Schwerpunkt Fasching Jede Urzelnmaske ist ein Unikat

Von Susanne Yvette Walter
Wilfried Goos aus Mosbach kommt aus Siebenbürgen, wo die Urzeln herstammen. Er gestaltet die Masken für die Sachsenheimer Urzelnzunft. Foto: Familie Goos

Der Mann hinter den Masken heißt bei der Sachsenheimer Zunft Wilfried Goos, kommt aus Siebenbürgen, und er macht aus jeder Maske ein Einzelstück.

Das eigentliche Zentrum der Urzelnzunft ist das Städtchen Agnetheln. „Ungefähr so groß wie Bietigheim-Bissingen“, Wilfried Goos, 40 Jahre alt, muss es wissen. Schließlich stammt er aus Siebenbürgen, lebt bei Mosbach und hat zufällig vor mehr als 25 Jahren entdeckt, dass es eine Urzelnzunft in Sachsenheim gibt, die die alten Bräuche hochhält. Hier wird das Brauchtum weitergepflegt, wie es Wilfried Goos von seiner Kindheit her kennt. Seit vielen Jahren ist er nun bei der Urzelnzunft in Sachsenheim der Mann, der neuen Mitgliedern die Maske aufs Gesicht setzt.

Die Zusammenarbeit ergab sich Anfang der 1990er-Jahre: Wilfried Goos erfuhr, dass in Sachsenheim „die Urzeln laufen“, sprich, dass hier eine großer Urzelnumzug stattfindet wie „bei mir zu Hause“. „Wir sind gleich nach Sachsenheim gefahren und haben gesehen, dass das vom Brauch her original wie bei uns ist.“ 1992 hat Wilfried Goos endgültig angedockt an die Sachsenheimer Urzeln und beschlossen, mit der ganzen Familie beim großen Umzug mitzulaufen, „weil das dem Heimatgefühl gleich ziemlich nah kam“, erklärt er und erinnert sich noch genau: „Das war sehr emotional ganz ähnlich wie in Agnetheln. Ich habe hier in Sachsenheim viele Leute wiedergesehen. Eine Riesenfreude war das.“ Sofort beschloss die ganze Familie Goos: „Das machen wir jetzt jedes Jahr. Das ist gigantisch.“

Gleich die erste Maske gelingt

Längst ist Wilfried Goos eines der rund 400 Mitglieder im Verein. „Da sind nicht nur Leute aus Siebenbürgen dabei. Die Zunft hat gut Fuß gefasst in Sachsenheim. Da laufen auch viele Sachsenheimer mit. Wer sich als Urzel berufen fühlt, schaut sich das an. Das ist eine Gefühlssache“, sagt der Urzel, „das kommt von tief, tief drin. Das ist nicht einfach so, dass man sich da ein Kostüm anzieht und eine Maske aufsetzt“, macht er deutlich. Bevor Wilfried Goos in den Verein kam, war Michael Knall der Herr der Masken. Anfang 2000 hat dann Dietmar Koch die kunstvolle Gestaltung der aufwendigen Urzelnmasken übernommen. Dieser wiederum kam auf Wilfried Goos zu, um ihm vorzuschlagen, doch gemeinsame Sache zu machen. Goos sollte die Herstellung der Masken übernehmen, und Dietmar Koch begann sich auf das Bauen von Original-Urzeln-Peitschen zu konzentrieren. Die erste Maske gelang Wilfried Goos gleich so gut, dass er sofort einen neuen Posten hatte – den des Maskenmachers.

„Ich frage erst einmal, wie sich derjenige seine Maske vorstellt und wie die Maske aussehen soll, mehr böse, mehr freundlich. Ich schreibe mir alles auf und schaue mir die Gesichtsform des Maskenträgers an. Entscheidend ist auch, was für ein Typ Mensch vor mir steht“, erklärt er. Dann setzt Wilfried Goos den Draht an und fängt an, ihn zurechtzuschneiden. „Das ist ganz feiner Maschendraht. Der wird in die alte Form von Michael Knall hineingedrückt, sodass sich die Form der Maske ergibt. Jetzt wird das Drahtgeflecht mit Spezialfarbe grundiert.“ Um den Draht wird ein Leder angenäht, so dass keine kleinen Drahtenden irgendwo herausschauen und jemand verletzen können. „Damit ist das Grundgerüst schon mal fertig“, beschreibt Wilfried Goos die ersten Schritte.

Eine Frau namens Ursula

Danach kommt das Tuch ins Spiel. „Ich habe da zwei spezielle Maßeinheiten, eine für Kinder, eine für Erwachsene. Dann werden die schwarzen Fransen auf das Tuch genäht mit dem roten Rand. Später kommt ein Fell an die Maske, das nicht unbedingt vom Kaninchen oder vom Fuchs stammen muss. „Wer kein echtes Fell möchte, zum Beispiel, weil er allergisch ist, bekommt ein künstliches. Damit haben wir kein Problem“, lässt Wilfried Goos wissen. Die Fellröhre wird auf die Drahtmaske genäht und schließlich kommen die Accessoires, die die Maske individuell machen: Hasenohren und Fuchsschwänze. Schließlich sollte jede Urzelmaske ein Unikat sein.

Ein Ritual bei der Maskenherstellung ist das Flechten des Zopfes aus Hanfseil. „Ich flechte den Zopf hinten mittig ans Tuch dran. Er soll aussehen wie ein Frauenzopf. Der Sage nach war die erste Urzel eine Frau namens Ursula. Sie hatte blonde lange Haare, die hinten heraushingen. Der Zopf soll das widerspiegeln“, erzählt Goos. Doch eigentlich sei der/die Urzel ein Mischwesen. Er betont, dass die Urzel auch männliche Attribute hat, einen aufgemalten Bart zum Beispiel. Viele Arbeiten sind notwendig, bis die Urzelnmaske fertig ist. „Da hängt mein ganzes Herz dran. Der schönste Lohn ist für mich, wenn ich Masken draußen auf der Straße sehe, die ich gemacht habe.“

 
 
- Anzeige -