Die Bönnigheimer Sporthalle wird zum Publikumsmagnet am Samstagabend. Vor allem die Jugend der evangelischen Kirchengemeinde Bönnigheim hatte Kopfstände gemacht und viel dafür gebetet, dass es klappt und diese ganz besondere Begegnung mit Samuel Koch und seiner Frau Sara zustande kommt.
Samuel Koch in Bönnigheim Jeder Tag eine Herausforderung
Redner und Schauspieler Samuel Koch füllt die Sporthalle in Bönnigheim auf Initiative der evangelischen Kirchengemeinde. Koch nahm 2010 als Wettkandidat in der ZDF-Sendung „Wetten, dass…?“ teil und verunglückte tragisch.
Samuel Koch ist leider durch einen tragischen Unfall „berühmt“ geworden. Er nahm am 4. Dezember 2010 mit 23 Jahren als Wettkandidat in der ZDF-Sendung „Wetten, dass…?“ teil und verunglückte beim Versuch fünf Autos, die ihm entgegenfuhren, zu überspringen mit seinen Sprungstiefeln. Den vierten Wagen fuhr damals ausgerechnet sein Vater, und genau da stürzte Samuel Koch und ist seither querschnittsgelähmt. Doch anstatt sein Schicksal als Endstation zu begreifen tritt Koch seit Jahren als Redner, Motivator und Schauspieler auf. Als Ratgeber versteht er sich nicht, denn Ratschläge können bekanntlich auch Schläge sein und dessen ist er sich bewusst.
Vier Frauen planten den Abend
Vier junge Frauen Annalena Matthäus, Tabea Härtner, Rahel Stegmaier und Franziska Herre haben den Abend gemeinsam organisiert. „Vor zwei Jahren kam Rahel Stegmaier die Vision in den Kopf, Samuel Koch nach Bönnigheim zu holen. Sie hat uns mit ihrer Energie und Euphorie angesteckt“, erklärt Mattäus bevor Koch im Rollstuhl unter tosendem Applaus ans Mikrophon kommt. Am Nachmittag gestaltete Koch bereits eine Begegnung für Kinder in Bönnigheim. Abends dann in der Sporthalle widmet er sich den Erwachsenen.
Koch fragt als erstes: „Was glauben Sie? Ist nicht der Glaube das, was den Zweifel am Ende überlebt und am Leben hält. Und wäre das nicht das Ende, der Glaube ohne den Zweifel?“ Er habe an vieles geglaubt und an sehr vielem gezweifelt. „Stärker noch: Ich habe an allem gezweifelt, woran ich jemals geglaubt habe und wissen Sie was ich entdeckt habe? Der Mensch handelt öfter aus Zweifel als Glauben.“ Glauben brauche keine Aktion, Zweifel schon. Glauben wolle man behalten, und Zweifel wolle man loswerden, und dafür müsse man etwas tun. „Manche denken, wer nichts tut, kann auch nichts falsch machen. Aber auch nichts richtig.“
Sich das Leben erleichtern
Weiter fragt Koch in die Runde, wer es sich gerne schwer mache im Leben. Seit der Erfindung der Speerspitze trachteten die Menschen immer danach, sich das Leben leichter zu machen. Das reiche von der ersten Dampfmaschine bis zur Erfindung des Touchmechanismus. „Damit kann ich mit meinen toten herunterhängenden Tintenfischtentakeln auch auf meinem Touchdisplay mit der Welt kommunizieren“, scherzt Koch.
Er spricht weiter davon, dass sich gute Werte wie Freundschaft, Nächstenliebe und Ehrlichkeit nicht auf Google Maps finden. „Kann man nur dann glücklich sein, wenn die Umstände stimmen?“, fragt er weiter. „Nein, oft sind wir gerade dann glücklich, wenn etwas Schweres vorausging, das wir bewältigt haben“, stellt er fest. Koch denkt an sein Schauspielstudium nach seinem Unfall. Dafür bekam er viele Steine in den Weg gelegt, da kaum ein Mensch mit Handycap vor ihm zu einem Schauspieldiplom kam.
Sprachnachrichten stehen laut Koch exemplarisch für die beschleunigte Zeit: „Je reicher wir an Technologien werden, desto ärmer werden wir an Zeit, paradoxerweise. Je leichter wir uns das Leben machen, umso schwerer ist es, damit klar zu kommen.“
Der Abend wird durch Kochs Erzählungen nicht zum Klagelied. Vielmehr spricht er darüber, was ihn heilt: Die Liebe zu seiner Frau und zu den Menschen. Die Liebe als stärkstes Band auch zwischen ihm und Gott. Samuel Koch und seine Frau Sara leben in der Musikstadt Mannheim. Sara Koch arbeitet dort an ihrer Singer/Songwriter-Karriere. Den ganzen Abend über plaudert Samuel Koch aus dem Nähkästchen. Er vermittelt, was ihm hilft, ihn heilt und lässt es jedem frei, davon zu profitieren. Immer wieder streut Sara Koch eigene Lieder ein und am Ende donnert minutenlang der Applaus als Anerkennung für zwei, die ihr Schicksal täglich neu als Herausforderung begreifen.
Susanne Yvette Walter