Freiberg verliert beim Oberliga-Kracher gegen die Kickers 0:1 Lucky Punch knockt SGV aus

Von Andreas Eberle
Am Rande der Erlaubten: SGV-Stürmer Dominik Salz drückt hier den Ex-Freiberger und jetzigen Kickers-Abwehrchef Denis Zagaria im Luftduell nach unten. Der Mann mit dem Kopfschutz hatte nach dem 0:1-Rückstand auch die beste Chance zum Ausgleich. ⇥ Foto: Avanti/Ralf Poller

Ausgerechnet im Oberliga-Topspiel kassiert Freiberg die erste Punktspielniederlage seit März 2020. Dicklhubers Traumtor sichert den Kickers einen 1:0-Sieg.

Kevin Dicklhuber hat bei den Fußballern des SGV Freiberg am Samstag ein Gefühl hervorgerufen, das sie lange nicht mehr kannten: den Frust nach einer Niederlage. Mit seinem Traumtor in der 53. Minute entschied der Rückkehrer im Dress der Stuttgarter Kickers den Oberliga-Knaller quasi im Alleingang. Mit 1:0 triumphierten die Gäste vor den 1300 Fans im Wasenstadion. Freibergs Kicker waren zuletzt im März 2020 in einem Punktspiel leer ausgegangen (1:2 beim Freiburger FC). „Es war klar, dass wir nicht zwei Saisons durch die Oberliga reisen und nie verlieren. Dass das nun ausgerechnet im Topspiel passiert, ist bitter und fühlt sich extrem bescheiden an“, sagte SGV-Trainer Evangelos Sbonias. In der vorigen Spielzeit war er mit seinem Team noch ohne Niederlage geblieben – elf Siege und zwei Unentschieden standen beim Saisonabbruch für den damaligen Spitzenreiter zu Buche.

Kritik von der Kickers-Ikone

Bis zum Tor des Tages hatte die Wasen-Elf mehr Spielanteile und setzte den Mitfavoriten mächtig unter Druck, ohne sich freilich die ganz großen Chancen herauszuspielen. Die Kickers hielten sich zurück und achteten vornehmlich auf die Absicherung nach hinten. In der Abwehr machte speziell der Ex-Freiberger Denis Zagaria einen Riesenjob. „Man merkt beiden Mannschaften den Respekt voreinander an. Freiberg wirkt auf mich viel präsenter. Wir müssen mehr machen“ – so lautete der Halbzeit-Kommentar von Tribünengast Ralf Vollmer, der von 1983 bis 1994 für die Degerlocher 340 Erst- und Zweitligaspiele absolviert hat.

Die kritischen Worte der Kickers-Vereinsikone waren zwar nicht bis in die Kabine zu hören, dennoch steigerten sich die in Gelb spielenden Blauen im zweiten Durchgang. Ein Geniestreich von Dicklhuber brachte ihnen den glücklichen Sieg. Erst nagelte der Offensivmann die Kugel mit seiner linken Klebe an die Unterkante der Latte, von wo sie kurz vor der Torlinie aufsprang. Als die SGV-Defensive den Ball nicht wegbrachte, durfte Dicklhuber im Strafraum erneut Maß nehmen – und diesmal schlug der Ball im langen Eck ein. „Das war ein Sonntagsschuss am Samstag“, stellte der Freiberger Kapitän Marco Grüttner später anerkennend fest. „Bei so einem Tag wie heute war das der Lucky Punch.“ Dominik Salz’ Kopfball nach einer der vielen Ecken blieb die einzige zwingende Ausgleichschance.

Erkältungswelle zur Unzeit

Die Hausherren hatten nicht nur mit dem giftigen Titelrivalen zu kämpfen, sondern noch mit anderen schwierigen Umständen. Zum einen mussten sie dem Rückstand bei Temperaturen von „gefühlt 40 Grad auf dem Platz“ (Sbonias) hinterherhecheln. Zum anderen war unter der Woche eine Erkältungswelle durch den Kader geschwappt, weshalb mehrere Profis nur bedingt einsatzfähig waren. Dazu zählte auch der erst in der 80. Minute eingewechselte Top-Torjäger Marcel Sökler.

