Schulsozialarbeiterin berichtet Risse in der „heilen Schulwelt“

Von Birgit Riecker
Corona hat das Schulleben auch am Bönnigheimer Schulzentrum durcheinandergewirbelt und laut Schulsozialarbeiterin Lea Mickler neue Probleme geschaffen.⇥ Foto: Werner Kuhnle

Flexibilität und Kreativität sind in der Schulsozialarbeit weiterhin gefragt, erklärte Schulsozialarbeiterin Lea Mickler in ihrem Bericht von dem Bönnigheimer Verwaltungsausschuss.

Schaut man genauer hin, bekommt die „heile Schulwelt“ im Bönnigheimer Schulzentrum ganz schöne Risse. Schulsozialarbeiterin Lea Mickler berichtete dem Verwaltungsausschuss von sexuellen Übergriffen zwischen Schülern, Mobbing in den sozialen Medien und von Schülern, die von „sehr dunklen Gedanken“ geplagt werden.

Für diese extremen Probleme bietet die Fachfrau am Alfred-Amann-Gymnasium und an der Sophie La Roche-Realschule Hilfe an. Damit die Einzelfallhilfe in Notfällen immer seltener benötigt wird, arbeitet Lea Mickler zudem viel mit Präventionsangeboten. Sie installiert Klassenräte, die demokratisch entstandene Konflikte lösen, gestaltet einen Quiz-Adventskalender, unterstützt bei Theaterprojekten und organisiert Spiele in der Mittagspause. Durch ihre stete Präsenz ist sie den Schülern vertraut und eine gute Ansprechpartnerin.

Daneben gibt Lea Mickler aber auch den Eltern, der Schulleitung sowie den Lehrerinnen und Lehrern Hilfestellungen. Doch Corona hat das Schulleben durcheinandergewirbelt und neue Probleme geschaffen. Manche Schüler konnten sich nicht mehr richtig organisieren. Es gab Stress im Elternhaus, die Online-Schule überforderte, das gewohnte Umfeld fehlte. „Wir waren zwar immer telefonisch erreichbar, organisierten kleine Aktionen und Spiele oder eine Stadttour“, erklärte Mickler. „Aber es war sehr herausfordernd.“ Flexibilität und Kreativität waren gefragt und werden es auch weiterhin bleiben, stellte die Schulsozialarbeiterin fest.

Auch Bürgermeister Albrecht Dautel hofft, dass die Schulen geöffnet bleiben können. „Nur so ist eine persönliche Betreuung und kontinuierliche Sozialarbeit möglich“, betonte er. Sobald wie möglich sollen die Gesellschaftsspiele in der Mittagspause wieder eingeführt werden. Einen stufenübergreifenden Mädchenkreis soll es geben und das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wird am Gymnasium weitergeführt, sobald es wieder möglich ist.

Fest im Auge hat Lea Mickler die zusammen mit den Schulleitungen gewählten Themen gewaltfreie Kommunikation, Umgang mit Stress, Teambildung, Grenzen erkennen und wahren sowie Lebens- und Zukunftsplanung. Stadträtin Dorothea Bechtle-Rüster (SPD) hofft, dass die Schulsozialarbeit trotz des geringen Umfangs weiter gelinge. Für die offene Jugendarbeit kann sie sich eine Verstärkung durch eine FSJ-Kraft vorstellen.

Tobias Dobler, Fachbereichsleiter der Diakonischen Jugendhilfe Heilbronn (DJHN), vertrat Jennifer Rau, die seit September für die Schulsozialarbeit an der Ganerbenschule verantwortlich ist. Auch hier brachte Corona vieles durcheinander. Neben der sozialen Gruppenarbeit, beispielsweise mit Handpuppe Benni, sei die Einzelfallhilfe bei Verhaltensauffälligkeiten, Unterrichtsstörungen, Konfliktlösungen, Schulproblemen, oder die Abklärung, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, im Mittelpunkt der Schulsozialarbeit gestanden.

Mahnende Worte

„Die Schule hat sich durch Corona verändert“, erklärte Tobias Dobler. „Den Jugendlichen fehlt ein Teil der Balance.“ Sie hätten verstärkte Probleme mit Gewalt und im sexuellen Umgang. „Die Schere zwischen den Jugendlichen geht immer weiter auf. Wir müssen aufmerksam sein“, mahnte er. Im Online-Unterricht würden zudem etliche Schüler abgehängt. „Erste Studien zeigen, dass der fehlende Kontakt für Jugendliche psychisch belastend ist und bis hin zu Selbstmordgedanken führen kann“, erläuterte er.

Die Jugendlichen seien bei der Verordnung der Schutzmaßnahmen oft nicht mitgenommen oder gar gehört worden. „Sie tun sich sehr schwer mit der Verselbständigung“, führte er aus. Das zu beobachten und dem entgegen zu wirken sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die DJHN bilde ihre Mitarbeiter in diesem Sinne weiter und biete auch Informationsmaterial hierzu an.

 
 
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