Schwerpunkt Feuerwehren „Gaffer sind ein großes Problem“

Von Heidi Vogelhuber
Besonders durch Gaffer und zugeparkte Zufahrten werden Einsatzkräfte bei Einsätzen beeinträchtigt. Foto: Martin Kalb

Der stellvertretende Kommandant der Ludwigsburger Wehr, Hans-Peter Peifer, berichtet über Probleme bei Einsätzen.

Neben Flammen, Rauch und Gasaustritt müssen sich Feuerwehrleute nicht selten auch mit anderen Problemen auseinandersetzen: Zugeparkten Einfahrten, Gaffern und Rowdys.

„Inzwischen gibt es in Ludwigsburg spezielle Abschleppaktionen“, berichtet der stellvertretende Kommandant der Ludwigsburger Feuerwehr, Hans-Peter Peifer, im Gespräch mit der BZ. Diese Maßnahme fruchte, sagt Peifer. „Die Leute werden immer verruchter, Autos werden einfach irgendwo abgestellt“, sagt er. Gerade zu Großveranstaltungen werde daher verstärkt durch solche Aktionen reagiert. „2019 waren es nur noch sechs Autos, die während des Weihnachtsmarkts entfernt werden mussten“, sagt er. In den Jahren zuvor sei die Zahl deutlich höher gewesen.

Zugeparkte Zufahrten

Bei enger Bebauung, etwa in Oßweil im Bereich der ehemaligen Flakkaserne, sei das Zuparken der Zufahrten problematisch. „Bevor wir die Polizei kommen lassen, verteilen wir erst Flyer zur Vorwarnung“, so Peifer. Laut Baurecht darf der Weg, den die Feuerwehrleute die Wasserschläuche tragen müssen, maximal 80 Meter betragen.

Ein anderes Ärgernis, das in den letzten Jahren massiv zugenommen habe, seien Gaffer, sagt Peifer, der seit 1976 Mitglied der Feuerwehr ist und seit 1979 hauptamtlicher Feuerwehrmann. „Im Kreis Ludwigsburg haben wir zwei sogenannte Gafferwände. Eine in Möglingen und eine in Freiberg“, sagt Peifer. Das seien 20 Meter lange, in wenigen Minuten aufblasbare Wände. Auch die Stadt Ludwigsburg habe eine solche Sichtschutzwand, jedoch keine aufblasbare, das gehe aber auch recht schnell. Zuletzt kam diese bei dem Küchenbrand in einem Grillrestaurant in der Solitudestraße Mitte Oktober zum Einsatz. „Es sind bestimmt 50 Handys gezückt worden“, erinnert sich der Brandamtmann, der in seiner Karriere schon mehrere tausend Einsätze gefahren ist, wie er berichtet. „Kleine Fehler können immer passieren, wir wollen das nicht vertuschen. Aber durch die Filmerei wird eine Show draus gemacht. Das ist eine Katastrophe“, sagt der Feuerwehrmann. Auch bei dem schweren Unfall am Engelbergtunnel im August, bei dem ein 60-jähriger Smart-Fahrer ums Leben gekommen ist, sei eine Gafferwand nötig gewesen.

Auch wenn der stellvertretende Kommandant der Barockstadt durchaus einen Zuwachs von Respektlosigkeiten verbaler Art feststellen muss, kann er sich an keinen körperlichen Übergriff auf einen Ludwigsburger Feuerwehrmann erinnern.

„Früher war der Respekt vor einer Uniform noch groß. Heutzutage wird man schon ab und an respektlos angesprochen“, so Peifer. Jedoch bleibe das in der Barockstadt im Rahmen, vergleiche man die Situation mit jener in Großstädten wie Berlin oder Hamburg. In Berlin wurden zu Silvester in elf Stunden Einsatzzeit 24 Mal Einsatzkräfte angegriffen, vermeldet die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG). Seit einigen Monaten laufe eine Kampagne mit dem Titel „Respekt? Ja – Bitte!“, die auf die zunehmende Gewaltbereitschaft gegen Rettungskräfte aufmerksam machen und die Bevölkerung sensibilisieren soll, berichtet Peifer.

Keine Schulungen

Schulungen für die Einsatzkräfte, wie man sich in kritischen Situationen richtig verhalten soll, gebe es nicht, so Peifer. In seiner Zeit als Feuerwehrmann habe er viel gelernt und erlebt. Bislang sei er noch immer mit gesundem Menschenverstand und diplomatischem Verhalten durchgekommen. „Für die Nachsorge jedoch gibt es eine Notfallseelsorge“, sagt er. Diese sei besonders bei Suiziden unverzichtbar.

Trotz der Höhen und Tiefen sei es Peifers Traumberuf. „Ich möchte keinen Tag missen.“ Die Situation, wenn ihm auf die Schulter geklopft worden sei oder der Dank ausgesprochen wurde: „Das habt ihr toll gemacht“, entschädige für die wenigen Negativerlebnisse. „Anderen helfen macht einfach Spaß“, sagt er.

Info 2019 ist die Ludwigsburger Wehr circa 1200 Mal ausgerückt, berichtet Peifer. Das liege im Durchschnitt. Darunter seien jedoch tatsächlich wenig Brände gewesen. „Wir hatten viele Türöffnungen, Gasaustritte oder steckengebliebene Aufzüge“, resümiert Peifer.

 
 
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