US-Verteidiger verlässt nach Rassismus-Eklat die Ukraine und wechselt in die DEL Steelers angeln sich Smereck

Von Andreas Eberle
Jalen Smereck bestritt nur fünf Spiele für den HC Donbass. Nach einem Rassismus-Eklat löste er seinen Vertrag beim ukrainischen Meister auf und wechselt nun zu den Steelers. ⇥ Foto: Picture Alliance/Reuters

Der DEL-Aufsteiger aus Bietigheim verpflichtet einen 24-jährigen US-Verteidiger, der im September in der ukrainischen Liga zum Rassismus-Opfer wurde.

Auf dem Online-Fachportal Elite Prospects ist der schwarze US-Amerikaner Jalen Smereck in den vergangenen Tagen mit den Bietigheim Steelers in Verbindung gebracht worden – unter der Statusmeldung „Gerücht“. Seit Donnerstag ist die Personalie nun kein Gerücht mehr, sondern in trockenen Tüchern: Der 24-jährige Verteidiger unterschrieb beim DEL-Aufsteiger einen Vertrag bis zum Saisonende. Nach einem rassistischen Vorfall in der ukrainischen Liga entschied er sich, seinen bisherigen Klub HC Donbass Donezk nach nur fünf Partien wieder zu verlassen.

„Jalen soll unserer Verteidigung noch mehr Sicherheit und Tiefe geben. Er kommt zu uns, um wieder mit Freude Eishockey spielen zu können“, sagt Geschäftsführer Volker Schoch und traut dem Neuzugang auf Anhieb eine Führungsrolle zu: „Trotz seines noch jungen Alters sehen wir ihn in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Seine Persönlichkeit sowie sein Charakter passen hervorragend zu unserer Philosophie.“

Ob Smereck bereits an diesem Freitag (19.30 Uhr) im Heimspiel gegen die Iserlohn Roosters sein Debüt feiern wird, entscheidet sich kurzfristig. Zum einen lag laut Schoch am Donnerstag die Freigabe vom ukrainischen Verband noch nicht vor. Und zum anderen müssen alle Regularien erfüllt sein, die mit Corona zusammenhängen – also zum Beispiel zwei negative PCR-Tests im Abstand von mindestens 48 Stunden. „Sobald alle Maßnahmen vorschriftenkonform erledigt sind, stößt er zur Mannschaft“, sagt der Steelers-Boss.

Ende September geriet Smereck unfreiwillig in die Schlagzeilen: Bei einem Duell in der ukrainischen Liga zwischen dem HC Kremenchuk und dem HC Donbass wurde er zum Rassismus-Opfer. Gegenspieler Andrei Deniskin hatte ihn auf dem Eis beleidigt und dann so getan, als würde er eine Banane schälen und essen, worauf er von den Schiedsrichtern sofort suspendiert wurde. Der Skandal schlug hohe Wellen. Auch Luc Tardif, der neue Präsident des Weltverbands, meldete sich zu Wort: „Die IIHF verurteilt das Verhalten von Andrei Denyskin aufs Schärfste. Für eine so offen rassistische und unsportliche Geste ist in unserem Sport und in der Gesellschaft kein Platz.“

Rund 1600 Euro Strafe

Die Ukrainian Hockey League (UHL) sperrte Deniskin für drei Spiele plus weitere zehn Partien, bis er eine Geldstrafe von 50 000 Hrywnja (etwa 1635 Euro) zahlt. Smereck hatte derweil via Instagram angekündigt, nicht wieder in der Liga zu spielen, sollte Deniskin nicht auf Dauer aus dem Verkehr gezogen werden. Sein Verein HC Donbass, der ebenfalls eine höhere Strafe gefordert hatte, kam nun Smereck entgegen. Die Parteien einigten sich zu Beginn der Woche auf eine Vertragsauflösung. Das war die Chance für die Steelers. Erleichtert wurde der Personalcoup dadurch, dass der in Detroit geborene US-Amerikaner denselben Berater hat wie der finnische SCB-Abwehrspezialist Markus Kojo.

„Jalen ist ein läuferisch starker Verteidiger, der sehr gut in unser System passt. Wir hatten ihn bereits im Sommer auf dem Schirm, das hat uns die Verpflichtung jetzt viel leichter gemacht. Er passt zudem charakterlich zu 100 Prozent in diese Mannschaft“, sagt Trainer Daniel Naud über seinen Wunschkandidaten, der das Trikot mit der Nummer vier erhält.

Für Smereck sind die Steelers die zweite Station in Europa. Vor seinem Wechsel in diesem Jahr zum ukrainischen Meister hatte der 1,83 Meter große Linksschütze ausschließlich in Nordamerika gespielt. In der zweithöchsten Liga AHL lief er 67 Mal für die Tucson Roadrunners – das Farmteam der Arizona Coyotes – auf und verbuchte 14 Scorerpunkte, darunter vier Tore. In der drittklassigen East Coast Hockey League (EHCL) sammelte er bei 59 Einsätzen 48 Zähler und wurde 2019 fürs All-Star-Team nominiert. „Noch kann ich nicht viel sagen, außer dass die DEL zu den besten Ligen in Europa zählt. Über Bietigheim habe ich gehört, dass man hier sehr gut leben und Eishockey spielen kann“, lässt sich Smereck in einer Mitteilung der Steelers zitieren.

Gespräche laufen schon länger

Nachdem sich Kapitän Constantin Braun, Max Prommersberger (beide Leistenzerrung) und Guillaume Naud (Handbruch) verletzt haben, war die Riege der gelernten Stammverteidiger auf drei Akteure geschrumpft. Darum hatte der SCB kurzerhand auch Fabian Ribnitzky vom DEL2-Kooperationspartner Selber Wölfe zurückbeordert. Smerecks Verpflichtung ist laut Schoch aber keine Reaktion auf die aktuelle Personalnot in der Defensive: „Die Gespräche mit ihm und seinem Agenten haben wir bereits in der letzten Woche geführt, als wir noch gar nicht so viele Verletzte hatten. Wir haben immer gesagt, dass wir nach zehn Spielen Bilanz ziehen werden – und dann noch personell nachlegen, wenn wir Bedarf sehen.“

Letzte Infos zum Heimspiel gegen Iserlohn am Freitag

Nach zwei Siegen in Folge wollen die Bietigheim Steelers an diesem Freitag (19.30 Uhr) nun auch die Iserlohn Roosters rupfen. Der Klub aus dem Sauerland steht nach zehn Partien mit 18 Zählern auf Platz fünf. „Am Anfang der Saison haben viele Iserlohn unterschätzt. Auf dem Papier ist der Kader sehr gut besetzt. Das Team passt zusammen und funktioniert“, sagt SCB-Coach Daniel Naud. Große Stücke hält er vor allem auf zwei kanadische Stürmer: Kris Foucault, der in der Vorsaison mit Berlin Meister wurde, sowie den Ex-Mannheimer Luke Adam. Eine kleine Hoffnung hegt Naud auf ein Comeback von Constantin Braun. Wegen seiner Leistenzerrung hat der Kapitän bisher aber noch nicht trainiert. Sollte Neuzugang Jalen Smereck auflaufen können, kehrt Fabian Ribnitzky zum DEL2-Kooperationspartner Selber Wölfe zurück, der am Freitag (20 Uhr) in Heilbronn antritt.

 
 
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