Spielabsagen wegen Corona Bietigheimer Handballerinnen infiziert

Von Sebastian Klaus
Trainer Markus Gaugisch im Kreise seiner Spielerinnen. Nach zwei positiven Corona-Befunden bei der SG BBM Bietigheim wurde das ursprünglich für Samstag angesetzte Spiel des Bundesligisten in der Champions League bereits abgesagt.  ⇥ Foto: Marco Wolf

Haben sich Spielerinnen der SG BBM Bietigheim am vergangenen Samstag bei der Auswärtspartie in der Champions League gegen Rostov-Don mit Corona infiziert? Der Verdacht liegt jedenfalls nahe.

Aufregende und nervenzehrende Stunden hatten die Spielerinnen des Bundesliga-Spitzenreiters am Mittwoch vor der Spielabsage ihrer Auswärtspartie bei der HSG Bad Wildungen Vipers zu überstehen. Denn bevor die coronabedingte Absage der Begegnung gegen 18 Uhr, also rund anderthalb Stunden vor dem eigentlich geplanten Anpfiff, auf der Facebookseite des Vereins bekannt gegeben wurde, hatten die SG-Spielerinnen einige Momente des Hoffens und Bangens zu überstehen, wie der Bietigheimer Trainer Markus Gaugisch am Donnerstag im Telefongespräch mit unserer Zeitung anschaulich berichtete. „Es war auf jeden Fall eine sehr skurrile Situation“, erzählt der gebürtige Göppinger.

So hätte sich seine Mannschaft bereits im Teambus in Richtung Nordhessen befunden. Nach dem Spiel in Bad Wildungen wollte der SG-Tross dort im Hotel übernachten, um dann am nächsten Tag direkt weiter nach Norwegen zu fliegen, wo am Samstag das Champions League-Spiel gegen Kristiansand angestanden hätte. Rund 350 Kilometer von Bietigheim-Bissingen entfernt liegt die Gemeinde Bad Wildungen mit ihrem Heilbäderzentrum und Staatsbad. Eine lange Fahrt: Kurz vor Kassel habe eine seiner Spielerinnen zufällig auf ihrem Smartphone auf Instagram gelesen, dass die kommende Partie des letzten Champions League-Gegners HC Rostov-Don am Samstag gegen CSM Bukarest abgesagt worden war. „Da ist die Spielerin natürlich hellhörig geworden“, berichtet Gaugisch.

Denn schließlich hatte der russische Serienmeister bereits im Vorfeld der Partie gegen Bietigheim mit Coronafällen im Team zu kämpfen gehabt (wir berichteten). So musste die eigentlich für vor einer Woche angesetzte Partie in der Königsklasse beim norwegischen Vertreter Vipers Kristiansand nach mehreren positiven Tests im Spieler- und Betreuerstab abgesagt werden. Während der Großteil der Mannschaft von Rostov-Don nach einigen Problemen an der Grenze doch noch nach Russland zurückkehren konnte, um am Samstagmittag die Partie gegen Bietigheim zu bestreiten, steckten insgesamt fünf erkrankte Mitglieder des Teams auch am vergangenen Wochenende noch immer in Norwegen fest.

Offenbar aufgrund weiterer positiver Fälle im Team der Russinnen wurde deshalb die Champions League-Partie gegen Bukarest verlegt. Die offensichtlich kritische Lage hielt den Spitzenreiter der russischen Super League allerdings nicht davon ab, noch am Mittwochnachmittag in der Liga eine Auswärtspartie im südrussischen Maikop auszutragen – allerdings mit einem Rumpfkader von lediglich elf Spielerinnen. Wie der EHF-Direktor Media and Communications, Thomas Schöneich, am Donnerstagnachmittag auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigte, waren tatsächlich einige Corona-Erkrankungen im Team von Rostov-Don für die Verlegung des Spiels gegen Bukarest verantwortlich. Und auch die Partie der SG BBM gegen Kristiansand am Samstag sei bereits offiziell verschoben worden.

EHF bleibt stur

Schon vor dem Flug der Bietigheimerinnen nach Russland hätten die SG-Verantwortlichen bei der Europäischen Handballföderation aus Sorge um die Gesundheit ihrer Spielerinnen um eine Verlegung des Spiels gebeten. Doch ohne Erfolg. Die SG BBM musste antreten und verlor am Ende mit 21:27 beim Tabellenführer der Gruppe A.

Auf einem Parkplatz bei Kassel hätten sich die Spielerinnen nach dem Durchsickern der Spielabsage der Russinnen dann mit mitgebrachten Schnelltests selbst getestet. „Um die Spielerinnen von Bad Wildungen nicht zu gefährden, wollten wir kein Risiko eingehen“, erläutert Gaugisch die Maßnahme, die sich schon kurz darauf als sinnvoll herausstellen sollte:  Denn bei zwei Spielerinnen fiel das Ergebnis positiv aus, berichtet Gaugisch. Kurz darauf hätte die Bietigheimer Delegation auch telefonisch die Ergebnisse der noch vor der Abfahrt durchgeführten offiziellen PCR-Tests erreicht, die den Befund der Schnelltests bestätigte.  „Dann haben wir angefangen, in alle Richtungen zu telefonieren“, so der SG-Coach. Gegen 17 Uhr sei die Partie des Abends dann abgesagt worden.

Wie es nun mit dem gesamten Kader der SG BBM weitergeht, stand am Donnerstag noch nicht fest. „Da stehen wir im Austausch mit dem Gesundheitsamt und warten auf weitere Meldungen. Noch gibt es keine schriftliche Bestätigung, aber ich gehe mal davon aus, dass das Team in Quarantäne muss“, so Gaugisch, der natürlich auch eins und eins zusammenzählen kann und vermutet, wo sich seine Spielerinnen infiziert haben könnten: „Die Wahrscheinlichkeit ist schon sehr hoch, dass sie sich gegen Rostov-Don angesteckt haben. Aber das lässt sich nicht beweisen“, erzählt der Coach, der natürlich hofft, dass keine Spielerin schwer krank wird. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel in Rostov hatte Gaugisch seinem Team noch die Daumen gedrückt, dass sie ja „gesund nach Hause kommen.“ Offensichtlich vergeblich.

 
 
- Anzeige -