Sie hat rund 890 Pfeifen, 16 Register und erfüllt normalerweise den Kirchenraum der Evangelischen Johanneskirche in der Mettertalgemeinde mit ihrem vollen Klang. Doch die Walcker-Orgel aus dem Jahr 1960 ist inzwischen erheblich in die Jahre gekommen. „Ich weiß nie, welche Überraschung mich erwartet, wenn ich mich zum Sonntagsgottesdienst an das Instrument auf die Empore setze“, sagt Organistin Brigitte Abele. „Manchmal muss ich kurzfristig improvisieren, weil etwas an der Orgel nicht, wie erwartet, funktioniert.“
Sersheim Verjüngungskur für die Orgel der Johanneskirche
Die Erneuerung der historischen Walcker-Orgel soll 160.000 Euro kosten. Jetzt sammelt die evangelische Kirchengemeinde Spenden dafür.
Vor allem Kunststoffteile und Spanplatten sind verschlissen
Abele kennt die Sersheimer Orgel wie kaum jemand anders: Seit mehr als 55 Jahren spielt sie darauf. Vor allem die Klangfarbe des Instruments hat es ihr angetan, das in seiner Größe und mit seiner Anordnung der Pfeifen genau für den Kirchenraum der Johanneskirche konzipiert wurde.
Doch für die 1960 gebaute Orgel wurden auch in der renommierten Ludwigsburger Orgelbauwerkstatt Walcker Materialien verwendet, die für damalige Verhältnisse zeitgemäß und preisgünstig waren, aber die inzwischen Ermüdungserscheinungen zeigen.
So hat der Orgelsachverständige der Württembergischen Landeskirche, Hans-Martin Braunwarth, einen 16-seitigen Bericht über den Zustand der Sersheimer Orgel verfasst. Darin ist von Haar- und Spannungsrissen vor allem an den verbauten Kunststoffteilen zu lesen, zudem hätten sich die Spanplatten der Windladen durchgebogen und dichteten die Ventile nicht mehr richtig ab.
„Vor allem die Technik der Orgel muss erneuert werden“, betont Organistin Abele. Erhalten bleiben soll das imposante Gehäuse des Instruments, in das eine neue, leisere Windanlage eingebaut werden wird. Die gesamte Mechanik jedoch wird völlig neu errichtet und das Pfeifenwerk der bestehenden Orgel ausgereinigt und charaktervoll neu intoniert.
Die rund 890 Pfeifen der Orgel können nämlich übernommen werden, und dies war auch einer der Hauptgründe der Mitglieder des Kirchengemeinderats für eine kostenintensive Sanierung des bestehenden Instruments zu plädieren, statt eine preisgünstigere digitale Variante anzuschaffen.
„Unsere Orgel hat keinen Totalschaden, und die echte Tonerzeugung durch Luftpfeifen hat ihre Vorteile. Daher ist die Sanierung die nachhaltigere, zukunftsträchtigere und musikalisch bessere Lösung“, sagt Pfarrer Johannes Rau.
Die Verantwortlichen der Kirchengemeinde haben sich die Entscheidung nicht einfach gemacht und sind dazu auch mit einer Delegation nach Nagold gereist, um sich von einem der deutschlandweit bekanntesten Kirchenmusiker, Peter Hammer, die Unterschiede zwischen einem digitalen Orgelinstrument, bei dem abgespeicherte Töne abgerufen werden, und einem natürlichen Klangspiel mit einem Pfeifeninstrument erklären und vorführen zu lassen.
Die sanierte Orgel soll fast 200 Jahre halten
„Wir hätten mit einer digitalen Orgel auch unser komplettes Lautsprechersystem erneuern müssen, damit ein guter Klang entstanden wäre. Zudem ist die Renovierung der bestehenden Orgel langlebiger“, sagt Organistin Abele. Der Orgelsachverständige sprach von einer Lebensdauer nach der Sanierung von nahezu 200 Jahren.
Inzwischen wurde der Auftrag für die Erneuerung der Orgel an ein Unternehmen aus Sachsenheim für rund 160.000 Euro erteilt. Allerdings werden die Arbeiten erst im Jahr 2026 starten. „Unsere Orgel wird komplett abgebaut und in die Werkstatt nach Sachsenheim transportiert werden. Die Sanierungsarbeiten werden wohl ein Jahr in Anspruch nehmen“, erklärt Abele.
Für die Übergangsphase soll eine andere musikalische Begleitung für die Sonntagsgottesdienste, eventuell mit einem Leihinstrument, gefunden werden. „Ich freue mich schon anschließend wieder richtige Orgelkonzerte spielen zu können, bei denen die volle Klangfülle unseres schönen Instruments zur Geltung kommt“, sagt die Sersheimer Organistin, die in einem Team mit vier Musikanten die Orgel in den Gottesdiensten spielt.
Mit den geplanten Konzerten sollen auch zusätzliche Spenden für die Sanierung generiert werden, die zur Hälfte aus den Rücklagen der Kirchengemeinde und der andere Teil auf Spendenbasis finanziert werden soll. Bisher sind bereits rund 25.000 Euro für die Erneuerung der Sersheimer Orgel zusammengekommen.