„Es haben drei, vier Jungs von Anfang an gespielt, obwohl sie nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Wenn das ein anderes Spiel gewesen wäre, wären sie gar nicht aufgelaufen“, erläuterte Sbonias, dessen Truppe obendrein noch das intensive Pokalduell vom Mittwoch beim SSV Reutlingen in den Knochen steckte. „Ich habe der Mannschaft im Kreis gesagt, dass ich absolut stolz auf die Leistung bin, die sie abgeliefert hat“, sagte Sbonias. Dem Übungsleiter war aber auch das Manko seiner Schützlinge nicht verborgen geblieben: „Am Ende haben der letzte Pass, der letzte Tick oder auch die letzte Gier gefehlt, um das Tor zu machen und sich zu belohnen.“

Während der SGV mit nur einem Zähler aus den ersten beiden Saisonduellen Rang 15 belegt, scheint die Sonne über dem Fernsehturm nach dem missratenen Auftakt nun schon wieder heller. „Wenn du als Favorit startest und dann gegen Walldorf II gleich verlierst, dann ist es in der Social- Media-Zeit schwierig, das Selbstbewusstsein der Spieler oben zu halten. Denn jeder sagt dir, wie schlecht du bist und dass du nicht aufsteigst. Das war die richtige Antwort der Mannschaft“, freute sich Kickers-Coach Ramon Gehrmann über den Prestigeerfolg an seiner alten Wirkungsstätte.

Weitere Stimmen zum Spiel

Evangelos Sbonias, Trainer des SGV Freiberg: Bis zum Tor waren wir die deutlich bessere Mannschaft. Nach der Pause standen die Kickers sogar noch mal fünf, sechs Meter tiefer als in der ersten Halbzeit. Das 1:0 ist aus dem Nichts gefallen. Es war klar, dass das etwas mit der Mannschaft macht. Dann merkt man auf einmal die 40 Grad und das Spiel vom Mittwoch.

Ramon Gehrmann, Coach der Stuttgarter Kickers: Auf dem Platz ging es hitzig zu. Wir waren schon ein bisschen nickelig, aber das gehört dazu. Dennoch haben sich alle Freiberger als faire Verlierer gezeigt und uns gratuliert. Dieser Sieg ist für uns unbezahlbar, was die emotionale Seite anbelangt. Das haben wir als Mannschaft gebraucht. Jedes Erfolgserlebnis gibt einem Vertrauen, das wir nun in die nächsten Spiele mitnehmen.

Marco Grüttner, SGV-Kapitän: Wir haben ein super Spiel abgeliefert, alles reingehauen und die Kickers gerade in der ersten Hälfte vor Probleme gestellt. Die haben nur lange Bälle geschlagen, das sieht man normal nicht von ihnen. Leider haben wir es verpasst, ein Tor zu schießen. Der Mannschaft kann man keinen Vorwurf machen. Dass wir jetzt ein paar Punkte hintendran sind, wirft uns nicht um. Wir wissen, was wir können und was wir besser machen müssen.

Volkan Celiktas, Freiberger Abwehrchef: Mit meiner zweiten Gelben Karte bin ich nicht einverstanden. Kevin Dicklhuber hat bei mir geklammert und mich runtergezogen - nicht umgekehrt. Gegen so einen Gegner kann man verlieren. Wir haben noch 36 Spiele, da ist noch alles drin. Auch wenn wir gewonnen hätten, hätte keiner von uns gesagt, wir steigen jetzt sicher auf. In dieser Liga haben wir immer Druck. Wir haben aber so viel Potenzial, Erfahrung und Charakter im Team, um damit umzugehen.

 
 
- Anzeige -