Sersheim Sexualität: Wie man Kontakt zum eigenen Körper herstellt

Von Helena Hadzic
Die Sersheimerin Lena Maier hilft den Klienten in ihrer Praxis mit jeglichen Problemen im sexuellen Bereich. Auch Paare kommen zu ihr, um an ihrer Beziehung zu arbeiten. Foto: /Oliver Bürkle

Als Sexualtherapeutin hilft die Sersheimerin Lena Maier ihren Patienten mit diversen Problemen im sexuellen sowie zwischenmenschlichen Bereich.

Sexualität betrifft jeden, und trotzdem wird dieses Thema heute noch immer stark tabuisiert“, meint Lena Maier aus Sersheim. Ein Grund, warum sich die Sexualtherapeutin beruflich in den Therapiesitzungen ihrer Praxis auf jegliche Themen spezialisiert hat, die in den sexuellen Bereich fallen. Darunter finden sich sexuelle Funktionsstörungen, wie beispielsweise vorzeitiger Samenerguss und sexuelle Lustlosigkeit oder aber sexuelle Identität und Neigungen. Auch Beziehungsprobleme fallen in ihr Tätigkeitsfeld, weswegen Maier zudem Paartherapien anbietet. Ob sie deswegen auch schon mal einen Beziehungsstreit in ihrer Praxis live mitbekommen hat? Und ob, sagt Maier, das komme tatsächlich häufiger vor. „Da kann es auch mal lauter werden, wenn sich in Beziehungen ungesunde Dynamiken entwickelt haben“, so die Sersheimerin. Im Gespräch mit der BZ erzählt die Sexualtherapeutin, mit welchen Themen sie sich beschäftigt und inwiefern dieser Job sie privat beeinflusst.

Tabuthema im Fokus

Auf die Idee, Sexualtherapeutin zu werden, kam Maier während ihres Studiums durch Gespräche mit einer Kommilitonin. „Durch den Austausch über solche Themen ist mir aufgefallen, wie wenig darüber gesprochen wird und dass das Thema auch in der Therapie häufig zu kurz kommt“, sagt die Sersheimerin. Mit ihrem Beruf möchte sie das Tabuthema in den Vordergrund rücken und ihren Patienten mit den Problemen helfen, über die man sich häufig nicht zu sprechen traut – und das durch vertrauliche Gespräche und „Hausaufgaben“ für die Patienten, wie etwa dem Betrachten des eigenen Körpers vor dem Spiegel in gewissen Fällen.

Der Ursprung eines sexuellen Problems liege meist sehr viel tiefer als man glaubt, betont die Therapeutin. „Zudem wird die eigene Sexualität auch oft durch andere psychische Erkrankungen berührt – mein Job ist es, diesen Ursprung zu finden und mit den Klienten daran zu arbeiten“, erklärt Maier. Dabei sei auch der Wille und die Mitarbeit des Patienten gefragt – in der Vergangenheit habe sie die Arbeit auch schon mal beenden müssen, wenn kein Fortschritt und keine Eigenmotivation zu beobachten war. „Mein Gegenüber ist der Experte – ich habe nur das Fachwissen“, macht die Sexualtherapeutin in diesem Zusammenhang deutlich.

Doch welche Probleme können das beispielsweise sein? Wenn es um Paare geht, gehen die Beziehungsprobleme, die sich dann auf die Intimität im Schlafzimmer auswirken, oftmals mit unterschiedlichen Bedürfnissen an Nähe und Distanz einher. In Einzeltherapien mit Männern sei die Sucht nach Pornofilmen ein immer wieder auftretendes Phänomen in ihrer Praxis, auch werden Tipps im Umgang mit Frauen gesucht. Aber: „Ich bin keine Dating-Ratgeberin, was ich tun kann, ist mit den Männern an ihrem Selbstbild zu arbeiten und zu schauen, woher die Unsicherheiten kommen“, betont sie.

Frauen hingegen leiden Maiers Erfahrung nach oft an „Vaginismus“, der Verkrampfung der Muskeln im Scheiden- und Beckenbodenbereich ohne ersichtlichen Grund – und ohne dass es die Frau beeinflussen kann. Konkret heißt dass, dass die Frau im Intimbereich „zu macht“, sodass nichts mehr eindringen kann, was wiederum den Geschlechtsverkehr unmöglich macht. Die Gründe für ein solches Leiden sind unterschiedlich. Es könnte rein körperlich bedingt sein oder auch durch ein traumatisches Erlebnis ausgelöst werden.

So kommt es immer wieder vor, dass sich während der Therapiesitzungen herausstellt, dass Patientinnen sexuellen Missbrauch erlebt haben. „Das ist häufiger der Fall, als man denkt“, betont die Sexualtherapeutin. Traumatherapie bietet sie nicht an – das sei eine Sparte für sich – allerdings arbeitet sie mit den Vergewaltigungsopfern im nächsten Schritt daran, „wieder in Kontakt zum eigenen Körper zu kommen und eine gesunde Einstellung zu seiner eigenen Sexualität zu entwickeln“, erklärt Maier. Eine Arbeit, die nicht immer einfach ist – als sie während ihres Masterstudiums im Jahr 2019 begonnen hat, als Sexualtherapeutin in Teilzeit zu arbeiten, war die Konfrontation mit diesem Thema auch belastend für sie. „Ich habe dann lernen müssen, Mitgefühl zu haben, aber kein Mitleid – nur so kann ich diesen Frauen auch professionell helfen“, sagt sie.

Seit 2021 teilt die mittlerweile in Vollzeit arbeitende Sexualtherapeutin sich eine Praxis mit einem Psychotherapeuten, mit dem sie sich austauschen kann – eine enorme Hilfe, wie sie findet. Auch Sitzungen mit einem dafür ausgebildeten Psychotherapeuten sowie der Austausch mit anderen Therapeuten in Gruppengesprächen sei wichtig – gerade dann, wenn in ihren Sitzungen Themen angesprochen werden, die auch bei ihr andocken.

Jedoch gebe es auch Tage, an denen Maier die Arbeit mit nach Hause nimmt, das spürt gelegentlich ihr Mann nach einem langen Arbeitstag. „Er hat dann mal in einem Gespräch zu mir gesagt: ‚Hör auf zu arbeiten’“, erzählt die Sersheimerin und lacht. Über ihre Fälle spricht sie aber nicht mit ihm, das falle unter die Vertraulichkeitsklausel.

 
 
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