Die schwäbischen Impressionistinnen sind herausragende Künstlerinnen, die in der Kunstszene des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine besondere Rolle gespielt haben. Obwohl ihre Namen heute nicht so bekannt sind wie die ihrer männlichen Kollegen, darunter Otto Reiniger und Gustav Schönleber, trugen sie maßgeblich dazu bei, den Impressionismus in Süddeutschland zu etablieren und zu prägen.
Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen Früher belächelt, jetzt im Mittelpunkt
In der Städtischen Galerie sind rund 100 Arbeiten von 15 schwäbischen Impressionistinnen zu sehen.
Die Künstlerinnen mussten trotz allem mit vielen Vorurteilen kämpfen, zu ihrer Zeit war es für Frauen in der Kunstszene schwierig, ernst genommen zu werden. Despektierlich wurden sie als „Malerweiber“ bezeichnet. Trotzdem gelang es ihnen, sich durch ihre Leidenschaft und ihr Talent zu behaupten. Die in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen ausgestellten Arbeiten unter dem Motto „Nicht Ausdruck, sondern Eindruck malen“ laden dazu ein, die Schönheit des Alltags und der Natur auf neue Weise zu betrachten und den Blick für das Wesentliche zu schärfen. Möglich wurde dies durch über 30 Leihgeber.
Bedeutung der Frau in der Kunstgeschichte
Die Arbeiten sind ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes der schwäbischen Region und ein Beweis für die Bedeutung der Frauen in der Kunstgeschichte. Wobei es nicht um eine besondere Frauenkunst gehe, so Galerieleiterin Dr. Isabell Schenk-Weininger, vielmehr sollten die Arbeiten der Künstlerinnen als selbstverständlich im Impressionismus verankert werden. Die Werke wurden bereits in verschiedenen Ausstellungen gezeigt, unter anderem beim Kooperationspartner Schloss Achberg im Landkreis Ravensburg, und nun bis zum 9. März 2025 in der Städtischen Galerie in Bietigheim-Bissingen.
Zum Beispiel die Arbeit von Sally Wiest, deren fünfteiliges Panorama von Stuttgart aus dem Jahre 1897 die Besucher empfängt. Ihr Blick vom Balkon zeigt eine noch intakte Stadtlandschaft, es ist ein Blick von Haus zu Haus und nicht von oben herab. Oder die Landschaftsbilder von Emma Joos, geboren 1882 in Weinsberg. Sie war eine Künstlerin, die von der Schönheit der schwäbischen Landschaft angeregt wurde. Ihre Radierungen zeigen Obstbäume und von Wegen durchzogene weite Felder. Ihre ländlichen Szenen waren von einem starken Gefühl für Natürlichkeit und Detail geprägt. Sie malte bevorzugt im Freien, und nahm, welch ein Gegensatz – wie auf „Zwei Kinder mit Blumen“ zu sehen – wechselnde Lichtverhältnisse auf, um dann eine ganz besondere Stimmung auf die Leinwand zu bringen. Ihre Werke verleihen den schwäbischen Landschaften eine eigene und unverwechselbare Note.
Anna Huber, eine Zeitgenossin von Joos, wurde 1867 in Stuttgart geboren. Sie war vor allem für ihre Porträts und Stillleben bekannt. Huber bringt in ihren Gemälden eine ruhige, fast meditative Stimmung zum Ausdruck. Sie kombinierte impressionistische Techniken mit einer Präzision, die ihre Bilder besonders eindrucksvoll machten. Ihre strengen Porträts, auch dies ein Gegensatz, fangen die Persönlichkeit ihrer Modelle dagegen auf tiefgründige Weise ein.
Typische Arbeiten des schwäbischen Impressionismus
Helene Wagner, die den Betrachter auf einem Selbstporträt streng anschaut, ist mit eindrucksvollen Porträts vertreten. Sie nutzte eine pastellartige Farbpalette, die ihren Bildern eine sanfte, fast traumhafte Qualität verleiht. Besonders auffällig war ihr Gespür für Licht und Schatten, das ihre Gemälde mit einer besonderen Lebendigkeit erfüllte. Sie zeigte, dass auch das Alltägliche und das Unspektakuläre eine große Schönheit in sich tragen kann. Nicht fehlen darf in dieser Schau Maria Caspar-Filser, die bekannteste unter den schwäbischen Impressionistinnen, so Schenk-Weininger. Ihr „Blick auf Balingen“ von 1903, ihr „Obstgarten in der Blüte“ von 1908 und vor allem das großformatige „Frühlingsbild auf der Schwäbischen Alb“ von 1921 sind ganz typische Arbeiten, die den Impressionismus im Schwäbischen zeigen.
Das Werk aller Künstlerinnen zeichnet sich durch eine enge Verbundenheit zur Heimat, zur Natur und den Menschen aus. Um die Fülle der Ausstellung zu bündeln ist ein Katalog mit 175 Seiten erschienen. Er kostet 24 Euro.