Serie „Hoch hinaus“ Zwei Türme aus gleicher Zeit

Von Jürgen Kunz
Ungewöhnliche Perspektive: Köllesturm und Turm der Cyriakuskirche Bönnigheim: ganz nah beieinander.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Der Kirchturm der Cyriakuskirche und der Köllesturm wurden innerhalb von sechs Jahren gebaut.

So sehr er – aus dem Zabergäu kommend – die historische Altstadt prägt, so sehr ist der Köllesturm auch das Sorgenkind der Stadt. Im Jahr 2006 betrug die Neigung des Köllesturms nach Westen 42 Zentimeter, und er wurde für 500 000 Euro saniert und im Boden eine Pfahlwand verankert, die 26 Meter tief bis in den Fels geht. Der freistehende Turm mit nur einem Meter Fundament neigte sich weiter, heute ist er 63 Zentimeter aus dem Lot. Doch nach Auskunft von Peter Knoll, Fachbereichsleiter Bauen und Planen im Bönnigheimer Rathaus, stagniert seit 2018 die Neigung. Zurzeit ist der Köllesturm eingerüstet, denn das Mauerwerk wird noch bis Ende November für knapp 200 000 Euro saniert.

Fast 740 Jahre alt

Der Köllesturm ist der Torturm der früheren Stadtmauer und wurde 1286 gebaut. Außerhalb der Stadtmauer führte eine Brücke über den trockenen Stadtgraben zu diesem Turm, der mit Flügel- und Zugtor verschlossen war. Seine heutige Dachform erhielt der Turm bei einer Renovierung nach einem Brand im späten 18. Jahrhundert. Seinen Namen erhielt er nach dem letzten dort wohnenden Turmwächter Kölle. Der Torwächter kassierte den Wegzoll, schloss abends die Tore und öffnete sie am Morgen wieder. Durch das Tor führte eine alte Handelsstraße, die vom Rhein durch das Zabergäu über Bietigheim nach Cannstatt verlief.

Fast zeitgleich gebaut

Im Gemminger Viertel wurde 1280 – nur sechs Jahre vor dem Köllesturm – der Kirchturm, als ältestes erhaltenes Bauteil der Cyriakuskirche, fertiggestellt. Er entstand zur Zeit der Verleihung des Stadtrechts beziehungsweise während des Baus der Stadtmauer. Die Bönnigheimer Stadtkirche gilt als eine Schatztruhe der Spätgotik, die auf einer leichten Anhöhe inmitten der Stadt steht und um 1100 erstmals erwähnt wird. Zur Zeit der Aufteilung Bönnigheims in vier Ganerben-Anteile befand sich die Cyriakuskirche im Viertel der Herren von Gemmingen, wurde jedoch aufgrund des geschlossenen Burgfriedens von der gesamten Einwohnerschaft genutzt.

 
 
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