Stelzig 23 in Besigheim Diese Präsentation hätte den Stelzigs gefallen

Von Gabriele Szczegulski
Kuratorin Inken Gaukel mit einem der zentralen Arbeiten des Künstlerehepaars Stelzig, einem Wandteppich, der im großen Saal der Alten Kelter gezeigt wird. Die Alte Kelter selbst, die durch Paletten zum Ausstellungsraum wurde, ist ein Stelzig-Kunstwerk. Foto: /Martin Kalb

Am 100. Geburtstag von Annelies Stelzig, Frau des Künstlers Fred Stelzig, wird in der Alten Kelter in Besigheim eine Retrospektive eröffnet.

Nach zweieinhalb Jahren Arbeit und Recherche wird endlich in der Stadthalle Alte Kelter die langerwartete Retrospektive „Stelzig 23“ eröffnet, mit der Besigheim sein Künstlerehepaar Stelzig ehrt. Kunst am Bau, der Zusatztitel zur Ausstellung „Stelzig 23“, ist in Besigheim nirgends so geballt sichtbar wie in der Stadthalle Alte Kelter. Annelies und Fred Stelzigs Schaffen ist untrennbar mit Besigheim verbunden. Die Stadt selbst ist eine einzige Stelzig-Ausstellung.

1988/1989 schufen sich die beiden in der damals neuen Stadthalle ein Denkmal: Vom Eingang über das Foyer, in beiden Sälen, der Bühne und sogar bis in die Tiefgarage – überall Kunst der Stelzigs. „Stelzig 23“ wird am heutigen 9. Februar, an dem Annelies Stelzig 100 Jahre alt geworden wäre, eröffnet. In der Kelter geht die Ausstellung bis 16. März. An Fred Stelzigs 100. Geburtstag, dem 13. April, werden dann die Werke in der Tiefgarage abgebaut, deren Farbkonzept noch heute so ist, wie Stelzig es konzipierte.

Alte Kelter wurde von den Stelzigs erschaffen

Die denkmalgeschützte Kelter, an sich kein Ausstellungsraum, musste laut der Stuttgarter Kuratorin Inken Gaukel erst mal so „gedacht werden, dass die Werke darin platziert werden können, aber die vorhandene Kunst nicht verdeckt wird“. Unter Federführung von Besigheims Archivarin Sandy Richter, dem Stelzig-Freundeskreis, der Kuratorin und der Grafikerin Katrin Schlüsener sowie vielen hinzugezogenen Helfern kam „die wohl größte, besondere und tollste Ausstellung in Besigheim zustande“, so Bürgermeister Steffen Bühler.

Der große Saal der Kelter wurde mit Paletten ausgestattet, da die Wände nicht beschädigt werden dürfen. Die Paletten wurden von einer Firma gesponsert, die sie auch wieder zurückholt. „Wir haben versucht, die Ausstellung so nachhaltig wie möglich zu gestalten“, sagt Gaukel.

Wie ein Labyrinth wurden die Paletten hochkant aufgestellt und sind so selbst Kunst am Bau. Das Labyrinth lässt kleine Kabinette entstehen, die die Kuratorin thematisch nach den Werkbereichen der Stelzigs strukturiert hat und in denen der Variantenreichtum des Künstlerehepaars gut zur Geltung kommt – darunter fallen im Werk der Stelzigs Keramikarbeiten, Wandteppiche, Holzreliefs oder Metall. Rundum läuft ein Tischband, auf dem die Entwürfe von Fred Stelzig für die Arbeiten in der Kelter selbst zu sehen sind.

In der Mitte des Paletten-Labyrinths hängen die Wandteppiche der Stelzigs, an denen besonders deutlich wird, dass Fred und Annelies Stelzig Hand in Hand arbeiteten. Er machte die Entwürfe und sie knüpfte und webte. Durch seine Frau, gebürtige Besigheimerin, die er als Soldat – sie war Kriegshelferin - in Frankreich kennengelernt hatte, kam Fred Stelzig 1946 nach Besigheim.

Teppichkunst steht im Fokus der Arbeit der Stelzigs

Beeinflusst wurden die beiden in der Teppichkunst von der finnischen Wandteppichkunst Ryijy. Denn Stelzigs lernten beim Winzerfest 1957 durch Vermittlung des damaligen Bürgermeisters Eberhard Frohnmayer den finnischen Holzgroßhändler Tamo Soinne kennen, der die beiden nach Finnland einlud.

Seit 1957 wohnten die Stelzigs im Neckarblick, wo sie sich ein Wohn- und Atelierhaus gebaut hatten. Die Kunst am und im Bau wurde immer wichtiger. Die Stelzigs gestalteten beispielsweise eine Zahnarztpraxis in Heilbronn, deren schmiedeeiserne Tür von Restaurationsstudenten der Kunstakademie Stuttgart gemeinsam mit Bauhofmitarbeitern aufgebaut wurde. Weitere Beispiele sind das Kurzentrum Bad Buchau, die Harmonie Heilbronn oder der Konferenzsaal der SSB in Stuttgart-Möhringen.

In der Tiefgarage unter dem Kelterplatz sind großformatige Beispiele der Kunst im Bau der Stelzigs zu sehen. Auf der Garagenwand hängen sechs Beispiele von großen Keramikarbeiten. Es wurden Architekturfotografen beauftragt, diese zu fotografieren. Als großformatige Fotoreproduktion hängen sie nun in der Tiefgarage, aber sie wurden auch in ihrer tatsächlichen Umgebung fotografiert.

Durch die Einbeziehung vieler Partner und anderer Künstler in die Konzeption der Ausstellung wird diese selbst zu einem Kunstwerk – es ist eine variantenreiche Ausstellungskonzeption gelungen, die den Stelzigs gefallen hätte.

 
 
- Anzeige -