Schwerpunkt Weihnachten Wunschzettel war ein Muss

Von Von Susanne Yvette Walter
Bewohner des Pflegeheims Sonnenfeld begutachten die Krippe der Einrichtung. Mit der BZ sprachen sie über Weihnachten.⇥ Foto: Martin Kalb

Bewohner des Pflegeheims Sonnenfeld in Sachsenheim und die junge Praktikantin sagen, wie sie das Fest erleben oder erlebt haben.

Vor Weihnachten da sitzen Bewohner des Pflegeheims Sonnenfeld in Sachsenheim beieinander und unterhalten sich mit einer Praktikantin aus der Pflegeeinrichtung nicht nur über Weihnachtsbräuche aus alter Zeit, sondern mehr noch über die Bedeutung und Wichtigkeit von Weihnachten heute.

„Das Wichtigste an Weihnachten war die Vorfreude auf die Geschenke und natürlich auf das Fest“, erzählt die 88-jährige Frau L. Die gebürtige Bietigheimerin ist in einem Haushalt mit zwei Geschwistern aufgewachsen. Sie selbst war die Älteste und musste Bruder und Schwester auch mal unter die Arme greifen. „Es war nicht alles so selbstverständlich wie heute. Der Weihnachtsbaum und die ganzen Vorbereitungen auf das Fest, das war noch etwas ganz Besonderes und ganz anders als heute.“ Sie erinnert sich noch genau, wie das Wohnzimmer abgeschlossen wurde, und die Erwachsenen dann hinter verschlossener Tür aufwändig den Baum geschmückt haben: „Wir mussten in der Küche warten, bis irgendwann endlich die Kerzen angezündet wurden und wir zur Bescherung gerufen wurden.“

Wunschzettel war wichtig

Zur Vorfreude auf Weihnachten gehörte in den 1930er-Jahren noch untrennbar das Schreiben eines Wunschzettels. „Da hat man sich genau überlegt, was man da draufschreibt und gehofft und gebetet, dass der Wunsch in Erfüllung geht“, erzählt sie, „Ich habe mir eine große Puppe gewünscht, eine ganz große. Das war schwierig. Deshalb ist der Wunschzettel auch gleich noch schön dekoriert worden.“

Lea, aktuell Praktikantin im Pflegeheim Sonnenfeld, lauscht gespannt. Dem jungen Mädchen ist die Vorstellung, einen Wunschzettel zu schreiben fremd. Auch mit der überdimensionalen Form der Vorfreude aufs Fest kann sie nicht wirklich viel anfangen. „Das Schönste an Weihnachten ist für mich immer noch der Tannenbaum. An Heiligabend, da gibt’s natürlich auch Geschenke, aber das ist ja normal und immer so.“ Die junge Frau freut sich mit am meisten auf das Schlittschuhlaufen am ersten Feiertag mit ihrer Familie.

Ganz anders lebte man früher weihnachtliche Rituale in Kasachstan, erzählt eine Bewohnerin. Als erstes schießt ihr der „Zuckerblooz“ in den Kopf, dem an Weihnachten eine zentrale Rolle zukam. „Der Zuckerblooz, das ist so ein spezieller Streuselkuchen, den es nur an Weihnachten gab.“ Am Heiligen Abend war in Kasachstan die Bescherung geknüpft. „Die Geschenke hat immer unsere Mutter verteilt und davor erzählt, dass der Weihnachtsmann sie gebracht hätte“. Geschenke seien aber früher „ein schwieriges Kapitel“ in Kasachstan gewesen. Die Dame weiß noch genau, wie aus alten Matrazenbezügen neue Kleider genäht wurden und wie sie sich als Kind über so ein Kleid gefreut hatte. „Wir haben immer Sachen zu Weihnachten bekommen, die die Oma selbst gemacht hat“. In Kasachstan geistert neben dem Weihnachtsmann auch Väterchen Frost durch den Winterwald. Doch nicht etwa an Heilig Abend kommt er, sondern an Silvester. „Ich habe das Gefühl, früher waren diese Bräuche viel wichtiger als heute“, bringt die Dame es auf den Punkt.

Großes Schlüsselloch

Pflegeheim-Bewohnerin Frau E. kann zur Gesprächsrunde beisteuern, wie sie in Pommern unweit von Stettin aufwuchs. Sie feierte als Kind Weihnachten im kleinen Häusle mit dem großen Schlüsselloch in der Wohnzimmertür. „Da haben wir durchgespickelt, wenn die Geschenke unter den Baum gelegt wurden und konnten es wirklich kaum erwarten, bis die Tür aufging. Die Spannung war noch viel größer als sie das heute ist“, glaubt auch sie.

Praktikantin Lea gibt ihr recht. Für sie ist Weihnachten ein Familienfest, wo man das tut, was vielleicht das ganze Jahr zu kurz kommt: Sich mit der Familie treffen. Der ganze große Zauber um Weihnachten ist heute vielleicht schon Schnee von gestern.

Info Die Bewohnerinnen hatten darum gebeten, ihre Namen nicht zu veröffentlichen. Diesem Wunsch sind wir nachgekommen.

 
 
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