SPD, Grüne und FDP im Kreis Ludwigsburg zur Sondierung: „Es ist ein gutes Papier“

Von Claudia Mocek
Umweltschützer, maskiert als Politiker, haben vor Kurzem vor dem Kongresszentrum in Berlin protestiert.⇥ Foto: via www.imago-images.de

Vertreter von SPD, Grünen und FDP loben die Aufbruchstimmung. Alle rechnen jedoch auch mit harten Koalitionsverhandlungen.

Als Fortschrittskoalition können wir die Weichen für ein Jahrzehnt der sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen, digitalen und gesellschaftlichen Erneuerung stellen“, heißt es im zwölfseitigen Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP. Es enthält zehn Themen, auf die sich die Verhandlungspartner im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen festgelegt haben – vom digitalen Aufbruch über Klimaschutz bis hin sozialer Sicherheit und den Staatsfinanzen. Wie bewerten die Politiker aus dem Kreis Ludwigsburg das Papier? Die BZ hat bei Macit Karaahmetoglu (MdB, SPD), Dr. Sandra Detzer (MdB, Grüne) und Marcel Distl (Stellvertretender FDP-Kreisvorsitzender) nachgefragt.

„Alle wesentlichen Themen werden angesprochen“, ist der SPD-Abgeordnete Macit Karaahmetoglu überzeugt. Mit Aussagen zu einem effektiven Klimaschutz, zwölf Euro Mindestlohn, der Förderung von jährlich 100 000 öffentlich geförderten Wohnungen und dem Ersatz von Hartz IV durch ein Bürgergeld würden Kernthemen seiner Partei aufgegriffen. Die Erwartung in der Bevölkerung sei, dass sich etwas verbessere. Die Parteien „eint die Verantwortung für Deutschland“, sagt Karaahmetoglu. Vor diesem Hintergrund seien Konflikte nebensächlich.

Steuern sollen nicht erhöht werden, heißt es in dem Papier, die Schuldenbremse soll der Rahmen für Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung sein. Reicht das aus? Für die Finanzierung von Maßnahmen sieht Karaahmetoglu private Vermögen, die künftig mobilisiert werden sollen, als Quelle.

Einigung vor Weihnachten?

Die „Volkskoalition“, wie Karaahmetoglu die mögliche Ampel nennt, unterscheide sich von der bisherigen Regierung, weil sie „Modernisierung nicht verhindert wie die Union“. Gleichstellung der Frau, Zuwanderung von Fachkräften und der enorme Energiebedarf der Zukunft seien für ihn zentrale Punkte. Der SPD-Abgeordnete hofft, dass die Ampel-Vertreter noch vor Weihnachten ihre Verhandlungen abgeschlossen haben werden.

Was von außen zunächst wie „profane Prosa“ aussehe, sei Ausdruck dessen, was die Parteien SPD, Grüne und FDP vor dem Hintergrund ihrer Positionen gemeinsam entworfen haben, sagt die Grünen-Abgeordnete Sandra Detzer. An welcher Stelle welches Thema und mit welchen Worten genannt werde, sei Ausdruck der Prioritäten: „Das macht diese Papiere so spannend.“

Die Partner hätten sich unter anderem auf ein schnelleres Arbeiten der Verwaltungen verständigt. „Die Politik muss liefern“, sagt Detzer. Dass das Papier ein Tempolimit ausschließt, wertet sie als Ausdruck des Kompromisses, auch wenn es „ein Punkt ist, der uns weh tut“, sagt die Grünen-Abgeordnete. Das Bekenntnis zum öffentlich geförderten Wohnbau werde den „klug agierenden kommunalen Wohnungsbaugesellschaften Rückenwind“ bescheren, hofft sie.

Die Vertraulichkeit zwischen den Parteien sei schon jetzt ein Kontrapunkt zum politischen Stil, wie er 2017 gepflegt worden sei. Sie lobte den „Geist des Aufbruchs“. Detzer rechnet damit, dass es in den Koalitionsverhandlungen noch zu harten Verhandlungen kommen werde, bei denen es auch mal lauter werden könnte. Denn grundlegende Felder seien noch offen. Am Ende zähle das Ergebnis, das bis Weihnachten feststehen soll. Die Personalentscheidungen würden am Schluss von einer Kerngruppe getroffen, was auch besser für die inhaltlichen Verhandlungen sei, so Detzer: „Es bleibt hochspannend.“

„Es ist ein gutes Papier“, sagt der Stellvertretende FDP-Kreisvorsitzender Marcel Distl. Es verspreche wichtige Modernisierungsschübe, keine Steuererhöhungen und Entlastungen für die Bürger. Außerdem solle laut Sondierungspapier das Kindergeld auf neue Füße gestellt werden. Distl lobt zudem „den Turbo bei der Digitalisierung“. Weitere Konkretisierungen im Koalitionsvertrag müsse man abwarten.

Distl lobt, dass Kernpunkte wie vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die kapitalgedeckte Rente von der FDP aufgenommen worden seien. Im Sondierungspapier fehle aus seiner Sicht jedoch die Legalisierung von Cannabis. Die Finanzpolitik werde noch für Konflikte zwischen den Parteien sorgen, ist sich Distl sicher. Dass es kein generelles Tempolimit geben werden, darüber ist er erleichtert.

„Die Art und der Stil der Gespräche und Verhandlungen war eine Zäsur im Vergleich zu 2017“, findet auch Distl. Damals seien viele Informationen durchgestochen worden. SPD, Grüne und FDP hätten nun vertrauensvoll miteinander verhandelt.

Die Ressortzuteilung und die Verteilung der Posten kommen zum Schluss. „Das wird nicht einfach“, glaubt Distl. Als Finanzminister kenne Olaf Scholz die Zahlen und wisse, was Sache sei.

 
 
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