Der Schleusenwärter hat den Neckar im Blick Gunter Roth und das Hochwasser

Von Susanne Yvette Walter
Gunter Roth an seinem Arbeitsplatz, der Schleuse in Besigheim.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Hoch oben in der Schleuse hat Schleusenwärter Gunter Roth einen Blick auf überspülte Uferabschnitte und einen Neckar im Ausnahmezustand.

Wenn Neckar und Enz sich in reißende Wildwasserflüsse verwandeln, dann öffnen die Schleusenwärter in Besigheim die Schleusenkammern, damit die tosenden Wassermassen so schnell es geht weitergeleitet werden. „Wir sind normalerweise zu 80 Prozent für die Schifffahrt zuständig, das heißt: Wir müssen eigentlich den gleichen Wasserstand auf dem Neckar halten“, beschreibt Schleusenwärter Gunter Roth die Normalsituation auf dem Neckar.

Doch aktuell ist Hochwasser angesagt, stattliche 4,24 Meter waren es vor zwei Tagen, dann geht es um andere Dinge. „Die Schifffahrt wird hier bei einem Pegel von 3,30 Metern eingestellt. Das ist der sogenannte HSW, der höchste schiffbare Wasserstand“, erläutert Roth, der seit vielen Jahren die Besigheimer Schleuse bewacht, steuert und das Geschehen am Fluss kontrolliert. Bei Hochwasser gibt’s nur eins: „Wir müssen das Wasser abführen bis zur nächsten Schleuse.“ Das heißt: Schleusen auf und zwar alle drei Schleusentore.

Kein extremes Hochwasser

„Im Sommer sind die Schleusentore geschlossen, wenn es nicht gerade extrem geregnet hat. Dann geht das normale Wasser über das Kraftwerk zur Energiegewinnung ab. Doch pro Winter gibt es mindestens zwei bis dreimal Hochwasser, wie jetzt zur Zeit“, erklärt der Schleusenwärter. Und dabei ist das aktuelle Hochwasser nicht einmal extrem.

Roth und seine Kollegen sind  bei einer Bundesbehörde angestellt, dem Wasser- und Schifffahrtsamt. Gunter Roth weiß ganz genau, wann es ein Fahrverbot für Schiffe gibt „Wir halten die Fahrrinnentiefe in der Regel bei 2,80 Metern. Die Grenze von 3,30 Metern der Schiffbarkeit muss deshalb eingehalten werden, weil die Schiffe sonst zu hoch werden und zum Beispiel an Brücken hängen bleiben können“, erklärt der Schleusenwärter. Außerdem führen Flüsse bei Hochwasser extrem viel Treibgut mit sich. Auch das macht das Navigieren schwierig bis unmöglich.

Mit dem Bagger Äste schaufeln

Deshalb hilft bei Hochwasser nur eins: Gunter Roth und seine Kollegen holen den Bagger und schaufeln so viele Äste und Zweige, Bretter und sogar ganze Baumstämme aus dem Wasser. „Das alles wandert in einen Container und kommt in die Müllverbrennung“, erklärt Gunter Roth weiter. Er selbst bremst auch die Neckarschiffer aus, wenn die Pegelgrenze überschritten ist. „Bei Fahrverbot auf dem Neckar müssen sie an der Schleuse anlegen und dürfen erst weiterfahren, wenn die Pegelstände wieder gesunken sind“, macht Roth deutlich. Deshalb haben nahezu alle Schiffer, die den Neckar passieren, zumindest ein Fahrrad an Bord, die meisten sogar ein Auto. „An vielen Schleusen kann man das Auto ans Ufer holen. Wer nicht so weit weg wohnt, kann dann sogar nach Hause fahren und sein Schiff festgetäut liegen lassen“, erzählt Gunter Roth weiter.

Grundsätzlich ist die Besigheimer Schleuse mit fünf Mann besetzt. Sie arbeiten im Schichtbetrieb, sodass die Schleuse an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden lang schiffbar ist. „Ich habe jetzt schon mindestens dreimal Weihnachten hier oben verbracht“, kommentiert Roth den Schichtbetrieb. Wenn das Hochwasser langsam zurückgeht, wie zur Zeit, kommen an der Schleuse in Besigheim die Stangen ins Spiel. Mehrere Meter lange Metallstangen werden ins Wasser gelassen, um auszuloten, ob sich durch die starken Wasserbewegungen an der Oberfläche Untiefen gebildet haben. An Untiefen bildet das Wasser Wirbel und Strömungen.

„Wenn die Stangen beim Schieben über den Untergrund einknicken, ist das ein Zeichen für eine Untiefe. Der Kollege fährt dann ein paarmal hin- und her und fühlt, was der Grund für die Unebenheit am Boden ist. „Es könnte ja auch mal ein Auto sein, das hier einer entsorgt hat“, fällt ihm ein.

 
 
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