Wenn ich in dem Wagen sitze, habe ich ein Déjà-vu“, sagt Thomas Fessler. Dann ist der heute 53-Jährige schlagartig wieder ein kleiner Junge, der mit seinen Eltern im Opel Diplomat E zum Wochenendausflug in den Schwarzwald schunkelt. „Man sitzt wie auf dem Sofa“, sagt der Sersheimer.
Sersheim Rüsselsheimer Diplomat mit amerikanischen Wurzeln
Seit 55 Jahren ist der Opel Diplomat E von Thomas Fessler aus Sersheim im Familienbesitz. Für den 53-Jährigen bedeutet der Wagen gelebte Nostalgie.
Opel mit US-Wurzeln
Gekauft hatte den Wagen 1969 Fesslers Vater. „Seitdem ist er in Familienbesitz.“ Es war die zweite Baureihe des Diplomat, der damals das Spitzenmodell des Rüsselsheimer Opel-Konzerns war. Noch ein wenig kantiger als das Vorläufermodell und nicht nur aus Zufall mit Designanklängen an US-Muscle-Cars: Opel gehörte damals noch zu General Motors (GM), der Automacht aus Detroit/Michigan.
Bei den meisten Modellen des Diplomat saßen daher auch leistungsstarke V8-Motoren mit 5,4 Liter Hubraum der GM-Marke Chevrolet unter der Haube. Die allerdings auch ordentlich Benzin schluckten. Thomas Fesslers Vaters, der die gleichnamige Bäckerei betrieb, entschied sich für den kleineren Sechszylinder mit 2,8 Litern Hubraum und 165 Pferdestärken.
Schwäbisch sparsam war auch der sonstige Umgang mit dem Luxusauto. „Meistens stand der bei uns ins der Garage“, erzählt Thomas Fessler. „Wenn wir ein Auto gebraucht haben, sind wir mit einem Firmenwagen gefahren“, sagt er. Die waren weit weniger mondän als der schicke Opel Diplomat: „Ein VW-Bus oder ein Fiat Fiorino“, sagt Fessler.
Der Vorteil heute: Der Diplomat hat nur rund 78.000 Kilometer auf dem Tacho und ist vergleichsweise wartungsarm. „Abstauben, Öl nachfüllen“, mehr sei nicht nötig, so der Oldtimer-Liebhaber. Nur an der Benzinpumpe sei mal eine Reparatur nötig gewesen. „Ansonsten war an nie etwas“, sagt Thomas Fessler. Zum Glück: Denn der Ersatzteilnachschub sei sehr schwierig. „Da steckt halt überall Chevrolet drin“, sagt Fessler. „Das ist nicht wie beim Daimler.“
Gegen S-Klasse chancenlos
Dessen Baureihen W 108/109 und besonders die als erste S-Klasse bekannt gewordene Reihe W 116 liefen dem Diplomat ab den 1970er-Jahren deutlich den Rang ab, obwohl das Opel-Modell technisch mithalten konnte. Schon vor der Ölkrise 1973/74 sank der Absatz des Diplomat und der verwandten Modelle Kapitän und Admiral deutlich. Nachdem Opel sie zuerst vom Markt genommen hatte, stelle der Autobauer 1977 auch die Produktion des Diplomat ein. Insgesamt liefen von den verschiedenen Versionen der Modellreihe seit 1964 rund 28.000 Exemplare vom Band. 2015 waren noch 341 davon beim Kraftfahrtbundesamt zugelassen.
Einer davon ist der von Thomas Fessler, der ihn allerdings weiterhin sparsam fährt. Mal ein Oldtimer-Treffen, mal eine Spazierfahrt ins Kirbachtal, erzählt Fessler. Ganz entspannt und mit viel Nostalgie.