Steelers betreiben viel Aufwand für die Übertragungen auf Sprade TV Geisterspiele als Live-Erlebnis

Von Andreas Eberle
Pressesprecher Patrick Jonza ist einer von vier Kommentatoren, die bei den DEL2-Heimspielen der Bietigheim Steelers im Einsatz sind.⇥⇥ Foto: Andreas Eberle

Die Bietigheim Steelers und ihre Rivalen übertragen in Eigenregie die DEL2-Duelle auf Sprade TV. Die ehrenamtlichen Macher sind mit viel Herzblut dabei.

An einem Freitag, dem 13., begann im Ellental die Zeit der Liveübertragungen. Beim Pionier Sprade TV wurde am 13. Februar 2015 das Zweitliga-Spiel zwischen den Bietigheim Steelers und den Dresdner Eislöwen im Internet gezeigt – damals noch mit nur einer Kamera und einer einfach gestrickten Übertragung, wie sich Patrick Jonza erinnert. Er hatte an jenem denkwürdigen Abend den 5:4-Sieg des SCB nach Verlängerung gemeinsam mit Sebastian Marjan kommentiert. Beide sind noch heute dabei. Längst sind die Livestreams den Kinderschuhen entwachsen – und die Produktionen wesentlich professioneller als noch in der Anfangszeit, sowohl was die Technik als auch die Moderation anbelangt.

Im Zuge der Corona-Pandemie und der Geisterspiele erlebt Sprade TV nun einen Boom. Schließlich bietet nur die Internet-Plattform den Fans Woche für Woche die Möglichkeit, die DEL2-Begegnungen live zu verfolgen. Kein Wunder also, dass zurzeit online so viel Eishockey geguckt wird wie noch nie.

Der BZ gab Geschäftsführer Volker Schoch einen Einblick in die aktuellen Zahlen. In den bisherigen zwölf Heimspielen der laufenden Hauptrunde kamen die Steelers demnach auf durchschnittlich 896 Buchungen. Erst dreimal knackte der Verein die Tausender-Marke, die eigentlich die Zielgröße ist. Spitzenwerte waren die 1368 „Zuschauer“ – wobei zu bedenken ist, dass viele Anhänger nicht nur allein vor dem Bildschirm sitzen – am 15. Januar im Topspiel gegen Kassel, gefolgt von 1163 Teilnehmern bei der Heimpremiere im November 2020 gegen Kaufbeuren. Auf das geringste Interesse stieß bis dato das jüngste Kräftemessen mit Bayreuth, zu dem sich lediglich 731 einloggten. „Der Zuspruch könnte größer sein. Wir hoffen, dass wir bei den Buchungszahlen noch zulegen, wenn es richtig um etwas geht – spätestens in den Playoffs“, sagt Schoch, der aber auch weiß: „9,90 Euro sind für ein Spiel schon eine Stange Geld.“

Für die Spielzeit 2020/21 kalkulieren die Steelers mit Einnahmen von Minimum 50 000 Euro aus dem Sprade-TV-Geschäft. Von den 9,90 Euro, die die Fans seit dieser Saison für eine Buchung entrichten müssen, bleiben für den gastgebenden Klub netto allerdings nur etwa 60 Prozent übrig, wie Schoch feststellt. Denn vom Ursprungspreis gehen noch die Mehrwertsteuer sowie die Gebühren an den Betreiber und den Zahlungsabwickler weg.

Vier Kameras sind im Einsatz

Produziert wird in Eigenregie. Bei den Bietigheimer Heimspielen sorgen vier Kameras dafür, dass der Zuschauer nichts verpasst. Die Führungskamera zeigt das Geschehen auf dem Eis drittelweise aus der Totalen, die Zoom-Kamera hat vor allem den Puck im Visier, und zusätzlich greift die Regie das Signal der beiden von der Liga installierten Übertorkameras ab. Jene sind bei DEL2-Partien ohnehin Pflicht, um den Schiedsrichtern zu helfen und strittige Entscheidungen via Videobeweis zu klären.

