Vielleicht sollte Emir Cerkez den Heimpartien des SGV Freiberg künftig öfter fernbleiben. Am Ostersamstag weilte der Klubchef und Hauptsponsor mit 81 364 anderen Zuschauern beim Bundesliga-Topspiel zwischen Borussia Dortmund und Union Berlin im ausverkauften Signal Iduna Park. Prompt verpasste Cerkez den bisher höchsten Sieg des SGV in dessen noch junger Regionalliga-Geschichte: Mit 4:0 fertigte der Aufsteiger den 1. FSV Mainz 05 II ab. „Wir schicken ihn jetzt jede Woche weg und besorgen Tickets für irgendwelche Spiele“, scherzte Trainer Roland Seitz, angesprochen auf das Fehlen des Präsidenten, der sonst stets auf der Haupttribüne mitfiebert.
SGV Freiberg Filimon Gerezgiher wirbelt und jubelt
Der Aufsteiger SGV Freiberg feiert mit dem 4:0 gegen den 1. FSV Mainz 05 II den bisher höchsten Sieg in der Fußball-Regionalliga – und ein Winter-Neuzugang seine Torpremiere. Trainer Roland Seitz überrascht mit einem Torwartwechsel.
Zwei Ausrufezeichen
Mit dem Heimtriumph über die Rheinhessen setzten die Freiberger gleich zwei Ausrufezeichen. Zum einen rehabilitierten sie sich eindrücklich für die 0:4-Pleite drei Tage zuvor beim TSV Steinbach Haiger. Zum anderen beendete das Wasen-Team den Höhenflug der Mainzer Erstliga-Reserve, die zuvor sieben Duelle nicht verloren hatte. „Wenn man für die zweite Halbzeit in Steinbach so einen Einlauf bekommt, ist es immer schön, wenn man so schnell wie möglich reagieren kann. Manchmal freut man sich nicht auf englische Wochen, diesmal war sie gut“, sagte Seitz und wies auf die Formstärke und Qualität des Gegners hin: „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man diese Truppe mit 4:0 schlägt.“
Heimann und Thermann als Bankdrücker
Bei der Aufstellung hatte der Coach für zwei Überraschungen gesorgt. Zwischen den Pfosten stand Nachwuchsmann Michael Gelt, der bisherige Stammkeeper Niclas Heimann saß nur auf der Bank – ebenso wie Flügelflitzer Yannick Thermann, der in Freiberg bisher stets einen Stammplatz hatte, wenn er fit war. Außerdem fehlte der verletzte Mert Özkaya. Neben Gelt kehrten die Kreativspieler Christian Mauersberger und David Tomic in die Startelf zurück. „Unser Kader ist groß und gut bestückt. Wenn man nach zwei Punkten aus vier Spielen und einem 0:4 in Steinbach nicht reagiert, ist man nicht glaubhaft für die Jungs, die in der zweiten Reihe stehen“, erklärte Seitz und ging bei der Torwart-Entscheidung ins Detail: „Wir haben das Gespräch mit Niclas gesucht, weil er in den letzten Spielen etwas unglücklich war. Es war ein offenes und ehrliches Gespräch – mit dem Endergebnis, dass wir einfach mal ,Michi’ reinschmeißen und die Entwicklung abwarten.“ Der 21-jährige Gelt erledigte seinen Job jedenfalls zuverlässig und war stets auf dem Posten, sobald er gefordert war – was aber nur selten der Fall war.
Das Duell begann vor den 233 Schaulustigen im Wasenstadion mit einem Schreckmoment: Nach nur wenigen Sekunden rasselten Tino Bradara und Marc Richter im Luftduell zusammen. Der Freiberger konnte weitermachen. Schlimmer erwischt hatte es Richter, der benommen vom Feld geführt wurde und mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ins Krankenhaus musste.
Bereits zur Pause lag der SGV mit 3:0 vorne. Ein „Billardtor“ (Seitz) führte in der zehnten Minute zum 1:0: Nach einer Mauersberger-Ecke flipperte der Ball durch den Strafraum, ehe Innenverteidiger Kilian Senkbeil ihn aus fünf Metern unter die Latte kickte. Als die Abseitsfalle der Nullfünfer nach einem weiten Pass nicht zuschnappte, war Filimon Gerezgiher durch und bediente Marcel Sökler mit einem Querpass – der Kapitän besorgte den Rest zum 2:0 (22.). Und der dritte Freiberger Treffer resultierte aus einer abgefälschten Bogenlampe von Gerezgiher (36).
Froh über Vertrauen
Der Winter-Neuzugang belohnte sich mit seinem ersten Tor im SGV-Dress für eine starke Leistung und stürzte die Gäste auf dem rechten Flügel mit seiner Schnelligkeit immer wieder in Verlegenheit. Von der Knieverletzung, die den 22-jährigen Deutsch-Eritreer wochenlang ausgebremst hatte, war nichts mehr zu spüren. „Ich bin froh, dass ich vom Trainer das Vertrauen bekomme. Jetzt bin ich beim SGV angekommen, wieder bei 100 Prozent und habe gezeigt, was ich kann. Das muss ich nun Woche für Woche machen“, sagte Gerezgiher, der aber dem Klassenerhalt seiner Mannschaft alles unterordnen möchte: „Wir haben uns als Team vorgenommen, da unten rauszukommen. Persönliche Ziele sind da nebensächlich.“
Lob vom Gästetrainer
Fast schon nebensächlich war auch das vierte Freiberger Tor in der 68. Minute: Senkbeil verlängerte eine Hereingabe von Mauersberger, und 05-Abwehrmann Rasim Bulic bugsierte die Kugel mit der Fußspitze zum 4:0-Endstand ins eigene Gehäuse. „Die Freiberger haben uns heute den Schneid abgekauft und verdient gewonnen. Sie haben es top gemacht gegen uns. Wir hatten dagegen einen Tag, den man auf gut Deutsch beschissen nennt“, bilanzierte FSV-Trainer Jan Siewert.