Starkregen und die Auswirkungen am Neckar bei Ingersheim Starkregen in Schach halten

Von Jörg Palitzsch
Die Neptunfigur bei der Sportanlage im Fischerwörth erinnert an die Hochwasser in den Jahren 1978 und 1990, bei denen das Ingersheimer Tal überschwemmt wurde. Foto: /Oliver Bürkle

Die Neckargemeinde steigt in den Prozess des Starkregenrisikomanagements ein.

Am 24. Mai 1978 trat der Neckar zum ersten Mal seit Eröffnung des Schifffahrtskanals 1954 über die Ufer und überschwemmte das gesamte Ingersheimer Tal mit einer etwa 80 Zentimeter hohen Flutwelle. Bei dem „Jahrhunderthochwasser“ waren erhebliche Schäden zu beklagen. 1990 trat der Neckar dann erneut über die Ufer. Ein Hochwassermeldesystem ermöglichte es der Feuerwehr damals, sich rechtzeitig auf die Überflutung der Talaue vorzubereiten und Schutzvorkehrungen für die Sportanlagen, die Gewerbebetriebe in der Talstraße, die Kläranlage und die Neckarmühle zu treffen. Auch die von den Betrieben vorgenommenen baulichen Änderungen trugen dazu bei, dass größere Schäden verhindert werden konnten.

An beide Ereignisse erinnert eine Neptunfigur im Fischerwörth, wo Marken der damaligen Wasserstände angebracht sind. Das Neckartal unterhalb von Ingersheim ist Überschwemmungsgebiet und dient als Rückhalt bei Hochwasser.

Überflutung simulieren

Unwetter, Starkregen und Hochwasserlagen nehmen angesichts des Klimawandels zu, für Bürgermeisterin Simone Lehnert ist es eine der wichtigsten kommunalen Aufgaben für die Zukunft, Vorbereitungen für solche Ereignisse zu treffen. In der jüngsten Sitzung verwies sie auf das heftige Unwetter in Mundelsheim im Mai, wo aus einer sogenannten Superzelle bis zu 70 Liter auf einen Quadratmeter gefallen waren. Die Wasser- und Schlammmassen richteten erhebliche Schäden an, Geröll aus den Weinbergen wurde auf die Straße geschwemmt.

So waren in der jüngsten Gemeinderatsitzung in Ingersheim Georg Ruf und Valentin Grob von den Stadtwerken Bietigheim-Bissingen eingeladen, um dem Gremium die Vorteile eines Starkregenrisikomanagement zu erläutern. Ziel ist es unter anderem, mit Überflutungssimulationen eine Gefahrenanalyse zu erstellen, die Auskunft über die Überflutungstiefe, Fließgeschwindigkeit und Fließrichtung gibt. In einer weiteren Analyse sollen kritische Objekte wie Seniorenheime und Kindergärten in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr benannt werden, die bei Starkregen möglich Schaden nehmen könnten. Alles mündet anhand einer Risikokarte in Informationen für die Einwohner, in ein Krisenmanagement, die kommunale Flächenvorsorge, etwa durch Versickerungs- und Überflutungsflächen wie im Wiesental, und schließlich in ein Konzept für bauliche Maßnahmen, die Oberflächenwasser zurückhalten und ableiten.

Seitz: Es wird Panik gemacht

Während man sich im Gremium mit großer Mehrheit einig war, in das Strakregenrisikomanagement einzusteigen, sah Karl Seitz (FWG) wenig Sinn darin. Man wisse doch, wo das Wasser herkomme, nach dem Unwetter in Mundelsheim werde jetzt viel Panik gemacht. Sein Vorschlag: Mehr Abflüsse einbauen, Gräben und Kanäle sauber halten sowie das Wasser in die Flächen ableiten. Man brauche kein Unternehmen, welches sich im Ort nicht auskennt.

Georg Ruf stimmte Seitz teilweise zu, aber bei Starkregen könnten Dimensionen entstehen, die kaum vorstellbar seien. Und eine exakte Vorhersage bekomme man nur über das Risikomanagement. „Die Gemeinde ist in der Verantwortung“, so Ruf. Angesprochen auf eventuelle Neubauten und die Kosten dafür, sagte er, dies komme einem Blick in die Glaskugel gleich.

Das aufzustellende Starkregenrisikomanagement selbst werde die Gemeinde bei einer Landesförderung von 70 Prozent rund 10 000 bis 12 000 Euro kosten. Vor der Abstimmung warb Bürgermeisterin Lehnert nochmals für das Projekt, wenn das Konzept vorliege, werde man entscheiden, was möglich ist. Von den Argumenten ließ sich auch Seitz überzeugen, die Entscheidung fiel einstimmig.

In einem nächsten Schritt sollen nun Angebote für das Risikomanagement eingeholt werden, dann soll der Förderantrag beim Regierungspräsidium gestellt werden. Die nächsten Schritte wären nach einer Förderungszusage zum Jahresende eine Vergabe im Gemeinderat, die Vorstellung der Ergebnisse im Dezember 2023 und der Abschluss im Januar 2024.

Private Schutzmaßnahmen

In der Sitzung
gab Valentin Grob von den Stadtwerken in Bietigheim-Bissingen in Bezug auf Starkregen einige Tipps für private Schutzmaßnahmen. So könne man etwa Kellerabgänge überdachen und vor dem Treppenabgang einen erhöhten Bordstein einziehen. Auch eine Erhöhung von Lichtschächten sei möglich, um zu verhindern, dass Wasser in Kellerräume und Tiefgaragen laufe. Bei abschüssigen Garageneinfahrten können Schiebetore das Wasser abhalten.

 
 
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