Schwaben wissen wo das Tor steht Schäfer und Schiller im Höhenflug

Von bzh
Routinier Christian Schäfer von der SG BBM Bietigheim führt die Torschützenliste der Zweiten Bundesliga an. Der Rechtsaußen erzielte bisher 219 Saisontore. ⇥ Foto: Mathias M. Lehmann

Der Rechtsaußen der SG BBM Bietigheim und der Linksaußen von Frisch auf Göppingen führen in der Zweiten und Ersten Bundesliga die Torschützenliste souverän an. Und die beiden Schwaben verbindet viel.

Die Robert Lewandowskis des Handballs sind bodenständige Schwaben. Marcel Schiller von Frisch Auf Göppingen führt die Torschützenliste der Bundesliga an, Bietigheims Christian Schäfer ist der erfolgreichste Goalgetter der 2. Liga. Der Göppinger Linksaußen hat nach 33 Partien 240 Treffer auf seinem Konto, kommt im Schnitt auf 7,3 Tore. Für den SG-Rechtsaußen stehen nach 31 Spielen 219 „Buden“ (Mittelwert 7,1) zu Buch.

Von der Wurfhand und ihrer Statur her sind der 1,89 Meter große, 93 Kilo schwere Göppinger und der dagegen eher filigran wirkende Bietigheimer (1,81 Meter, 82 Kilo) verschieden. „Aber sie haben viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede!“ Das sagt einer, der es wissen muss. Hartmut Mayerhoffer trainierte Schäfer von 2013 bis 2018 bei der SG. Danach wechselte er zu Schillers Klub ins Filstal.

Mayerhoffer schwärmt

Kommt Mayerhoffer auf die Fähigkeiten der beiden Torjäger zu sprechen, wird der erfahrene Coach fast schon euphorisch. „Das sind zwei Spieler, die technisch enorm versiert sind, ein gutes Handgelenk haben, starke Gegenstöße laufen. Im Abschluss, sei es von außen oder der Siebenmeterlinie, sind sie sehr, sehr sicher. Beide zeichnen sich durch große Professionalität aus, sind sehr fokussiert, bereiten sich gut vor und arbeiten ständig an ihren Wurfvarianten – das hat sie auf ihr Top-Level gebracht“, analysiert der derzeitige Frisch-Auf-Trainer.

Dazu passt das Nervenkostüm. „Sie haben über Jahre hinweg gelernt, mit viel Druck umzugehen“, weiß Mayerhoffer, der auch die private Seite der beiden Routiniers nicht vergisst. „Das sind im normalen Leben sehr angenehme, entspannte Zeitgenossen, geerdete Familienväter. Auf dem Spielfeld bringen sie aber eine ungeheure Emotionalität mit.“

Mit 32 ist der aus Kleinbottwar stammende Linkshänder Schäfer drei Jahre älter als der im Ermstal aufgewachsene Rechtshänder Schiller. Auf dem Handballparkett gab es keine regelmäßigen Duelle, weil ihre Teams oft in verschiedenen Ligen unterwegs waren. Spielte Schiller aber mit Neuhausen oder Göppingen gegen die SG BBM Bietigheim, stand er Schäfer positionsbedingt stets direkt gegenüber. Selbst für den heutigen Nationalspieler keine leichte Aufgabe. „Chris zeigt von Jahr zu Jahr seine Klasse. Es wundert mich, dass er nicht schon lange dauerhaft in der 1. Bundesliga spielt.“

Schiller ist vor allem der letzte Vergleich unterm Hohenstaufen im Gedächtnis geblieben. Aber nicht wegen des Spiels: „Am Tag davor wurde mein Sohn geboren. Handball war da Nebensache.“ Den gegenseitigen Respekt teilt Schäfer: „Marcel ist ein kompletter Außen mit unglaublichen Wurfvarianten. Eine davon hätte ich gern von ihm. Wie er im Sprung mit dem seitlich ausgestreckten Arm einen Dreher über den Boden antäuscht, dann aber den Ball aus dem Handgelenk über die Fingerspitzen abrollen lässt und ihn über den Torhüter ins Netz legt, das ist einzigartig“, schwärmt der Bietigheimer.

Bietigheims Frauentrainer Markus Gaugisch hatte den damals gerade der Jugend entwachsenen Schiller von 2009 bis 2012 beim TV Neuhausen/Erms in der 1. und 2. Bundesliga unter seinen Fittichen. „Marcel hatte schon immer ein wahnsinniges Händchen, aber im Unterschied zu Chris Schäfer auch eine mega Wumme im Arm, weil er in der Jugend nur Rückraum gespielt hat“.

Schiller bescherte Gaugisch einige seiner im wahrsten Sinn des Wortes aufregendsten Trainermomente: „Mit seinen Risikoaktionen hat er mich manchmal wahnsinnig gemacht. Aber es spricht für ihn, dass er es beibehalten hat und damit erfolgreich ist.“

Seine Treffsicherheit will Schiller auch in Tokio unter Beweis stellen: „Die Teilnahme an den Olympischen Spielen ist ein Traum und wäre definitiv mein Karrierehöhepunkt.“ Nach langer Zeit im zweiten oder gar dritten Glied hinter Uwe Gensheimer wurde der ausgebildete Physiotherapeut in diesem Jahr zur deutschen Nummer eins auf dem linken Flügel. Bei der WM in Ägypten und der erfolgreichen Olympia-Qualifikation in Berlin war er bester Werfer im Team von Alfred Gislason. Aktuell stehen 20 Spiele mit 89 Toren in Schillers Länderspielbilanz.

Nationalmannschaftseinsätze kann Schäfer, der mit Public Management und den Wirtschaftswissenschaften zwei Studiengänge abgeschlossen hat, nicht vorweisen. Dafür aber eine Weltmeisterin: Seine Frau Kira, geborene Eickhoff, gewann 2008 bei der U20-WM den Titel mit dem deutschen Team.

 
 
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