Städtische Finanzen Strukturelle Probleme belasten

Von Jürgen Kunz
Die Stadt hat den Hebesatz der Grundsteuer B ab 1. Januar auf 400 von Hundert erhöht. Nach Berechnungen der Stadtverwaltung bedeutet dies bei einem durchschnittlichen Grundsteuermessbetrag B von 83 Euro (für ein Einfamilienhaus) eine jährliche Mehrbelastung in Höhe von 24,90 Euro.⇥ Foto: Werner Kuhnle

Eine schleichende Finanzierungslücke durch wachsende Aufgaben kann nicht mehr durch hohe Steuereinnahmen, wie in den vergangenen Jahren, aufgefangen werden.

Es waren schwer verdauliche Zahlen, die der Bönnigheimer Kämmerer German Thüry kurz vor Jahreswechsel aufzeigte. Mit einem Rückgang um rund 60 Prozent „ist die Gewerbesteuerentwicklung im freien Fall“, sagte er. Wenn die bisher erhaltenen Coronahilfen des Bundes einmalig wären, sehe es für den Haushalt 2021 nicht gut aus, merkte der an. Der Gemeinderat stimmte deshalb dem Verwaltungsvorschlag bei zwei Enthaltungen der Hebesatzerhöhung der Grundsteuer A und B von jeweils 400 auf 430 von Hundert sowie der Gewerbesteuer von 370 auf 400 von Hundert ab 1. Januar 2021 zu.

Die Verwaltung rechnet dadurch 2021 mit Mehreinnahmen bei der Grundsteuer A in Höhe von 4551 Euro bei einem bisherigen Gesamtvolumen 1,18 Millionen Euro (2020). Die Einnahmen der Gewerbesteuer sollen sich so um knapp 260 000 Euro erhöhen. Das Steueraufkommen bei der Gewerbesteuer lag im Haushalt 2020 bei 3,18 Millionen Euro.

Für Thüry zeige die Hochrechnung für 2020 trotz allem ein ordentliches Ergebnis: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“ Dies sei allerdings nur durch die finanziellen Coronahilfen für die Kommunen möglich gewesen. Rund 1,83 Millionen Euro weisen die ordentlichen Erträge der Stadt Bönnigheim aus. Dem stehen ein Minus in Höhe von 608 000 Euro bei der geplanten Gewerbesteuer von vier Millionen Euro, und 413 600 Euro weniger beim Anteil der Einkommenssteuer, der mit 4,78 Millionen Euro veranschlagt war, gegenüber.

Wie in allen anderen baden-württembergischen Kommunen hat sich auch in Bönnigheim die Aufgabenstruktur in den letzten Jahren stark verändert. Zunehmend kamen bildungs- und betreuungspolitische Themen hinzu, die sich auch in steigenden Gesamtausgaben in den Kommunalhaushalten widerspiegelten. „Spätestens mit der Einführung des Rechtsanspruchs für die U3-Betreuung ab 2013 und dem damit notwendigen massiven Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen explodierten die Ausgaben in diesem Aufgabenbereich“, konstatiert die Bönnigheimer Verwaltung. Nachdem die bisherigen Aufgaben und somit auch die Ausgaben nicht in gleichem Maße zurückgefahren werden konnten, entstand eine schleichende Finanzierungslücke, die aber durch die hohen Steuereinnahmen der letzten Jahre überdeckt worden seien.

Es sei aber schon absehbar, dass der Aufgabenumfang nur so lange einigermaßen finanzierbar ist, wie die Steuereinnahmen ebenfalls mit jährlichen großen Steigerungsraten aufwarten können. Der befürchtete Einnahmenausfall sei nunmehr sehr schnell in erheblichem Umfang durch die Corona-Krise eingetreten. Hinzu komme, dass der Haushalt 2020 erstmals nach dem neuen Haushaltsrecht aufgestellt wurde. Aufgrund der notwendigen Ausweisung des tatsächlichen Ressourcenverbrauchs musste ohnehin schon ein schlechteres Haushaltsplanergebnis in Kauf genommen werden.

Konsequenz: Haushaltssperre

Bereits im Juli des vergangenen Jahres war zu erkennen, dass sich das Jahresergebnis 2020 voraussichtlich von minus 3,947 Millionen Euro auf minus 4,916 Millionen Euro verschlechtern wird. Notwendigerweise wurde zu diesem Zeitpunktm vom Gemeinderat beschlossen, zusätzlich zu der bereits verfügten Haushaltssperre investive Maßnahmen im Umfang von rund 1,7 Millionen Euro zurückzustellen, um den erheblichen Rückgang der liquiden Mittel im Jahr 2020 zu begrenzen.

Dennoch könne für das Jahr 2020 über eine positive Entwicklung berichtet werden, nachdem sich Bund und Land verständigt haben, den Kommunen im Rahmen einer Soforthilfe einmalig eine Kompensation der Gewerbesteuerausfälle infolge der Corona-Krise zu gewähren.  Daher werde eine einmalige Zuweisung in Höhe von 1,721 Millionen Euro für Bönnigheim zumindest im Jahr 2020 zu einer finanziellen Entlastung führen. Das im Juli prognostizierte Jahresergebnis von minus 4,916 Millionen Euro werde sich somit voraussichtlich auf minus 3,195 Millionen Euro verbessern.

Weitere Konsolidierung nötig

Trotz der dargestellten Ergebnisverbesserung bleibe aber festzustellen, dass das Jahr 2020 tief rot abschließen wird, so die Stadtverwaltung. Dies zeige eindrücklich, dass weitere Maßnahmen zur nachhaltigen Haushaltskonsolidierung dringend notwendig sind. „Einen günstigen Zeitpunkt, um Hebesätze zu erhöhen, gibt es nie“, betont Bürgermeister Albrecht Dautel. Die jetzt beschlossene Erhöhung der Realsteuerhebesätze könne auch nur ein Baustein von vielen sein, um den Haushalt erfolgreich und nachhaltig zu konsolidieren, sagte er.

 
 
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