Schüsse krachten am vergangenen Samstagnachmittag über Erligheim. Nur wenige hundert Meter vom Rathaus stieg Pulverdampf auf, die Druckwelle spürte man noch einige Meter von den Geschützen entfernt. Gegen das ohrenbetäubende Krachen der Salven waren Ohrenstöpsel verteilt worden, denn zu Schaden kommen sollte niemand – diesmal.
Schwarze Jäger Erligheim Spezialeinheit von Förstern und Wilderern
Seit 25 Jahren pflegt der Verein der Schwarzen Jäger das Brauchtum – und die Erinnerung an ein Kapitel der Militärgeschichte.
Vor 225 Jahren war das anders: Damals wurden die Vorderladerkanonen, die Kartuschenkanonen, die Hand- und Schaftböller sowie die Lanzenböller gegen die Franzosen gerichtet. Die mörserähnlichen Standböller für 90-Millimeter-Geschosse, die am Samstag Rauchsäulen viele Meter hoch in den Himmel schossen, wurden eher für zivile Zwecke – Brauchtum und Hochzeiten – eingesetzt.
„Schützen, die auch treffen“
1799, die deutschen Länder wurden von den französischen Revolutionsheeren bedroht, wurde per Dekret Herzog Friedrichs von Württemberg am 6. Oktober in Stuttgart die Fußjägerkompanie von Scharffenstein aufgestellt und als Flügelkompanie dem Grenadierbataillon von Zobel zugeteilt. 300 Mann war die Fußjägerkompanie stark, vier von ihnen kamen aus Erligheim.
Förster aber auch Wilderer wurden damit zu den Waffen gerufen – das Ziel war eine besondere Einheit von „Schützen, die auch treffen“, erklärt Siegfried Bähr, also Schützen, die nicht in den damals üblichen Formationsreihen vorrückten, sondern mit ihren Steinschlossgewehren das Ziel einzeln anpeilten. Die grüne Uniform mit dem schwarzen Aufklapp und dem schwarzen Hut, auf dem ein F II an ihren kurfürstlichen Dienstherren erinnerte, machten sie zu den „Schwarzen Jägern“.
An dieses Kapitel der Geschichte Erligheims erinnert seit inzwischen 25 Jahren, gegründet also exakt 200 Jahre nach den Geschehnissen, der Schwarze Jäger 1799 e.V.. An „schöne 25 Jahre“ erinnert sich der Vorsitzende Wolfgang Binder. Ein Highlight sicher: Wie man 2006 die New Yorker Fifth Avenue runtermarschierte, als Teil der Steuben-Parade, die an den Deutschen erinnert, der als US-amerikanischer General die Kontinentalarmee erneuerte und zum Held des Bürgerkriegs wurde.
Viele Erlebnisse fanden in der Zeit statt: Biwaks wurden veranstaltet, man nahm, historisch kostümiert, an den Sachsenheimer Heimattagen teil, an Altennachmittagen, ebenso am Ferienprogramm, wo dieses Jahr eine Kanutour ansteht – und natürlich an den Böllertreffen, wo man im Sommer in Süddeutschland theoretisch jedes Wochenende auf eins gehen könne, so der Vorsitzende Binder, der mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Bähr dem 80 Mitglieder zählenden Verein vorsteht, zu dem sowohl Marketenderinnen und Fußjäger-Kompanie als auch Böller- und Schlepper-Kompanie gehören.
Teilnehmer aus ganz Deutschland
Teilnehmer aus Baden, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen und Bayern waren so auch am Samstag in Erligheim zu Gast und zeigten ihr Können: gemeinsamer Salut, Gruppensalut, langsames und schnelles Reihenfeuer, Nachschießen. Für die abgefeuerten Waffen haben sie natürlich alle einen Waffenschein, die Leidenschaft hat auch ihren Preis: zwischen fünf- und zehntausend zahle man für eine Kanone, zweieinhalb für einen Schaftböller.
Für die Außenwirkung Erligheims
„Leidenschaft fürs Brauchtum“ sei ihr Antrieb, sollte Binder später in seiner Festtagsrede festhalten. Aber darüber hinaus biete ihr Engagement auch die „Gelegenheit, die Außenwirkung unserer Heimatgemeinde über das Ländle hinaus zu stärken und neue Freundschaften zu knüpfen.“
Wie ging es aber mit den ursprünglichen Jägern weiter? Schon am 3. November 1799, kaum einen Monat Trainingszeit nach dem Dekret, nahmen sie am Gefecht bei Erligheim teil und warfen zusammen mit Grenadieren ohne eigene Verluste die Franzosen aus dem Ort. Nach dieser „Feuertaufe“, wie Binder und Bähr erzählen, wurde das Konzept der Scharfschützen/Guerillas fortgesetzt. Die vertriebenen Franzosen kehrten aber zurück und bald musste der nun als König inthronisierte Friedrich seine Jäger mit Napoleon nach Russland schicken.
Von dort kamen sie aber zu einem guten Teil wieder zurück und wandten sich schließlich in den Befreiungskriegen erneut gegen die Franzosen. Bis zum ersten Weltkrieg sollten sie schließlich weitergeführt werden. Im gleichnamigen Verein denkt man dabei nicht ans Aufhören: „Auf die nächsten 25 Jahre“, stieß Binder mit den Gästen am Samstagabend an.