Zum Equipment zählt auch ein PC, auf dem die Streaming-Software Vmix läuft. „Was das Spielgeschehen betrifft, sind wir in der EgeTrans-Arena ganz gut unterwegs. Es gibt Klubs, die fürs Livebild nur eine Kamera im Einsatz haben“, sagt Axel Becker. 2016 fing der 47-jährige Bietigheimer auf freiwilliger Basis als Kameramann an. Inzwischen ist er – ebenfalls ehrenamtlich – als Koordinator für die Technik und das gesamte Team, also Regie, Kameraleute, Reporter, verantwortlich. Außerdem fungiert er als Bindeglied zum Betreiber. „Das Thema hat mich sofort interessiert, und dann habe ich mich in das Programm eingearbeitet“, sagt Becker, der im Hauptberuf als Softwareentwickler arbeitet.

Zum Service rund ums Spiel gehören auch Wiederholungen, Interviews mit den Profis direkt vom Eis in den Pausen, ein Zusammenschnitt der Höhepunkte, die Einblendung von Aufstellung, Strafzeiten, Statistiken und Ergebnissen aus den anderen Arenen sowie die Übertragung der Pressekonferenz. Und da die Trainer gewöhnlich die Duelle im Nachgang noch mal gründlich analysieren wollen, bekommen auch sie vom Sprade-TV-Team immer einen USB-Stick mit der Aufzeichnung ausgehändigt.

Pressesprecher Jonza ist neben Aaron Glock, Bernd Mast und Sebastian Marjan einer der vier Steelers-Kommentatoren. „Ich spreche generell sehr gerne über Eishockey und Sport und will auch selbst immer mehr darüber wissen – vor allem auch über Taktik und Aufstellung. Schon als Kind wollte ich Fußball-Reporter werden“, sagt der 39-Jährige, der nach eigener Schätzung schon rund 100 Spiele für Sprade TV kommentiert hat. Besonders viel Spaß mache ihm eine Übertragung zu zweit – so wie die am vergangenen Freitag gegen Bayreuth, als der verletzte Stürmer Alexander Preibisch neben ihm als Co-Kommentator mitmischte.

Bei der Vorbereitung auf die Begegnungen kommt Jonza zugute, dass er auch die Vorberichte der Steelers über den jeweiligen Gegner für die Homepage und Facebook-Seite des Vereins schreibt. So genügt ihm dann die Stunde vor dem Spiel, um die letzten Fakten zu recherchieren – etwa welche Profis kurzfristig ausfallen und warum. Gegenüber Fußball sieht Jonza im Job als Eishockey-Reporter die größere Herausforderung: „Beim Eishockey hat man viel mehr zu erzählen, weil einfach viel mehr passiert. Die Sportart ist viel dynamischer und schneller, und auch die Spieler auf dem Eis wechseln ständig. Dass man da vielleicht mal nicht ganz auf der Höhe des Geschehens ist, ist menschlich.“

Virtuelle Tickets fürs Derby gegen Heilbronn

Für das Prestigeduell gegen die Heilbronner Falken am nächsten Dienstag, 2. Februar (20 Uhr), haben sich die Bietigheim Steelers etwas Besonderes einfallen lassen. Der Klub verkauft virtuelle Derby-Tickets. Diese sind im Ticketshop ab zehn Euro zu erwerben. „So könnt ihr die Steelers neben der Buchung bei Sprade TV doppelt unterstützen“, heißt es in einem an die Fans gerichteten Beitrag, den der Verein am Montag auf seiner Internet-Homepage und Facebook-Seite veröffentlicht hat. Dazu stellten die Steelers ein eigens produziertes Video, in dem sich Kapitän Nikolai Goc ein solches virtuelles Ticket sichert. Einlass zum Geister- Heimspiel bekommt man als Ticketinhaber aber nicht, wie auch in einem Hinweis unter einem Kartenmuster explizit vermerkt ist. ⇥ae

www.steelers.de

 
 
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