Seuchen in der Historie von Bietigheim und Bissingen Als der Schwarze Tod wütete

Von Uwe Mollenkopf
Der Schwarze Tod, die Pest, forderte in früheren Zeiten vielerorts eine Menge Tote. Auf dem Bild wird der Tod auf einem Jubiläumsumzug in Kirchheim thematisiert. Foto: Martin Kalb

Zu frühren Zeiten suchten immer wieder Seuchen die Bewohner von Bietigheim und Bissingen heim. Am schlimmsten war es während des Dreißigjährigen Krieges.

Die Corona-Krise hält das Land seit einem Jahr in Atem. Im Landkreis sind bis heute mehr als 350 Todesfälle zu beklagen. Die Pandemie wird immer wieder auch als das einschneidendste Ereignis seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet. Blickt man weiter zurück, sieht man indes, dass die Menschen vergangener Jahrhunderte mit noch weitaus gravierenderen Krankheiten und Seuchen fertig werden mussten, von denen nicht immer klar ist, worum es sich medizinisch gesehen genau handelte.

Mit der als „Schwarzer Tod“ bezeichneten Pest hatten die Menschen im mittelalterlichen Europa in den Jahren 1346 und 1353 zu kämpfen. Schätzungen zufolge soll die durch das Bakterium Yersinia pestis hervorgerufene Seuche 25 Millionen Todesopfer – ein Drittel der damaligen Bevölkerung – in Europa gefordert haben. In Deutschland sollen zehn Prozent der Bevölkerung gestorben sein. Parallele zu heute: Der Erreger gelangte von Asien nach Europa.

Aufgegebene Orte

Im damaligen Bietigheim lässt sich diese Pestwelle laut Günther Bentele („Bietigheim 789 - 1989“) aus den Quellen nicht belegen. Es gibt aber ein Indiz, das darauf hindeutet, dass sie auch hier wütete. Das ist laut Bentele die „Ölstiftung“ für das ewige Licht der Gemeinde im Jahr 1350, die in diesem Zusammenhang initiiert worden sein könnte. Ins 14. Jahrhundert fällt nach seinen Untersuchungen auch die Aufgabe der Weiler Hegnau und Hofen, die möglicherweise aufgrund kriegerischer Ereignisse geschah. Doch die Tatsache, dass diese Orte nicht wieder aufgebaut wurden, könnte laut Bentele auf das Zusammentreffen einer Reihe von negativen Entwicklungen in dieser Zeit zurückzuführen sein, zu denen auch die Pest gehörte. Die anderen Faktoren: Klimaverschlechterung (es wurde kälter), Missernten, Hungersnöte und Rezession.

Die nächsten großen Krankheitswellen verzeichnen die Chronisten in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts. In Bissingen erreichte laut Hermann Römer („Bissinger Heimatbuch“) eine „gefährliche Seuche“ im Jahr 1611 ihren Höhepunkt. Wie viele Opfer sie forderte, ist nicht bekannt, doch aus der Tatsache, dass innerhalb von 30 Jahren sieben verschiedene Pfarrer im Ort amtierten, folgert Römer, dass es unter den Geistlichen wie auch den übrigen Einwohnern Todesfälle gab.

Die folgenden Seuchen hielten im Zuge des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 48) hierzulande Einzug. Laut Römer grassierte 1626 eine Lungenseuche. Die große Katastrophe ereignet sich indes nach der Schlacht bei Nördlingen im August 1534. Damals wurde die protestantisch-schwedische Armee geschlagen, und kaiserliche Soldaten überschwemmten das Land, während eine schwedische Besatzung auf dem Hohenasperg ausharrte.

Ein Drittel der Einwohner stirbt

Dort brach laut Stefan Benning („Bietigheim 789 - 1989“) im Winter 1634/35 zuerst eine Krankheit aus, die von den Soldaten eingeschleppt wurde und über 400 Menschenleben forderte. Auch Bietigheimer, die dorthin geflüchtet waren, kamen um.

Im Sommer 1635 erfasste die Krankheit, hinter der man die Beulenpest vermutet, dann auch Bietigheim selbst. Schlechte Ernährung aufgrund fortwährender Plünderungen machte die Bevölkerung dafür noch anfälliger. Die Folgen waren enorm: „585 Tote werden 1635 in Bietigheim insgesamt gezählt“, stellt Benning fest, darunter 60 Ehepaare. Damit traf es ein Drittel der Bietigheimer Bevölkerung von 1634. In der Folge ließen Hunger und Plünderungen die Bevölkerungszahl noch weiter zurückgehen.

Im 18. Jahrhundert verbesserte sich dann die Situation. Die einzige nachweisbare Seuche in Bietigheim sei in dieser Zeit die Stechkrankheit oder Pleuritis gewesen, so Günther Benning. Sie wurde 1729 erstmals diagnostiziert.

Dagegen spielte die Pest im 18. Jahrhundert in Württemberg dann glücklicherweise keine Rolle mehr. Benning: „Die Bevölkerung war offensichtlich resistent gegen diese Geißel der Menschheit geworden.“

 
 
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