SG BBM Bietigheim Ein halbes Leben für den Bietigheimer Handball

Von Michael Nachreiner
Zur Verabschiedung nach dem letzten Saisonspiel gegen den Dessau-Roßlauer HV am vergangenen Wochenende überreichten der SG-Vorsitzende Steffen Merkle (links) sowie (von rechts) Geschäftsführer Bastian Spahlinger und Jochen Zürn, der Sportliche Leiter, Christian Schäfer ein Foto, wie der Rechtsaußen bei einem Heimspiel mit seinem Sohn Julius einläuft. Foto: Ralf Poller/Avanti

Christian Schäfer war 17 Jahre lang Profi. Die gesamte Zeit verbrachte der 35 Jahre alte Rechtsaußen in Bietigheim trotz manchmal lukrativer Angebote.

Er hat immer geliefert“, zollt der SG-Sportdirektor Jochen Zürn Christian Schäfer Respekt. Zwei Mal in seiner Karriere krönte sich der Rechtsaußen der SG BBM Bietigheim zum Torschützenkönig der Zweiten Bundesliga. Doch jetzt ist nach 17 Jahren als Profi – alle im Ellental – Schluss. Mit dem letzten Saisonspiel der SG BBM gegen den Dessau-Roßlauer HV am vergangenen Samstag hat der 35-jährige Routinier seine Handballschuhe an den Nagel gehängt.

Noch ein bisschen eine surreale Situation für ihn selbst. „Es gibt schon Momente, in denen es sich anfühlt, als sei es nur die ganz gewöhnliche Trainingspause nach der Saison. Es gibt aber auch Momente, in denen klar ist, dass ich meine Karriere beendet habe. Richtig bewusst, dass es vorbei ist, wird wahrscheinlich erst sein, wenn ich ab 1. Juli regelmäßig jeden Tag ins Büro und nicht mehr ins Training gehe“, erzählt Schäfer. Der 35-Jährige wird in Zukunft in der Projektentwicklung von Windkraftanlagen tätig sein. Bietigheim-Bissingen bleibt er allerdings treu.

Das Teamgefühl wird er vermissen

Zwei Dinge wird er am meisten vermissen. „Zum einen ist es diese Gefühl, zu einer Truppe zu gehören, die – auf die Saison ausgerichtet – ein gemeinsames Ziel hat und dafür alles tut – und man auch mal in der Kabine sitzt sowie über die Ziele und wie man sie erreicht, aber auch über andere Dinge spricht. Zu seinen Mitspielern hat man immer ein besonderes Verhältnis“, erzählt Schäfer. „Zum anderen sind es die Spiele – vor allem die Heimspiele, wenn die Emotionen mit den Fans hochkochen.“

Schäfer kam 2007, gerade der A-Jugend entwachsen, von seinem Heimatverein HG Steinheim/Kleinbottwar zur SG BBM Bietigheim. Obwohl in der ersten Saison als dritter Rechtsaußen eingeplant, bekam er direkt in rund der Hälfte aller Partien seine Einsatzminuten. Bereits in der zweiten Spielzeit war er einer von zwei Rechtsaußen und hat regelmäßig gespielt. „In den ersten Jahren war ich der junge Spieler hinter einem erfahrenen. Aber ich würde schon sagen, dass ich mich relativ schnell durchgesetzt habe“, erinnert sich der Routinier.

Seit seinem Wechsel zur SG BBM im Sommer 2007 schnürte er immer seine Handballschuhe für Bietigheim. „Zu meinen Anfangszeiten war noch nicht klar, wohin sich der Weg für die SG BBM und für mich persönlich entwickelt. Man ist gemeinsam gewachsen“, berichtet Schäfer. „Ein großes Ziel war immer, Erste Bundesliga zu spielen. Das habe ich auch hier verwirklichen können. Mir war auch immer wichtig zu spielen. Und die Nähe zur Familie war auch ausschlaggebend.“

Zwei Mal hat Schäfer allerdings etwas länger überlegen müssen. Zu völlig verschiedenen Zeitpunkten gab es ein Mal ein verlockendes Angebot aus der Ersten Bundesliga und ein Mal aus dem Ausland. „Bevor ich aber irgendwohin gegangen wäre, wo ich mich nicht wohlgefühlt hätte, ist es schöner, 17 Jahre lang nur für einen Verein in meiner Karriere gespielt zu haben und es mit diesem Klub in die stärkste Liga der Welt geschafft zu haben“, erzählt der 35-Jährige.

Drei Aufstiege mit der SG BBM

Besonders gerne erinnert sich der Routinier an die drei Aufstiege in die Erste Bundesliga – 2014, 2018 und gerade jetzt erst vor drei Wochen. „Für mich persönlich war auch cool, dass ich zwei Mal Torschützenkönig geworden bin“, erklärt Schäfer, schränkt aber ein: „Die Emotionen, wenn man als Team etwas erreicht, sind jedoch etwas ganz anderes.“

Dennoch freut er sich, dass er es in seiner Abschiedssaison noch einmal ins Allstar-Team der Zweiten Bundesliga geschafft. „Das heißt, ich bin statistisch der beste Rechtsaußen – und heißt, dass mich mein Team nicht so schlecht eingesetzt hat“, berichtet Schäfer. Und auch die Fans würdigten die Leistungen des 35-Jährigen. Mit 60,5 Prozent der Stimmen wurde er zum wertvollsten Spieler (MVP) der Saison gewählt.

Schwere Verletzung 2013

Ausblenden würde der 35-Jährige dagegen am liebsten die Rückrunde der Saison 2013/14. „Ich habe mir kurz vor Weihnachten das Kreuzband gerissen. Dadurch konnte ich den ersten Aufstieg in die Erste Bundesliga nicht auf der Platte miterleben“, denkt Schäfer mit Wehmut an diese Phase zurück. Sportlich würde er das Abstiegsendspiel gegen den VfL Gummersbach am letzten Spieltag der Spielzeit 2018/19 aus seiner Erinnerung verbannen. „Wir hatten schon mit drei, vier Toren geführt und waren gefühlt auch das bessere Team. Doch die Gummersbacher glichen wieder aus – und wir haben es mit dem letzten Angriff nicht geschafft, den Siegtreffer zu erzielen“, erinnert sich Schäfer. Durch das Unentschieden sind am Ende beide Mannschaften abgestiegen.

In beiden Erstliga-Jahren war die SG BBM die Fahrstuhlmannschaft: in einem Sommer aufgestiegen, im nächsten wieder abgestiegen. Das wünscht Schäfer der jetzigen Mannschaft natürlich nicht. Beim Thema Klassenerhalt in der Ersten Bundesliga ist er aber nur verhalten optimistisch. „Es kommt darauf an, wie die Liga aussieht. Der Bergische HC befindet sich noch in dem Klageverfahren. Wenn er Recht bekommt und es eine 19er-Staffel mit drei Absteigern gibt, wird es schwer. Wenn es nur zwei Absteiger gibt, hat die SG definitiv eine Chance“, erklärt Schäfer.

 
 
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