Schüler im Kreishaus Ludwigsburg Gefühle in jedem Wort

Alles ist wie vor der Pandemie: Eltern, Freunde und die besten Vorleser ihrer Schule treffen sich im Kreishaus Ludwigsburg. An drei Tagen setzt der Vorlesewettbewerb des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Zeichen. Er fördert Vorlesetalente und gibt Kindern ein Podium, die heute oft gegen den Strom schwimmen. Während viele Klassenkameraden nie ein Buch zur Hand nehmen, versinken diese Kinder in anderen Welten, in fantastischen oder realen, in Traumwelten oder Abenteuern.

Landrat Dietmar Allgaier bescheinigt den Schulsiegern im Vorlesen: „Lesen macht reich an Ideen.“ 17 Kinder kommen zum ersten Wettbewerbstag am Montag. Alle sind aus der sechsten Klasse in Gymnasien, Realschulen und Gesamtschulen aus der Region „Ludwigsburg West“. Dazu gehören Bönnigheim und Sachsenheim, Ditzingen, Gerlingen, und Vaihingen. Zehn Mädchen und sieben Jungen treten einzeln mutig aufs Podium und stellen in kurzen Worten ihr Buch vor.

Konzentration auf drei Minuten

In drei Minuten holen die Schulsieger alles an Betonung, Präzision und Spannung aus einer selbst ausgesuchten Stelle in ihrem Lieblingsbuch heraus. Ihr Ziel: Es muss knistern im Raum vor Spannung. Alle Zuhörer halten den Atem an und jeder bekommt unweigerlich Lust, das Buch zu lesen. Elias Bommer, zwölf Jahre von der Sophie-La-Roche-Realschule in Bönnigheim erzählt: „Ich habe mir überlegt, wie ich eine schöne Begrüßung mache und wie ich das Buch vorstelle, damit jeder weiß, um was es geht. Ich lese sehr viel, jeden Tag besonders am Wochenende. Da habe ich Zeit. Meine Freunde sind oft nicht so begeistert vom Lesen, glaube ich.“ Elias kommt aus einer lesefreudigen Familie. Harry Potter ist sein Favorit. Zur Zeit liest er Percy Jackson, weil er gehört hat: Wer Harry Potter mag, der mag auch Percy Jackson und Abenteuergeschichten. Am Computer verbringt Elias Bommer nur eine halbe Stunde am Tag. „Da achten meine Eltern sehr drauf“, erzählt er.

Anton Busch aus Sachsenheim vom Lichtenstern-Gymnasium lässt aufhorchen: Die Art, wie er sein Publikum begrüßt mit Charme und einem Lachen um die Lippen öffnet ihm Türen. Anton traut sich, Gefühle aufflackern zu lassen. Er reißt die Augen auf und ist ganz bei Krabat von Ottfried Preußler, der gerade seinen Freund Tonda verliert, weil der Meister der beiden Müllersgesellen einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat und das unter den Müllersburschen ein neues Opfer fordert.

„Tonda“, ruft Anton Busch und alle leiden mit dem Knaben, der den Freund gehen lassen muss. Anton schafft es, Gefühle in die Worte zu packen. Er hat eine fast schon professionelle Weite im Phrasieren seiner Sätze. Sein Vorlesen gleicht in der Dynamik und Dramaturgie einem Musikstück. Sein Gespür, wann was dran ist, trügt ihn nie.

Das bemerkt natürlich die Jury, bestehend aus Autor Günther Bentele, Schulrätin Denise Schwarzwälder-Kienzle, Sandra Eichert von der Bücherei Bietigheim-Bissingen, Bettina Schwegler von der Bücherei Pleidelsheim und Heidrun Zultner, Bibliotheksleiterin in Asperg. Am Ende trägt Anton den Sieg davon, vor Matthilda Braun vom Robert-Bosch-Gymnasium aus Gerlingen und und Silas Hertlein vom Gymnasium in der Glemsaue in Ditzingen.

Knappe Juryentscheidung

Die Entscheidung war knapp. Die Jury hat lange miteinander gerungen. Die besten drei mussten zusätzlich einen Fremdtext lesen, den sie nur kurz überflogen haben. Es verhaspelte sich keiner. Der Vortrage blieb flüssig. Übung macht den Meister: „In der ersten Klasse habe ich angefangen mit kleinen Büchern, ab der dritten wurden sie dicker. Es macht mir Spaß, in eine andere Welt zu tauchen. Ich kann abschalten“, bringt es Line Kaden vom Alfred-Amann-Gymnasium Bönnigheim auf den Punkt.

Sieger des Kreiswettbewerbs dürfen beim nachfolgenden Bezirksentscheid antreten.

  Susanne Yvette Walter