Beinahe hätte der Architekt des dritten Aufstiegs der Handballer der SG BBM Bietigheim nach 2014 und 2018 auf dem Aufsteiger-Mannschaftsfoto gefehlt. Während die Spieler ausgiebig nach dem 41:29-Sieg gegen den EHV Aue mit den Fans in der Ege-Trans-Arena feierten und Rumba tanzten, genoss Trainer Iker Romero den Erfolg lieber abseits im Stillen. Kurz darauf hatte er sich in den VIP-Bereich unterm Hallendach zurückgezogen und musste er vom Jüngsten im Kader, Jona Bader, wieder auf die Platte geholt werden, um mit dem gesamten Team für die Fotos zu posieren.
SG BBM Bietigheim Romero hat dem SG-Kollektiv das Gewinner-Gen eingeimpft
Der spanische Coach hat Bietigheim zu einem Team geformt, das immer an den Erfolg glaubt, aber auch seinen Spielstil perfekt umsetzt.
Versprechen eingelöst
Der spanische Trainer, der als Spieler praktisch alles gewonnen hatte, was es zu gewinnen gab – unter anderem mit Spanien den WM-Titel und die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen sowie mit seinen Vereinen die Champions League, den Europa-Pokal die Spanische sowie die Deutsche Meisterschaft und in beiden Ländern auch den nationalen Pokal – hat nun auch als Coach eine erste Duftmarke gesetzt. „Vor drei Jahren haben wir gesagt, dass wir aufsteigen wollen. Vor zehn Monaten haben wir das noch einmal bekräftigt. Und die Jungs haben gearbeitet und gekämpft, um dieses Ziel zu erreichen. Ich bin unheimlich stolz auf die Jungs“, berichtet Romero.
„Wir haben uns ein riesiges Ziel vor der Saison vorgenommen. Das war mutig. Aber wir haben dem Druck standgehalten. Diese Truppe hat einfach einen wahnsinnigen Charakter – und wir haben dieses Jahr das Gewinner-Gen“, fügt Bastian Spahlinger hinzu. Dieses hat Romero den Bietigheimern eingeimpft. „Wir haben uns ein Ziel für zehn Monate gesetzt. Ein großes Ziel, bei dem viele gesagt haben, wie könnt ihr das nur ausrufen. Aber manchmal ist es besser, groß zu denken – das habe ich bestimmt 30 Mal während der Saison gesagt“, erzählt der Coach. „Und dieses Ziel hatten die Jungs verinnerlicht, es war nicht nur ein Lippenbekenntnis. Alle haben daran geglaubt.“
Gewachsener Kern bei der SG
Der SG-Geschäftsführer hatte zusammen mit Trainer Romero eine Mannschaft zusammengestellt, die genau das umsetzen kann, was der Coach erwartet: seinen spanischen Stil mit einer herausragenden Abwehr und dann überfallartigen Tempogegenstößen. Den Stamm hielten die SG-Verantwortlichen zusammen. In den Transferperioden im Sommer wurden jeweils nur kleine Anpassungen vorgenommen. Auch vor der Saison mussten mit Filip Baranasic und Niklas Michalski nur ein Torwart und ein Rechtsaußen sowie nach der EM-Pause dann noch mit dem ägyptischen Nationalspieler Mohamed Aly ein weiterer Torhüter in das eingespielte SG-Team integriert werden.
Die Folge: Vor allem gegen die Spitzenmannschaften der Zweiten Bundesliga lieferten die Bietigheimer auf den Punkt ab – erwiesen sich oftmals als das abgezocktere, cleverere Team. Und auch gegen Erstligisten zeigten sie sich bereits teilweise auf Augenhöhe. In der vergangenen Saison lieferten sie dem THW Kiel im Pokal-Achtelfinale einen großen Kampf. Und in dieser Spielzeit schlugen sie in der Runde der besten 32 Mannschaften des Pokals den TSV Hannover-Burgdorf.
Dabei war Romero stets darauf bedacht, nie einen einzelnen Akteur in den Fokus zu stellen. Die Bietigheimer kamen immer über das Kollektiv. Das betont auch noch einmal Spahlinger nach dem Aufstieg: „Wir haben es einfach als Mannschaft gespielt. Keiner hat herausgestochen, sondern wir haben uns als Team getragen. Das macht mich stolz. Denn sowohl die Truppe auf dem Feld als auch neben dem Feld haben es überragend gemacht.“
Kicken im Training gefordert
Dass die Bietigheimer den Aufstieg bereits vor der Zielgeraden perfekt gemacht haben, löste vor allem Erleichterung aus. „Man braucht es nicht unbedingt, dass man es bis zum Schluss spannend hält. Wir haben so konstant gespielt, dass wir uns das verdient haben, jetzt jeden Tag Fußball zu spielen und nicht so sehr aufs Handballerische wert legen müssen. Das hatte Iker mir vor drei Jahren im Fall versprochen, dass wir aufsteigen“, erklärt Rechtsaußen Christian Schäfer, der nach der Saison seine Handballschuhe an den Nagel hängt.
Neben dem 35-jährigen Routinier verlassen auch Spielmacher Alexander Velz, der zu seinem südbadischen Heimatverein HTV Meißenheim in die sechste Liga zurückkehrt, da er sich auf den Beruf konzentrieren will, und Linksaußen Tim Kaulitz (Ziel unbekannt) die SG BBM. Dass Aly zum portugiesischen Topklub Sporting Lissabon wechselt, stand bereits bei seiner Verpflichtung fest.