Stadtkirche Besigheim Statt Bach gab es Jazz und Tango

Von Dietmar Bastian
Paul Rivinius spielte auf dem neuen Steinway und Saxofonist Christian Segmehl Foto: /Koni Hanft

Christian Segmehl am Saxofon und Paul Rivinius am Klavier spielten in Besigheim ein Klassik-Jazz-Crossover-Programm.

Das Musikangebot der Stadtkirche Besigheim ist besonders reichhaltig und sucht in der Region seinesgleichen. Mit der Anschaffung des neuen Steinway-Flügels eröffnen sich – zusätzlich zu den Konzerten auf der großartigen Orgel – vielfältige neue Möglichkeiten. Für Gottesdienste und die lebendige Chorarbeit sei der Kauf eines Flügels notwendig gewesen, sagt Kirchenmusikdirektor und Bezirkskantor Tobias Horn im Gespräch. Obendrauf seien jetzt auch noch Konzerte wie jenes am Sonntagabend möglich, so Horn weiter.

Vielfach ausgezeichnete Künstler spielen zusammen

Es war das zweite in der neuen Reihe „Frischer Wind“ und bescherte den recht zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern mit zwei Meistern ihres Fachs einen fabelhaften Konzertabend bei Kerzenschein. Es spielten der vielfach ausgezeichnete Saxofonist Christian Segmehl (Gewinner des Echo-Klassik 2010) auf dem Altsaxofon und der ebenfalls hochdekorierte Pianist Paul Rivinius auf dem neuen Steinway.

Das Saxofon trifft man nicht unbedingt häufig in Kirchen an, doch schon nach wenigen Takten war die Neugierde geweckt, und das Publikum konnte sich von dem enormen Klangspektrum und den reichen technischen Möglichkeiten des relativ jungen Vertreters der Holzbläserfamilie ein Bild machen.

Unbekümmert und mit Freude am eigenen Tun

Die Überschrift „Frischer Wind“ war für das Spiel des wunderbar harmonierenden Duos in gleich doppelter Hinsicht gut gewählt: Zum einen spielten die beiden Musiker unbekümmert, leichtgängig und mit spürbarer Freude am eigenen Tun, zum anderen hatten sie ein Programm dabei, das – für einen kirchlichen Kontext ebenfalls unüblich – dem Grenzbereich von Klassik und Jazz zuzuordnen war.

Anders als ursprünglich angekündigt gab es nicht Bach und Schubert, sondern Jules Demersseman, Alfred Desenclos, Barry Cockcroft, Astor Piazzolla, Paul Desmond und Darius Milhaud. Diese Komponisten, die einem Großteil der Zuhörerschaft eher unbekannt gewesen sein dürften, haben Originalwerke für die Duobesetzung Saxofon und Klavier komponiert, oder deren Werke wurden für diese Paarung arrangiert.

Der gebürtige Oberschwabe Segmehl führte locker durch das Programm und verhalf den Gästen zu einem besseren Verständnis der Musik. Das Zusammenspiel der beiden Ausnahmemusiker war besonders arriviert, ja nahe an der Perfektionsgrenze, und unterschied sich deutlich von zufälligen Duokonstellationen. Christian Segmehl ist ja ohnehin Ensemble-Spieler und Paul Rivinius hat sich insbesondere als kammermusikalischer Begleiter einen Namen gemacht. Mit dem „Clemente Trio“ gewann er schon 1998 den wichtigen ARD-Wettbewerb in München, seit 2004 ist er Pianist des „Mozart Piano Quartet“, mit dem er 2018 den „Opus Klassik“ verliehen bekam.

Klangexplosion, Rauschhaftes und Lyrisches

In der „Fantaisie“ von Demerssman erlebten die Zuhörer eine wahre Klangexplosion, in „Prélude, Cadence et Final“ von Desenclos, Rauschhaftes und Lyrisches, und Experimentelles im Solostück „Black & Blue“ des Australiers Cockcroft.

Die zweite Hälfte des Konzerts in der Stadtkirche Besigheim wirkte vertrauter und bescherte dem begeisterten Publikum eine „Tango-Suite“ des Argentiniers Piazzolla, dem Erfinder des bühnengängigen „Tango Nuevo“, den unverwüstlichen Jazzklassiker „Take Five“ und – vor den Zugaben – die wild-freche Scaramouche-Suite von Milhaud. Viele Töne, berauschend schöne Musik und ein am Ende restlos begeistertes Publikum – so das Fazit diesen Konzerts. 

 
 
- Anzeige -