Stabwechseln in der Musikschule Bietigheim-Bissingen Sein großes Finale und ihre Ouvertüre

Von Heidi Vogelhuber
Barbara Hernández übernimmt die Leitung der Musikschule im Schloss von Reimund Schiffer, der am heutigen Freitag seinen letzten Tag in der Musikschule hat. Er geht in den Ruhestand. Foto: /Oliver Bürkle

Barbara Hernández übernimmt die Leitung der Musikschule im Schloss in Bietigheim-Bissingen von Reimund Schiffer, der am heutigen Freitag seinen letzten Tag in der Musikschule hat. Er geht in den Ruhestand.

Über 40 Jahre war Reimund Schiffers Leben fest verwachsen mit der Musikschule im Schloss in Bietigheim-Bissingen. An diesem Freitag wird dem 65-jährigen Schulleiter jedoch vermutlich die schwierigste Aufgabe bevorstehen: der Abschied. „Das Schülervorspiel wird emotional. Das wird mit Abstand das Schwierigste“, sagt Schiffer. Schon beim Gespräch mit der BZ schwingt viel Wehmut mit.

Hinter seinem Stuhl im Büro hängt ein Bild vom Bietigheimer Künstler Roland Bentz, das er sich als Leihgabe von der Städtischen Galerie aussuchen durfte. Es zeigt ein Schiff. „Ich werde es vermissen“, sagt der scheidende Schulleiter und meint mutmaßlich nicht nur das Bild. „Frau Hernández wird sich sicherlich ein eigenes aussuchen dürfen.“

Über zehn Jahre in Bietigheim

Barbara Hernández ist in der Musikschule im Schloss keine Unbekannte. Seit 2012 unterrichtet sie an der Bietigheimer Institution. „Ich habe als Elternvertretung in der musikalischen Früherziehung angefangen und bin schnell als Festangestellte reingekommen“, erinnert sie sich. Ihre vorherige Stelle habe sie gern zugunsten der Bietigheimer Musikschule aufgegeben und ihren „beruflichen Schwerpunkt hierher verlegt“, wie sie sagt. Seit 2019 hat sie die Fachbereichsleitung „Elementarbereich und Gesang“ übernommen.

Den nächsten Schritt geht die 48-Jährige seit März dieses Jahres – im ersten Monat noch mit ihrem Vorgänger gemeinsam: Sie übernimmt die Schulleitung. „Ich habe hin und her überlegt, ob ich’s machen soll“, verrät sie, „ich habe mich entschlossen, es zu tun. Das ist der richtige Zeitpunkt, sich noch mal zu verändern.“ Den Schritt gehe sie aus voller Überzeugung, auch weil sie spüre, dass das Team der Musikschule hinter ihr stehe. „Das Kollegium, die Abläufe, die Verwaltungsaufgaben kenne ich. Jetzt habe ich richtig Lust, mich einzuarbeiten.“

Auch Reimund Schiffer startete seine Karriere als Lehrer, als Posaunenlehrer und Orchesterleiter, um genau zu sein. 1982 fing er an der Musikschule an, bereits zwei Jahre später übernahm er die Leitung des großen Jugendblasorchesters, in dem 70 Jugendliche musizierten. „Das war eine große Herausforderung“, sagt Schiffer, aber die Aufgabe habe ihm immer viel Freude bereitet. Mit den Jugendlichen habe er viele Reisen unternommen, habe viele gute Bekanntschaften und auch Freundschaften schließen können, unter anderem in England, Ungarn, den USA. Und auch wichtige Erfahrungen sammeln können. Denn: „Ich sehe auch das Kollegium als ein Orchester“, als Schulleiter müsse versucht werden, jeden bestmöglich einzusetzen. „Es hat mir immer Spaß gemacht, zu leiten und zu führen und auch zusammenzuführen“, resümiert Schiffer.

Grundlegende Veränderungen

Nachdem er 1984 stellvertretender Schulleiter wurde, übernahm er die Schulleitung 2007. „Es hat mir sehr geholfen, dass ich schon alle kannte.“ Neider habe es keine gegeben, es sei stets ein tolles Team gewesen, das ihm Rückhalt gab.

Im Jahr seiner Übernahme hat sich etwas Grundlegendes verändert: die Verwaltungsstruktur. Aus sieben Fachbereichen wurden drei. Dafür wurde den Leitern mehr Verantwortung übertragen. „Wir haben die Aufgaben komprimiert und das hat sich bewährt“, sagt Schiffer. Noch heute ist die Verwaltungsstruktur der Musikschule so aufgebaut.

Was sie künftig ändern wolle, das werde sie häufig gefragt, sagt Barbara Hernández. „Es geht nicht darum, etwas besser oder anders zu machen. Natürlich wird aber alles eine andere Färbung bekommen, weil ich ein anderer Mensch bin“, sagt die Schulleiterin. Die Musikschule stehe aber toll da, sie wolle daher nicht alles umkrempeln.

„Der Schlüssel zum Ganzen ist, Veränderungen mitzugehen“, sagt Schiffer. Das sei auch die große Aufgabe der Zukunft: das über die Jahre aufgebaute Netzwerk zu pflegen und noch weiter auszubauen. „Als ich anfing, hatten wir ungefähr 1700 Schüler und Schülerinnen. Jetzt sind es etwa 2800“, sagt Schiffer. Das liege auch an den fruchtbaren Kooperationen. „In Bietigheim gibt es ein einmaliges Angebot, beispielsweise die musikalische Früherziehung. Die Stadt ist sehr kulturfreundlich“, sagt er. Mit Schulen und Kitas zusammenzuarbeiten, weiterhin Konzertreisen mit anderen Orchestern und Musikschulen zu organisieren und ganz wichtig: nie den Draht zu den Kindern und Jugendlichen zu verlieren – das sieht der scheidende Schulleiter als die entscheidenden Kernaufgaben der Zukunft. „Ich habe die Musikschule nie als Insel gesehen, sondern immer als Teil des Netzwerks.“

Von 33 auf sechs Stunden

Um nicht die Verbindung zur Schülerschaft zu verlieren, unterrichtete Schiffer trotz seiner Verwaltungsaufgaben immer noch sechs Stunden pro Woche – als Musiklehrer waren es 33. So möchte es auch seine Nachfolgerin handhaben.

„Ich gehe immer noch gerne zur Arbeit und werde das auch am Freitag – an meinem letzten Tag – noch tun. Die Musikschule gibt uns viel zurück, sie ist mehr als ein Arbeitsplatz“, sagt Schiffer. „Sie ist ein Lebensraum“, ergänzt Hernández.

 
 
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