Bietigheim Steelers: Rekordspieler René Schoofs im Interview „Ich würde nichts anders machen“

Von Andreas Eberle
René Schoofs läuft seit fast zwei Jahrzehnten für das Bietigheimer Profiteam auf – stets mit der Nummer fünf. Eine Ausnahme war sein Jubiläumsspiel. Da trug er die 1000 auf dem Trikot. Foto: Ralf Poller/Avanti

Er ist DIE Legende im Bietigheimer Eishockey: René Schoofs hat für die Steelers mehr als 1000 Profispiele bestritten. Im Interview verrät der 36-jährige Rekordspieler, warum ein Vereinswechsel für ihn nie in Frage kam und wie sein persönliches Dreamteam aussieht.

Mister Bietigheim, Urgestein, Dauerbrenner, Anführer, Identifikationsfigur: René Schoofs, der Rekordspieler der Zweiten Liga/DEL2, ist bei den Bietigheim Steelers schon jetzt eine Legende. In seinem Jubiläumsspiel lief der 36-jährige Allrounder neulich dank einer Sondererlaubnis sogar mit der Nummer 1000 auf – eine Würdigung für die 1000 Profi-Einsätze im Trikot seines Herzensklubs. Im Interview blickt Schoofs auf seine denkwürdige Karriere zurück und ein Stück weit auch voraus.

Mehr als 1000 Profispiele für ein und denselben Verein sind einzigartig im Profisport. Wie schafft man das?

René Schoofs: Ich bin mega stolz auf diese Leistung. Natürlich muss man immer hart an sich arbeiten und darf auch im hohen Alter nicht damit aufhören. Dass ich nun die 1000 Spiele geknackt habe, ging schneller als gedacht.

War Ihr Jubiläumsspiel vor zwei Wochen gegen Freiburg auch ohne Fans für Sie ein Erlebnis?

Absolut. Verein und Team haben daraus etwas Cooles gemacht, allein wenn ich an die Geschenke denke: den Wochenendtrip mit der Familie und einen goldenen Schläger vom Klub, eine goldene Plakette mit der Gravur „1000 Spiele für die Steelers“ von den Mitspielern. Die Grußbotschaften der früheren Teamkollegen haben mich berührt, auch meine Frau hat extra ein Video mit Glückwünschen von der Familie, Verwandten und Freunden gemacht. Aber verglichen mit der Ehrung im März 2016 für 700 Spiele war es schon anders. Damals waren allein 40 Leute aus meinem Umfeld in der Halle, und das Stadion war relativ voll. Es wäre noch schöner gewesen, wenn unsere Fans auch diesmal dabei gewesen wären. Ihr Banner für mich in der Kurve fand ich toll.

Welche Erinnerungen haben Sie noch an Ihr Zweitliga-Debüt 2001?

Ganz ehrlich: So richtig kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Ich war als junger Spieler plötzlich bei den Profis, zu denen ich immer aufgeschaut habe. Natürlich saß ich da hauptsächlich auf der Bank, aber es war aufregend, die Atmosphäre zu erleben.

Können Sie sich noch an das erste Tor Ihrer Laufbahn entsinnen?

Das vergisst man nie. Das war in der Saison 2004/05 gegen Crimmitschau – ausgerechnet gegen meinen späteren Mitspieler „Silo“ (gemeint ist Sinisa Martinovic, Anmerkung der Redaktion). Ich habe einen Schuss von der blauen Linie abgefälscht. Wo der damalige Puck geblieben ist, weiß ich aber leider nicht.

Wenn Sie sich auf einen Moment festlegen müssten: Welcher war der schönste in den vielen Jahren bei den Steelers?

Dann würde ich die allererste Meisterschaft 2009 nennen, die wir in München geholt haben. Wir hatten eine Wahnsinns-Saison. Ich habe relativ viel spielen dürfen, auch in den Playoffs und so meinen Teil zum Titelgewinn beitragen können. Aber auch die drei Meisterschaften danach und die beiden Pokalsiege waren der Hammer. Diese Erfolge will ich eigentlich nicht hintanstellen.

Und wie sieht es mit der Kehrseite des Erfolgs aus: Was war die größte Enttäuschung Ihrer Karriere?

Das war 2005/06, und ich war noch ein junger Bursche. Da haben wir im Playoff-Viertelfinale gegen Schwenningen schon mit 3:0 geführt und die Serie noch mit 3:4 verloren. Schon in der Saison hätten wir viel erreichen können.

Was würden Sie anders machen, wenn Sie die Uhr zurückdrehen könnten?

Gar nichts. Ich bin sehr zufrieden, wie alles gelaufen ist, und super happy darüber, dass ich immer bei den Steelers spielen durfte.

Wen würden Sie für Ihr persönliches Steelers-Dreamteam der vergangenen zwei Jahrzehnte nominieren?

Als Torwart nehme ich dann „Silo“, Dirk Wrobel und Dominic Auger für die Verteidigung und Justin Kelly, Craig Teeple und Matt McKnight im Sturm – und als Trainer Kevin Gaudet, mit dem ich drei Meisterschaften geholt und die erfolgreichste Zeit meiner Karriere erlebt habe.

Zu welchen (ehemaligen) Mannschaftskollegen haben Sie bis heute ein besonderes Verhältnis?

