Sollen Schulen geöffnet werden? Streitthema Schulen

Von Gabriele Szczegulski
Wahrscheinlich werden die Schulen auch noch nach dem 11. Januar geschlossen bleiben, ob sie in Wechsel- oder hybriden Unterricht gehen, ist noch nicht klar.⇥ Foto: dpa

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert von Kultusministerin Susanne Eisenmann eindeutigere Konzepte für den Fernunterricht.

Claus Stöckle, Leiter der Realschule im Aurain Bietigheim-Bissingen, hat über die Weihnachtsferien gerechnet: 2,0 Prozent seiner Schüler, 15 von insgesamt 750 Schülern, waren seit dem Ende der Sommerferien  mit Corona infiziert. 13 hatten sich nachweislich, so Stöckle, bei den Eltern angesteckt. „Damit ist die Schule doch kein Pandemie-Träger“, sagt er. „Man sollte im Kultusministerium mehr die Fakten vor Ort betrachten, aber leider ist die Frage, ob es Präsenzunterricht oder Schließung oder Fernunterricht gibt, eine politische und wird auch so beantwortet“, sagt er.

Damit meint der Realschul-Rektor, dass es wohl zu einer weiteren Schließung der weiterführenden Schulen nach dem 11. Januar kommt. Die Kultusminister der Länder haben in einer Videokonferenz eine stufenweise Öffnung der Schulen beschlossen, allerdings können die Länder dies selbst entscheiden. Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann fährt in der Riege der Kultusminíster eine harte Gangart. Sie möchte eigentlich eine Öffnung der Schulen, unabhängig vom Inzidenzwert in den Kommunen, wird nun aber der Kultusministerkonferenz folgen. „Wir sind auf alles vorbereitet, auf die Schließung, auf Homeschooling, geteilten Unterricht, wir wollen nur einfach bald wissen, wie es weitergeht, dann können wir alles organisieren“, sagt Claus Stöckle.

Ganz so einfach stellt sich für Martin Hettler, Kreisvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Situation nicht dar. Schulunterricht auch in den Grundschulen funktioniert seiner Meinung nach nur, wenn bestimmte Vorgaben erfüllt sind. „Das kann doch nicht sein, dass an den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI), die eindeutig sind, vorbeigegangen wird“, so Hettler.  Das RKI fordert bei einer Inzidenzzahl höher als 50 Infizierte pro 100 000 Einwohner die Maskenpflicht für alle Schüler und Lehrer, auch für Grundschüler, sowie getrennten Unterricht, um den Abstand einhalten zu können. „Wir sind nicht gegen eine Öffnung der Schulen, aber für ein klares Konzept und klare Vorgaben des Kultusministeriums“, so Hettler. Das sei eben die Maskenpflicht mit der Vergabe kostenloser Masken und die Klassenteilung. „Natürlich ist Präsenzunterricht das beste, aber auch der Gesundheitsschutz von Schülern und Mitarbeiter sollte eine Rolle spielen“, sagt Hettler.

Auch Claus Stöckle fordert ein klares Konzept des Kultusministeriums. „Wir erfahren immer auf den letzten Drücker, was gemacht wird“, sagt er. Klare Ansagen vonseiten der Ministerin seien selten. Hettler fordert diese ganz klar, und auch die Bedingungen sollten vom Ministerium optimal vorbereitet werden. „Das Dilemma ist doch, dass Fernunterricht nicht an allen Schulen gut umgesetzt werden kann, die Schulen hier alleine gelassen werden, in den Monaten seit Pandemiebeginn ist nichts passiert“, so Hettler.

Seiner Meinung nach hätten die technischen Voraussetzungen für den Fernunterricht schon längst durch das Kultusministerium verbessert werden müssen.  „Man ist in den letzten Monaten keinen Deut weitergekommen, und die Schulen sind auf sich alleine gestellt“, kritisiert Hettler.

Präsenz hat Vorrang

Als Elternbeiratsvorsitzende des K2 der Ellentalgymnasien und Gesamtelternbeiratsvorsitzende von Bietigheim-Bissingen wünscht sich Heike Schlegel, so sagt sie, natürlich Präsenzunterricht. „Da die Fallzahlen jedoch derzeit noch sehr hoch sind, befürchte ich, dass dies nicht möglich sein wird.“  Da es aber in Bietigheim-Bissingen noch keine optimale Infrastruktur für digitales Lernen gebe, sei auch der Hybridunterricht schwierig durchzuführen, „zumal auch keinem geholfen ist, wenn immer nur wochen- oder tageweise die Hälfte der Klasse in Präsenz in der Schule ist“. Es gebe weder für Eltern, die arbeiten müssen, noch für Schüler oder Lehrer Planungssicherheit. Anders, so Schlegel, sehe es für die Kinder in Kitas und Grundschulen aus.  „Gerade in diesem Alter ist es wichtig, dass die Kinder in Präsenz vor Ort sind. Jüngere Kinder brauchen auch das Kräftemessen mit Gleichaltrigen und können noch nicht im Fernlernunterricht unterrichtet werden.“ Auch sei für viele Schüler gerade das Sprechen existenziell wichtig für die weitere Entwicklung.

 
 
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