Sersheim Umwandlung in Mittelwald beginnt

Von Michael Banholzer
Sieht aktuell nach Kahlschlag aus, soll aber der Natur sogar nützen: der künftige Mittelwald. Foto: /Michael Banholzer

In Sersheim ist mit der Umwandlung eines Waldstückes in einen sogenannten Mittelwald begonnen worden. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet.

Nein, die Gemeinde habe am Donnersberg keinen Kahlschlag verübt, um sich am Verkauf der Stämme zu bereichern, versicherte Bürgermeister Jürgen Scholz. Warum auch? Die Kosten des Einschlags werden die Holzerlöse klar übertreffen, wie auch Revierförsterin Judith Lauber vorrechnete: Das beauftragte Unternehmen habe mit fünf Maschinen binnen zweiter Tage den Einschlag auf der einen halben Hektar großen Fläche vorgenommen. Das koste rund 10 000 Euro. Entnommen wurden vor allem junge Eichen, einige Hainbuchen und Schwarzdorn – keine besonders hochwertigen Hölzer, was den Verkauf angehe. Fürs Brennholz gebe es 85 Euro je Quadratmeter, beim Stammholz etwas mehr, so Lauber. In der Summe bringe das etwa 5 500 Euro.

Den Zweck dieser ungewohnten Form der Waldwirtschaft erläuterten Scholz, Lauber und Dr. Simon Boden, der Leiter des Fachbereichs Wald im Ludwigsburger Landratsamt, am Samstag vor Ort einer kleinen Schar Interessierter, die der Einladung ins Naturschutzgebiet Unterer See gefolgt waren. Ein paar mehr Zuhörer hätten es schon sein dürfen, so Scholz, der sich an die erste Informationsveranstaltung vor wenigen Wochen erinnerte, als der Andrang enorm war.

Damals stand an dieser Stelle noch ein Hochwald. Die Bevölkerung sollte schon einmal auf das, was kommen würde, vorbereitet werden. Damit es zu keinen Irritationen kommt.

Mittelwald ist eine Besonderheit

Es sehe in der Tat etwas „schlimm“ aus, sagte Simon Boden. Ein Mittelwald sei heutzutage schon „eine Besonderheit“, die es so im Landkreis Ludwigsburg kein zweites Mal und auch landesweit nicht allzu oft gebe. „Sersheim leistet sich den Luxus, eine historische Waldnutzung zu imitieren.“ Denn vom 13. bis ins 19. Jahrhundert seien Mittelwälder vollkommen üblich gewesen. Man habe nur wenige erwünschte Hochstämme stehen lassen – beispielsweise Eichen, da ihre Eicheln als Schweinefutter dienten. „Alles andere wurde ständig auf den Stock gesetzt.“ Dadurch entstanden lichte, parkähnliche Flächen. Diese sollen wärmeliebenden Tieren und Pflanzen, denen es im Hochwald zu schattig ist, als Habitat dienen. Für Tagfalter könnte es zum neuen Zuhause werden. Oder für Blausterne. Försterin Lauber hat ein Exemplar zur Ansicht mitgebracht. Für Spaziergänger und Wanderer gelte natürlich: „Anschauen: Ja. Pflücken: Nein!“

30-jähriger Turnus

Der erste halbe Hektar Mittelwald ist erst der Anfang. In Dreijahresschritten geht es analog auf angrenzenden Waldstücken weiter. Dann auf Flächen zu jeweils 0,3 Hektar. In 30 Jahren beginne man dann wieder von vorn. Dieser Turnus sei früher üblich gewesen, weil man nach dieser Zeit bereits wieder ordentlich Brennholz rausholen könne, erklärte Simon Boden.

Das Projekt werde wissenschaftlich von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg begleitet, erklärte Revierförsterin Lauber. Auf diese Weise solle belegbar geprüft werden, ob der Mittelwald die in ihn gesetzten Hoffnungen tatsächlich auch erfülle.

Auf Nachfrage aus dem Publikum, welche Baumarten man denn stehenlasse, erklärten Lauber und Boden die getroffene Auswahl. So habe man eine Elsbeere belassen, die nicht nur in der Holzverarbeitung begehrt, sondern auch wichtig für viele Tierarten sei. Auch ein paar Eichen dürfen weiter wachsen. Ihre Kronen sind – im Gegensatz zu jenen der Buchen – nicht so ausufernd, sodass sie nicht zu einer starken Verschattung führen. Und am Rand des Gebietes, wurden auch ein paar Kiefern verschont. Diese dienten aber eher der Kulisse, so Lauber. „Für den Mittelwald haben diese eigentlich keine Bedeutung.“

„Wir sind überzeugt, dass es ein gutes Projekt ist“, sagte Bürgermeister Scholz abschließend. Andere Wälder könnten von den neuen Erkenntnissen profitieren. „Gut, dass man das ausprobiert“, war darauf aus der Zuhörerschaft zu vernehmen.  Michael Banholzer

 
 
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