Ich bin froh, dass „Justi“ (Robin Just) jetzt wieder zum Team zählt – mit ihm verstehe ich mich sehr gut. Mit Henry Martens habe ich leider nur ein Jahr spielen dürfen, aber unsere Familien sind dick befreundet. Wir treffen uns jeden Sommer ein- bis zweimal und haben auch schon bei ihm in der Nähe von Düsseldorf übernachtet. Ein weiterer guter Freund ist Alexej Dmitriev. Ein enges Verhältnis habe ich außerdem mit „Marci“ (Marcel) Neumann. Mit ihm war ich schon vor meiner Profizeit befreundet. Mit vielen anderen hat man immer mal wieder Kontakt. So hatte ich anlässlich meines Jubiläums ein Videogespräch mit unserem früheren Kanadier Doug Andress. Mit den ausländischen Profis ist es aber natürlich noch etwas schwerer, in Verbindung zu bleiben.

Sie haben zig Spieler kommen und gehen sehen. Bedauern Sie die Schnelllebigkeit im Profigeschäft?

Einerseits ja, gerade wenn Spieler den Verein verlassen, mit denen man sich besonders gut verstanden hat. Andererseits ist ein Wechsel in vielen Fällen auch verständlich, etwa als Dmitriev in die DEL gegangen ist. Ich weiß gar nicht, mit wie vielen Profis ich in all den Jahren zusammengespielt habe. Da waren coole Charaktere dabei. Auch wenn man nicht mit jedem eine große Freundschaft anfangen kann, habe ich es immer genossen, die einzelnen Spieler kennenzulernen, mit ihnen zu sprechen, zu trainieren und zu spielen. Wechsel gehören zu unserem Business, seit einigen Jahren haben wir bei den Steelers aber einen festen Stamm, der zusammengeblieben ist.

Haben Sie selbst nie an einen Vereinswechsel gedacht?

Nur lose, vielleicht mal mit dem Gedanken gespielt. In Bietigheim hat es mir immer sehr gut gefallen. In der unmittelbaren Umgebung habe ich Familie und Freunde. Und sportlich bin ich immer gefördert worden und habe stets genug Eiszeit erhalten. Mit den Trainern bin ich immer gut zurechtgekommen, und die Steelers wollten mich auch immer behalten. Da alles gepasst hat, gab es nie einen Grund, wegzugehen.

Was schätzen Sie am Standort Bietigheim?

Die ganze Infrastruktur mit Arena, Kraftraum und einem super Team ums Team herum. Hinzu kommen unsere Fans, die mir in all den Jahren ans Herz gewachsen sind und die ich gerade auch sehr vermisse. Und abseits des Sports lebt meine Familie hier. Meine beiden Kinder sind auch in Bietigheim geboren.

Ihre Laufbahn werden Sie also bei den Steelers beenden?

Das wäre der Plan.

Wie lange wollen Sie denn noch weitermachen?

Keine Ahnung. Ich sage jetzt nicht, dass ich noch bis 40 spielen will. Aber mir macht Eishockey im Moment noch immer unheimlich Spaß. Ich würde mich darum freuen, auch nächste Saison noch für die Steelers spielen zu dürfen.

Was würden Sie vorziehen: mit Bietigheim in der DEL aufzulaufen oder die Schnapszahl von 1111 Profi-Einsätzen zu erreichen?

Vielleicht kann man ja beides kombinieren? (lacht). Die DEL und Derbys gegen Schwenningen oder Mannheim wären für unseren Standort mega. Mit den Steelers in der Ersten Liga anzutreten, wäre die Krönung meiner Karriere. Ich glaube, das etwas schnellere Eishockey würde mir auch liegen – obwohl ich mittlerweile selbst nicht mehr der Schnellste bin.

Haben Sie schon einen Plan für die Zeit nach Ihrer aktiven Zeit?

Ich habe neben dem Eishockey Fahrzeugtechnik studiert und mache in diesem Bereich etwas nebenher, um im Beruf drinzubleiben. Das ist mein Plan B.

Viele Spieler bleiben dem Eishockey auch nach der Karriere erhalten. Ist das auch für Sie eine Option?

Coach einer Profimannschaft zu sein, kann ich mir weniger vorstellen, eher dann als Jugendtrainer. Das ist bei mir im Hinterkopf. Aber damit habe ich mich noch nicht konkret beschäftigt.

Eine einzigartige Eishockey-Karriere in Zahlen

2001 feierte René Schoofs sein Profidebüt: Am 14. Dezember lief er im Zweitliga-Heimspiel gegen Bad Nauheim (6:7 nach Penaltyschießen) erstmals für den SC Bietigheim-Bissingen auf. Damals war der gebürtige Esslinger 16 Jahre alt. Die aktuelle Saison ist seine 20. Spielzeit in der ersten Mannschaft.

1008 Liga-Duelle hat Schoofs bisher im Profiteam des SCB und der Steelers bestritten. Damit ist der 36-Jährige der Rekordspieler in der zweithöchsten Spielklasse.

400 Scorerpunkte hat der gelernte Stürmer, der auch Verteidiger spielen kann, bisher gesammelt. Er erzielte 140 Tore und bereitete 260 weitere Treffer vor. In der laufenden Hauptrunde hat er bisher neun Zähler verbucht – zwei Tore sowie sieben Assists. 469 Strafminuten stehen in seiner Statistik. 2020/21 sind es bisher 45 gewesen – die meisten in der Mannschaft.

5 ist seit der Jugendzeit die Nummer von Schoofs. „Die hatte ich von Anfang an und wollte ich auch nie loswerden“, sagt der Routinier.

 
 
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