Stilling-Ausstellung in Güglingen Antike Platzhalterfür moderne Kunst

Von  Gabriele Szczegulski
Gunther Stilling im Garten seines Hauses in Güglingen. Alle Werke der Ausstellung kommen aus seinem Haus und seinem Garten. Foto: /Ines Schmiedl

Zum 80. Geburtstag widmet das Römermuseum Güglingen dem Künstler Gunther Stilling die Ausstellung „Antike.reloaded“. Seine Werke stehen überall in der Region, so auch in Bietigheim-Bissingen und Besigheim.

Das Janustor auf der Enzbrücke, der Märtyrer Sankt Laurentius vor der gleichnamigen katholischen Kirche, sowie „Der Bürger schützt seine Stadt“ in den Metteranlagen sind Werke des Künstlers Gunther Stilling in Bietigheim. In Bietigheim-Bissingen hat der 1943 im ehemaligen Jugoslawien geborene Bildhauer seine Kindheit und Jugend verbracht, was ihn noch heute mit der Stadt verbindet. Aber auch an anderen Orten in der Region sind seine Werke zu finden, wie auf der Enzbrücke in Besigheim. Zwei überdimensionale Hände, die richtungsweisend den Eingang zur historischen Altstadt symbolisiert, tragen den Titel „Ingresso“. Dieses Kunstwerk entstand zusammen mit den ebenfalls auf der Brücke befindlichen Füßen im Rahmen des 2014 stattgefundenen Besigheimer Kunstsommers zum Thema „Hand und Fuß“.

Motive aus derantiken Mythologie

Nun lebt der Künstler, der am 2. Mai 80 Jahre alt wurde, in Güglingen. Sein Haus und sein Garten sind voller Kunstwerke oder den Modellen zu Kunstwerken, denn der 80-Jährige kann nicht von der Kunst lassen und schöpft immer weiter neue Werke. Da lag es aus der Sicht des Leiters des Römermuseums Güglingen, Enrico de Gennaro, nahe, eine Geburtstagsausstellung zu konzipieren, vor allem, da der Künstler eine Vorliebe für das Römermuseum hat und da sich seine Werke die Motive immer aus der Mythologie der Antike holen. „Wir sind kein Kunstmuseum und deswegen ging es uns darum, einen Bezug zu der Antike herzustellen, was bei Gunther Stilling natürlich ganz einfach ist“, sagt de Gennaro.

„Antike.reloaded“ heißt die Ausstellung mit 80 Werken aus Stillings Privatbesitz. Janusköpfe, Ophelias, Agamemnon, Melancholie, Ikarus, Medusa, Sphinx heißen die Werke, entliehen aus der römischen und griechischen Mythologie. Stilling geht es in seinem ganzen Lebenswerk immer um den Menschen, der Tod, Vernichtung, Vertreibung, Flucht oder anderes Unglück ertragen muss. Die mythologischen Figuren sind nicht nur Platzhalter für ganz aktuelle Krisen wie die Flüchtlingskrise, der Tod von Geflüchteten auf dem Mittelmeer oder der Ermordung Hunderter von Italienern in den Ardeatinischen Höhlen durch die SS im Jahr 1944.

Nein, die Mythologie steht immer auch für eine zeitlose Gültigkeit und die Verantwortung der jeweiligen Kultur, sie sind Platzhalter für die Moderne. „In der Antike war die Mythologie für die Menschen ein Anker. Die Mythologie bestimmte den Lauf eines Lebens und den Alltag“, sagt de Gennaro. Für den Museumsleiter ist die Ausstellung nicht nur Kunst, die zwischen Antike und Moderne vermittelt, sondern auch ein didaktisches Hilfsmittel, die Antike besser zu verstehen und ihre Bedeutung für die Gegenwart.

In Begleittexten erläutert er deshalb, die von Stilling verwendeten Platzhalter wie Melancholie, Metamorphose, Mare nostrum, oder Janus, der Gott der Tore, aus der Antike. „So kann man viele antiken Mythen besser verstehen“, sagt er, aber auch sehen, warum Stilling sie verwendet hat, um mit den wiederkehrenden Motiven auf Krieg, Terror und Machtmissbrauch hinzuweisen. Die Ausstellung ist in verschiedene Räume, „Welten“, wie Museumsmitarbeiterin Ines Schmiedl sagt, unterteilt. De Gennaro und Schmiedl haben eigenhändig tapeziert, gemalert und Steine geschleppt, um beispielsweise eine lanzarotische Lavalandschaft entstehen zu lassen, in die Stillings Werke eindringen. Metallische Rümpfe ohne Köpfe und Extremitäten bevölkern leblos die menschenleere Landschaft und bilden so eine fast apokalyptische Welt. Stillings antike Figuren haben Ecken und Kanten, einen Nagel im Auge und zerrissene Gesichter und Körper. Stilling steckt die Finger in die Wunden, die den Menschen plagen, in der Antike wie auch heute.

 
 
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