Sersheim Gestärkt aus der Krise

Von John Patrick Mikisch
Bei der Meldestelle „REspect!“ können Betroffene und User online auf Hass-Postings in den Sozialen Medien aufmerksam machen. Foto: Imago/Hanno Bode

Vor zwei Monaten stand die Meldestelle „REspect!“ der Jugendstiftung BW selbst im Fokus von Online-Hetze. Wie die aktuelle Lage?

Seit dem 1. Oktober ist die Meldestelle „REspect!“ der Jugendstiftung Baden-Württemberg in Sersheim als „Trusted Flagger“ zertifiziert (die BZ berichtete). Das sorgte vor allem im Internet für eine regelrechte Hasswelle. Wie hat sich das auf die Meldestelle ausgewirkt und was hat sich seitdem getan? Die BZ sprach mit der Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Petra Densborn.

„Es war eine schlimme Zeit Anfang Oktober“, sagt Petra Densborn. Es habe viele Anfeindungen gegen die Meldestelle und die Jugendstiftung gegeben. Mehr als 3000 Spam-Mails seien aufgelaufen. „Die arbeiten wir gerade sukzessive ab.“

Daneben habe es aber auch persönliche Bedrohungen gegeben. „Wir mussten die Polizei einschalten, die ihre Streifen an der Jugendstiftung dann verstärkt hat“, erzählt sie. Und gibt zu: „Das war heftig. So eine Situation macht schon etwas mit den Menschen.“

Andererseits: „Die Mitarbeiterschaft hat gut reagiert“, sagt Densborn. „Alle sind eng zusammengerückt, auch über die Meldestelle hinweg.“ Die Situation habe auch gezeigt, dass die Jugendstiftung Haltung zeigen und für ihre Werte einstehen müsse. „Wir sind gestärkt daraus hervorgegangen“, ist sie überzeugt. Die Angriffe seien vornehmlich aus des rechtsextremen Ecke gekommen. Von einer Kampagne mag Densborn trotz der Menge an Hassnachrichten und der Intensität nicht sprechen. „Das war ja nicht gezielt gesteuert“, glaubt sie. Ausgangsbasis sei vielmehr eine Vielzahl von Falschmeldungen über die Arbeit der Meldestelle und die Bedeutung des Status als „Trusted Flagger“ gewesen.

Weitere „Trusted Flagger“

„Das ist sehr schnell eskaliert“, sagt Densborn. Und es sei mühsam gewesen, „alle wieder einzufangen.“ Der Weg dahin: Die Diskussion versachlichen, aufklären, sich der Kritik an den „Trusted Flaggern“ und dem „Digital Service Act (DSA) der EU stellen, der dieses Instrument in der Kommunikation mit Internetplattformen eingeführt hat. Durch die Statusänderung habe sich die Arbeit der Meldestelle grundsätzlich nicht geändert. Ihre Aufgabe bestehe weiter darin, jungen Menschen zu vermitteln, dass Social Media kein rechtsfreier Raum ist. „Das war er vorher auch schon nicht“, betont Densborn.

Durch den medialen Aufschrei sei die Meldestelle allerdings kurzfristig deutlich bekannter geworden. Das habe auch zu mehr Meldungen geführt. „Momentan pendelt sich das wieder auf ein Niveau ein, mit dem wir umgehen können.“ Eine Aufstockung des Personals sei nicht geplant.

„Es ist nicht unser Anspruch, die gesamte Bundesrepublik zu bespielen“, sagt Densborn. Zudem seien weitere „Trusted Flagger“ im Zertifizierungsprozess. Das sei auch gut so, denn die würden andere Perspektiven einnehmen, etwa mit einem wirtschaftlichen Fokus.

„Das ist in der Diskussion etwas zu kurz gekommen“, sagt sie. Beim DSA gehe es auch um Produktsicherheit. Gut möglich, dass demnächst Wirtschaftsverbände oder Verbraucherschützer als „Trusted Flagger“ unterwegs sind.

 
 
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