17 tote Tiere in Erligheim Kadaver sind entfernt

Von Jürgen Kunz
Mit Hinweisschildern, wie hier auf der Stalltür, hielt der Nebenerwerbslandwirt Fremde fern von seinem landwirtschaftlichen Anwesen im Erligheimer Ortsbereich.⇥ Foto: PETA

Auch vier Tage nach dem Fund von 17 Tierkadavern in verdreckten Ställen ist die Bevölkerung, allen voran der Bürgermeister, entsetzt. Das Veterinäramt hat dem Landwirt eine zehntägige Frist gesetzt.

Upate Freitag, 17 Uhr: 

Ein wenig erleichtert teilte Bürgermeister Rainer Schäuffele am Freitagmittag mit, dass die Tierkadaver aus dem bäuerlichen Anwesen in Erligheim abtransportiert sind.

Federführend bei der schwierigen Bergung der Tierkadaver waren der Maschinenring Rems-Murr-Neckar-Enz e.V. sowie der ehemalige Tierhalter und drei weitere Helfer. Den Abtransport übernahm der Zweckverband Tierische Nebenprodukte Neckar-Franken mit einem Mitarbeiter. Ebenfalls anwesend bei der rund vierstündigen Bergung war das Landratsamt Ludwigsburg – Fachbereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung – sowie der Fachdienst Umwelt/Gewerbe des Polizeipräsidiums Ludwigsburg.

Es wurden durch einen Bagger verschiedene Zugänge im Mauerwerk des Stalls geschaffen, sodass die Tierkörper über Bandschlingen mittels Minibagger und Teleskopradlader geborgen werden konnten, teilt Landkreis-Pressesprecher Dr. Andreas Fritz auf BZ-Nachfrage mit.

Die Tierkörper werden über den Verarbeitungsbetrieb Tierische Nebenprodukte Neckar-Franken (ztn Neckar-Franken) in Hardheim unschädlich beseitigt. 

Ursprungsmeldung: Am 20. April wurde das Veterinäramt des Landratsamts vom Polizeipräsidium Ludwigsburg telefonisch darüber informiert, dass in einer kleineren Tierhaltung eines Nebenerwerbsbetriebs in Erligheim 17 tote Schweine, Rinder und Hühner gefunden worden sind. Die Landkreisverwaltung informierte darüber am späten Freitagnachmittag (die BZ berichtete). Von „einem tiefen Schock in der Nachbarschaft und im Rathaus“ spricht Bürgermeister Rainer Schäuffele.

„Die Situation ist dramatisch“, sagt Schäuffele am Montag, jetzt sei es notwendig, die toten Tiere aus dem alten Gebäude herauszubringen. Drei Mitarbeiter der Gemeinde haben in Schutzanzügen inzwischen die total verdreckten Stallungen in Augenschein genommen, und Bürgermeister Schäuffele will in seiner Funktion als Ortspolizeibehörde Geruchsbelästigungen verhindern, aber auch „die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ gewährleisten. Eindeutig ist die Rechtslage für den Erligheimer Schultes, die Verantwortung liege beim Veterinäramt.

Schwierige Kadaverbergung

Es gelte jetzt, einen Weg zu finden, die toten Tiere aus dem Gebäude herauszubringen. Die Entsorgung der Rinder- und Schweinekadaver aus dem landwirtschaftlichen Betrieb gestaltet sich sehr schwierig, sagt Landkreis-Pressesprecher Dr. Andreas Fritz auf Nachfrage. Sie seien aufgrund ihrer Lage und Stallkonstellation schlecht erreichbar. Die Stadt- und Landkreise sind in Baden-Württemberg für die Abholung und Beseitigung von Tierkörpern verendeter Tiere zuständig. Für den Kreis Ludwigsburg ist der kommunale Zweckverband Tierische Nebenprodukte Neckar-Franken in Hardheim beauftragt. Die Kosten für einen Einsatz trägt der Tierbesitzer.

Der Erligheimer Landwirt muss die Tierkadaver dem Zweckverband zur Abholung und Beseitigung überlassen, erklärt Fritz. Das heißt, er muss den Zweckverband unentgeltlich bei der Heranschaffung der Tierkörper aus dem besonders ungünstigen Gelände unterstützen. Dem Tierbesitzer wurde dies vom Landratsamt innerhalb einer Frist von zehn Tagen angeordnet. „Für den Fall, dass er der Anordnung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, wird die Ersatzvornahme auf seine Kosten angedroht“, so der Pressesprecher.

Nachdem der Chef eines regionalen Entsorgungsunternehmens, den Schäuffele am Freitag kontaktiert hatte, sich nicht in der Lage sah, die Tierkadaver zu beseitigen („Das kann ich meinen Mitarbeitern nicht zumuten“), empfahl er ein Fachunternehmen, dass solch schwierige Aufgaben übernimmt. Ein von Schäuffele daraufhin angefordertes Angebot sei „sehr hoch“, denn aus Gründen der Statik könne man keine Stallwände am Gebäude abreißen, damit mit Baggern die toten Tiere herausgeholt werden können. Das Spezialunternehmen empfahl zunächst die Kadaver mit Planen abzudecken und dann von oben – nachdem das Dach des Gebäudes geöffnet wurde – diese zu bergen. Dem Veterinäramt sei bekannt, dass die Gemeinde ein Angebot einer Spezialfirma erhalten hat, so Fritz weiter, „die genauen Kosten und Konditionen und der Auftragsumfang sind uns nicht bekannt“.

„Mit so etwas Grausigem konnte man nicht rechnen“, sagt Schäuffele, und man habe nicht gewusst, dass so viele Tiere in den Ställen waren, „man hat nichts gerochen, nichts gehört und man ist total überrascht“. Nach Gesprächen mit allen Anwohnern ergibt sich für den Bürgermeister dieses Bild. Zwar hätten in der Vergangenheit, etwa im Sommer, immer wieder Stalltiere geschrien, zuletzt sei es aber so gewesen, dass man nichts von den Tieren gehört habe und auch der Mist sei nicht mehr aus Ställen herausgebracht worden, so Schäuffele.

Psychisch labiler Tierhalter

Nach Einschätzung von Schäuffele hat das Veterinäramt im Vorfeld immer wieder Hinweise über die schwierige Situation des psychisch labilen Nebenerwerbslandwirts erhalten, auch von Anwohnern, die den Mann auf seine Tiere angesprochen hatten und daraufhin von ihm recht barsch abgekanzelt worden seien. Fritz: „Der Betrieb wurde in der Vergangenheit engmaschig überprüft und kontrolliert.“ Bei den bisherigen Kontrollen wurden hygienische Mängel festgestellt, die auch beanstandet wurden. Es sei jedoch nichts festgestellt worden, was auf solche Folgen für die Tiere hätte schließen lassen können.

Nach dem grausigen Fund hat der Bürgermeister mit dem Landwirt gesprochen mit dem Eindruck, dass „er sich an niemand gewandt hat, um wegen seine Überforderung Hilfe zu bekommen“. Schäuffele gegenüber habe er nun gesagt, nachdem die erste beiden Tiere tot waren, habe er nicht mehr in den Stall gehen können.

 
 
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