Xenia Smits musste bei der Verabschiedung von den Fans kurz eine Träne verdrücken. „Eine Niederlage tut weh. Aber wenn man nicht gut spielt, dann tut sie noch mehr weh“, erklärt die Kapitänin der SG BBM Bietigheim. Und Trainer Jakob Vestergaard ergänzt: „Wenn man ein Team wie Györ Paroli bieten will, muss man bei 100 Prozent sein – und zwar alle Spielerinnen. Denn Györ ist aktuell die beste Mannschaft in der Welt. Wir waren in den ersten 25 Minuten nah dran. Doch danach taten wir uns schwer.“ Am Ende prangte eine 26:34 (10:12)-Niederlage der Bietigheimerinnen gegen Györ Audi ETO KC zum Abschluss der Hinrunde der Champions League vor 3043 Fans, die die Halle zu einem Tollhaus gemacht hatten, von der Anzeigetafel in der Ludwigsburger MHP-Arena.
SG BBM Bietigheim Deutscher Meister ärgert Györ nur eine Halbzeit lang
Nach dem Seitenwechsel leistet sich die SG BBM Bietigheim zum Abschluss der Hinrunde in der Champions League zu viele Fehler, sodass die Ungarinnen von 10:10 auf 34:26 (12:10) davonziehen.
Bietigheim mit Traumstart
Die Partie begann für die Gastgeberinnen fast perfekt. Zwar erzielte Stine Oftedal, die Welthandballerin 2019, die Ungarinnen mit 1:0 in Führung. Doch danach zogen die Bietigheimerinnen auf 4:1 davon (7.). Den Gästen unterliefen der eine oder andere Fehlwurfe und technische Fehler. Dazu parierte Gabriela Moreschi gleich in der Anfangsphase zwei Würfe von Györ. Es sollten die ersten von insgesamt neun Paraden der SG-Torfrau in der ersten Halbzeit werden, darunter auch zwei Siebenmeter. Damit wies sie eine Quote von knapp 43 Prozent gehaltener Würfe auf. „Gaby war in der ersten Halbzeit überragend“, lobt Vestergaard.
Doch mit der ersten Überzahl – Sofia Hvenfelt musste für zwei Minuten auf die Bank – hatten sich die Gäste gefangen. Beim 4:4 durch die Südkoreanerin Eun Hee Ryu, die zur Spielerin des Matches gewählt wurde, hatten die Ungarinnen wieder ausgeglichen.
In der Folge entwickelte sich ein Kampfspiel. Beide Teams gaben keinen Millimeter preis. Die Bietigheimerinnen waren aber vor allem über ihre Kreisläuferinnen Hvenfelt sowie Kaba Gassama erfolgreich – mit jeweils vier Treffern die erfolgreichsten Werferinnen der SG – und legten immer wieder vor. Györ machte es der Abwehr der Gastgeberinnen vor allem durch ihr schnelles Kreuzen im Rückraum schwer und rissen so immer wieder Lücken vor allem für Ryu oder auch für die Außenspielerinnen.
Doch in der Schlussphase leisteten sich die Bietigheimerinnen einige technische Fehler. Die Ungarinnen zogen dadurch nach dem 10:10-Ausgleich auf 12:10 davon. Dies setzte sich zu Beginn der zweiten Hälfte fort. Die Ungarinnen zogen über 15:11 (35.), 18:13 (38.) auf 23:16 (44.) davon. In der 53. Minute waren sie auf 30:20 davongezogen. „Wir haben zu viele einfacher Fehler im Angriff gemacht und dadurch zu viele Kontertore kassiert. Dazu kamen ein paar individuelle Fehler in der Abwehr. Dann haben wir keine Chance“, berichtet Vestergaard. „Wir brauchen eine viel bessere Abwehr und einen viel besseren Angriff, damit wir nicht so einfache Tore kassieren.“ In der Schluss gelang den Bietigheimerinnen zwar noch etwas Ergebniskosmetik. An der Niederlage war aber nicht mehr zu rütteln.
Viel Respekt für SG BBM
Györs Rückraumspielerin Estelle Nze Minko zollte den Bietigheimerinnen dennoch Respekt. „Es war ein richtig schweres Spiel. Wir haben gegen ein wirklich gutes Spiel gewonnen. Und es war sehr eng bis zu einem Punkt, ab dem wir unseren Rhythmus endlich gefunden hatten.“ Und Gästetrainer fügte hinzu: „Die Bietigheimerinnen waren in vielen Fällen sehr clever und haben enormen Druck auf unsere Abwehr ausgeübt. Ich hatte aber das Gefühl, dass wir mit zunehmender Spieldauer mehr Kraft hatten.“
Für Bietigheim war es die zweite Niederlage in Folge in der Champions League, während Györ seine Serie auf sieben Siege aus den ersten sieben Spielen ausbaute. Dennoch rutschte die SG BBM nur auf den dritten Platz ab in der Gruppe A ab. Odense zog nach dem vierten Sieg in den vergangenen fünf Spielen punktgleich aufgrund der besseren Tordifferenz am Vestergaard-Team vorbei.
Stimmen zum Spiel SG BBM Bietigheim – Györi Audi ETO KC
Xenia Smits,
Kapitänin der SG BBM Bietigheim: „Beim Aufwärmen habe ich schon gestaunt – da ist die Spielerin, und wenn sie rausgeht, kommt die und dann die. Aber wir hatten auch gewirkt, als hätten wir überhaupt nicht die Überzeugung, dass wir uns durchsetzen. Und so haben wir auch gespielt. Györ war konsequenter und ging mit mehr Power in die Lücken. Dass wir die Halle vollbekommen haben, ist schön. Damit werden wir auch für unsere Leistungen belohnt. Es kommen auch immer mehr Kinder zu den Spielen. Und in ihren Augen sieht man die Begeisterung.“
Ulrik Kirkely, Trainer von Györ Audi ETO KC: „Wir hatten eine Menge Respekt vor Bietigheim. Und die SG BBM machte genau das, auf das wir uns eingestellt hatten. Die Gastgeberinnen haben sich oft ziemlich smart angestellt und viel Druck auf unsere Abwehr ausgeübt. Obwohl wir nur zehn Gegentore kassiert hatten, hatten wir den Eindruck, dass wir ziemlich große Probleme in bestimmten Situationen gehabt hatten. Unter dem Strich zählt aber nur der Sieg.“
Kaba Gassama, Kreisläuferin des Deutschen Meisters: „Ich war ein schweres Spiel. In der ersten Halbzeit haben wir uns noch auf Augenhöhe gegenübergestanden. Nach dem Seitenwechsel war die Verteidigung. Györ hat die Intensität angezogen. Jetzt haben wir eine Woche, um uns direkt auf das Rückspiel in Ungarn vorzubereiten. Wir werden hart trainieren und werden halt dort das Spiel gewinnen.“
Jakob Vestergaard, Bietigheims Coach: „Ich habe als Trainer noch nie in Györ gewonnen. Hoffentlich wird es am nächsten Wochenende im Rückspiel endlich klappen. Damit das gelingt, müssen wir auf jeden Fall eine starke Abwehr stellen, weil wir uns um so viele hervorragende Spielerinnen kümmern müssen. Und wir müssen unsere Umschaltmomente nutzen und nicht und auskontern lassen.“