Interessiert blättert Bernhard Authenrieb in einem Sersheim-Bildband. „In diesem einstigen ‚Gasthaus zum Löwen’ bin ich geboren. Das ist Walter Setzer. Bei ihm galt das Motto ‚Isst du Eis vom Setzer Walter, bleibst du fit bis ins hohe Alter’“, sagt Authenrieb schmunzelnd. So wie er waren viele Sersheimer am Tag der offenen Tür ins Archiv der Gemeinde gekommen, um einen Blick in die Ortsgeschichte zu werfen.
Sersheim Wenn Geschichte lebendig wird
Beim Tag der offenen Tür im Sersheimer Archiv und im Schmiedemuseum war der Andrang groß.
Das Gedächtnis der Gemeinde
Der Tag der offenen Tür ist die erste öffentliche Veranstaltung des Archivs. Erst vor Kurzem riefen die Gemeinderäte Roland Kögele und Gerd Langer den Arbeitskreis Archiv ins Leben, um das Gedächtnis der Gemeinde für die Sersheimer wieder zugänglich zu machen (die BZ berichtete).
Während manche wie Bernhard Authenrieb in Büchern, Dokumenten und Fotos stöberten, versammelten sich zahlreiche Besucher im Innenhof vor dem Rathaus und dem Bürgerhaus, um auf einem großen Bildschirm alte Filme über die Mettertalgemeinde zu bestaunen, in Erinnerungen zu schwelgen oder dem eigenen Nachwuchs von früheren Zeiten zu erzählen.
„Es ist ein Stummfilm aus den 50er-Jahren zu sehen mit unterschiedlichen Szenen aus dem damaligen Gemeindeleben“, erzählt Kögele. „Es handelt sich zum Beispiel um Sequenzen von einem Turnwerbefest 1957 in Sersheim, bei dem Gäste aus der Schweiz anwesend waren“, so Kögele.
Zuwachs hat auch der von ihm und Mitstreiter Langer gegründete Arbeitskreis. „Wir könnten uns vorstellen, einen Gemeindearchivar auf Stundenbasis anzustellen, um die alten Bestände des Archivs zu digitalisieren. Außerdem wollen wir die Dokumentation der Gemeindegeschichte weiterführen“, sagt Langer.
Er ist sehr zufrieden mit dem Besuch des Tags der offenen Tür, der auch zahlreiche Familien mit Kindern angelockt hat. Diese sind vor allem auch vom alten Schmiedemuseum im Untergeschoss des Bürgerhauses begeistert, in dem Dietmar Götz und Gert Abele das Feuer mit speziellen Schmiedekohlen angeheizt hatten.
Hammer und Amboss
„Diese Kohlen werden heißer als normale Kohlen. Wenn das Eisen rot glüht, herrschen 1000 Grad“, sagt Götz. „Am Amboss wird es geschlagen für Zierelemente an Toren oder Fenstern, für Nägel, Pferdehufeisen oder Werkzeuge.“
Auch die Gerätschaften für die Landwirtschaft wurden früher in den drei Sersheimer Schmieden hergestellt, deren Ausrüstungsgegenstände allesamt im Schmiedemuseum zusammengetragen wurden. Die Großväter und Väter von Götz und Abele haben noch selbst aktiv geschmiedet.
„Ich habe das Schmiede-Handwerk in dieser Form noch nie hautnah miterlebt und finde es sehr schön, dass es heute diese Möglichkeit gibt. Den Tag der offenen Tür im Archiv mit den Vorführungen im Schmiedemuseum zu verbinden finde ich sehr gelungen“, betonte Thomas Fessler aus Sersheim, der die geschickten Schläge von Götz und Abele bestaunte.
Öfter ähnliche Veranstaltungen
Nach der guten Resonanz können sich die Verantwortlichen des Arbeitskreises Archiv vorstellen, Veranstaltungen wie den Tag der offenen Tür ein- bis zweimal pro Jahr zu wiederholen. „Zu den normalen Öffnungszeiten alle zwei Wochen dienstags von 16 bis 18 Uhr kommen sonst nur sporadisch Besucher“, sagt Kögele.
Die Besucher stöbern zur Ahnenforschung in den alten Dokumenten, wollen das originalgetreue Zimmer des bekannten Malers Walter Strich-Chapell und einige seiner Gemälde besichtigen oder in der Historie der Mettertalgemeinde nachlesen.
Michaela Glemser