschaften. Sie trifft auf lachende Kinder, auf singende Menschen auf Balkonen, ihre französische Gastfamilie und europäische Solidarität bei der Behandlung Corona-Kranker. Und am Schluss zitiert ein alter Mann den bekannten Satz des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer: „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde die Hoffnung für viele. Sie ist heute die Notwendigkeit für alle.“
„Wir sind Bürger der EU“
Das Fazit der Schülerin im Poem: „Die meisten haben keinen Schimmer, warum es ihnen heute so gut geht, und warum auch wir durch die Krise kommen werden: Wir sind Bürger der EU, wir stehen nicht allein, und damit sind alle gemeint, denn Europa ist in Vielfalt geeint.“ Gegenüber der BZ ergänzt sie: „Ich sehe viele Chancen in der EU, zum Beispiel, dass wir den Impfstoff gerecht verteilen, dass wir zusammenhalten. All das trägt dazu bei, die Krise zu überwinden.“
Der Preis für das bewegende Werk war bisher „nur“ ein Zertifikat. „Aber es kommt noch irgendwas an die Schule, wir wissen nur noch nicht genau was“, sagt Cecilia Staudenmaier.
„Digital EU – and you!“: Der Wettbwerb und erfolgreiche „Lichtis“
Beim 68. Europäischen Wettbewerb „Digital EU – and you!?“ konnten sich Schüler kreativ mit den digitalen Themen der aktuell krisengeschüttelten Zeit beschäftigen: Was macht das Miteinander in einer zunehmend digitalisierten Welt aus? Allein 8620 Teilnehmer in Baden-Württemberg setzten ihre Gedanken dazu in Bildern, Collagen, Plakatkampagnen, Videos, Podcasts, Poetry Slams, Gedichten, Liedern oder Texten um. Eine zwölfköpfige Landesjury bewertete die Vorschläge. Weitere Schülerinnen des Lichtenstern-
Gymnasiums Sachsenheim waren (LGS) erfolgreich: Einen Landes- und einen Bundespreis erhielt Emily Adams. „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ – die von Reinhard Mey besungene Sehnsucht nach Freiheit verbindet Emily Adams mit der scheinbaren Freiheit im grenzenlosen World Wide Web, dessen Nutzer als Gefangene eines exzessiven Digitalkonsums immer mehr Freiheit verlieren. In der Sonderkategorie „Rede über Europa“ wurde Emily Adams Landessiegerin und auf Bundesebene mit der Teilnahme an einem kreativen Europaseminar ausgezeichnet. Die Sechstklässlerinnen Aarna Maurya und Carla Bauer wurden für Ihre Beiträge je mit einem Ortspreis ausgezeichnet.
Auf Landesebene koordiniert das Europa-Zentrum Baden-Württemberg den Europäischen Wettbewerb. Seit den Gründungsjahren der EU werden Themen wie Demokratie, Toleranz, Menschenrechte, Schutz von Minderheiten oder kulturelles Erbe aufgegriffen. „Gerade in Zeiten einer befremdlichen Abkehr von europäischen Werten sind Wettbewerbe dieser Art hilfreich, den Gedanken an ein geeintes und friedvolles Europa zu erneuern und zu stärken“, meint Lehrer Andreas Bürger, der den Wettbewerb am LGS betreut. Die Beiträge von Cecilia Staudenmaier und Emily Adams sind online einsehbar.
www.evlgs.de
www.europaeischer-wettbewerb.de